Die schwarze Witwe: Thriller (German Edition)
Feuer im Museum ausbricht, lassen Sie mich und den Vorstand einfach mit verbrennen.«
Andie kicherte und griff nach dem Telefon. Diane verließ das Büro, wobei sie immer noch die zusammengerollte Zeitung in der Hand hielt.
Die Vorstandsmitglieder warteten im Versammlungsraum im zweiten Stock auf sie. Diane beeilte sich nicht gerade, dorthin zu gelangen. Sie musste ihre innere Balance und Konzentration wiederfinden. Auf dem Weg nach oben las sie noch einmal den Zeitungsartikel durch, um ihre Wut und Empörung wieder anzufachen. Es funktionierte. Was hatte sich Madge Stewart nur dabei gedacht, zu dieser Zeitung Kontakt aufzunehmen?
Diane kannte allerdings die Antwort auf diese Frage. Madge machte sich gerne wichtig und tat so, als ob sie in alle Geheimnisse des Museums eingeweiht sei. Außerdem warf sie gerne anderen ihre eigenen Beurteilungsfehler vor. Wie musste sie sich geschmeichelt gefühlt haben, als jene Reporterin sie um ihre Meinung gebeten hatte. Von ihren Vorstandskollegen tat dies nie jemand.
Es war sicher kein reiner Zufall, der die Reporterin zu dem einen Vorstandsmitglied geführt hatte, das am ehesten bereit war, ohne Rücksicht auf Verluste aus dem Nähkästchen zu plaudern. Jemand musste ihr einen Tipp gegeben haben, wer das schwächste Glied in der Kette war. Diane schaute noch einmal nach dem Namen der Verfasserin dieses Artikels – Janet Boville. Sie kannte sie nicht. Sie fragte sich, ob David der Reporterin mit seiner ausgefeilten Befragungstechnik nicht vielleicht doch den Namen der Person entlocken könnte, die an diesem ganzen Schlamassel schuld war. Dazu müsste er aber wahrscheinlich seine ganze Raffinesse aufbieten.
Madge Stewart saß im Museumsvorstand, weil ihre Eltern mit der Familie Van Ross befreundet waren und dem Museum eine beträchtliche Summe gespendet hatten. Madge hatte Kunst studiert und danach als Buchillustratorin für einen Verlag in Atlanta gearbeitet. Zusammen mit dem Geld aus dem Stiftungsfonds ihrer Eltern entledigte sie das aller materiellen Sorgen. Aber Madge war jetzt Mitte fünfzig, und Diane spürte, dass sie das Gefühl hatte, das Leben laufe an ihr vorbei.
Diane zögerte nicht eine Sekunde, die Tür zu öffnen, als sie den Versammlungsraum erreichte. Drinnen warteten alle bereits auf sie: Vanessa; die Psychiaterin Laura Hillard, eine von Dianes besten Freundinnen; Harvey Phelps, ein pensionierter CEO; Madge Stewart; Kenneth Meyerson, der Chef einer Computerfirma; und die neuesten Mitglieder: Martin Thormond, Professor für amerikanische Geschichte an der Bartram-Universität; Thomas Barclay, ein Bankpräsident; und Anne Pascal, die kürzlich zur Lehrerin des Jahres des Staates Georgia gewählt worden war.
Schon an der Tischordnung sah man, dass sie in zwei Gruppen gespalten waren. Auf der einen Seite saßen die Mitglieder alter Rosewood-Familien, auf der anderen Leute, die erst kürzlich zugezogen waren, wobei kürzlich bedeutete, dass ihre Großeltern nicht aus Rosewood stammten. Es war seltsam, wie solche sozialen Abgrenzungen ganz unbewusst auch in einem solchen Raum beibehalten wurden.
Alle schauten auf, als Diane eintrat. Laura lächelte sie ganz leicht an. Vanessa lächelte nicht, aber das tat sie auf Vorstandssitzungen nur selten. Ihre Gesichter spiegelten den Ernst der Lage wider. Viele runzelten die Stirn, als sie Diane erblickten. Sie sah wohl so angefressen aus, wie sie sich fühlte.
Thomas Barclay schaute sie mit seinen dunklen ernsten Augen über seine Brille hinweg an, die er ganz vorne auf die Nase geschoben hatte. Seine buschigen Augenbrauen trafen sich in der Mitte, als er sein Gesicht in Falten legte. Sie fragte sich, wie viele Kredite er bereits mit diesem gewichtigen Gesichtsausdruck abgelehnt hatte. Laura hatte ihr erzählt, wie schockiert er war, als er entdeckte, wie viel Macht Diane und wie wenig Einfluss der Vorstand besaß. Er habe sogar schon bei Vanessa angefragt, ob sich das nicht ändern ließe. Wenn diese Führungsstruktur nicht von Milo gestammt hätte, der für Vanessa immer noch ein Heiliger war, hätte sie vielleicht eine solche Änderung sogar in Erwägung gezogen.
Diane musste sich selbst daran erinnern, dass die meisten Leute in diesem Raum ihre Freunde waren. Dabei war sie gar nicht nervös, sie war einfach nur wütend. Wütend auf die Reporterin, auf Madge und auf sie alle, weil sie auf einer Vorstandssitzung bestanden hatten. Sie nahm sich vor, dafür zu sorgen, dass, noch bevor diese Sitzung vorüber war,
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