Die schwarze Witwe: Thriller (German Edition)
dieser Was-haben-Sie-zu-all-dem-zu-sagen-Ausdruck aus Barclays Gesicht verschwunden war.
Diane ging zu ihrem Platz an der Spitze des langen, polierten Mahagonitisches, rollte ihre Zeitung auf, glättete sie auf der glänzenden Tischplatte und setzte sich. Sie schaute zuerst Madge an, dann die anderen.
»Dieser Artikel hat dem Museum ein großes Problem bereitet«, sagte sie in ruhigem Ton.
»Für mich sieht es so aus, als ob Miss Williams uns dieses Problem bereitet hat«, unterbrach sie Barclay. »Wurde sie inzwischen suspendiert?«
Diane schaute zu ihm hinüber. »Mr. Barclay, wollen Sie wirklich zu Lösungen greifen, bevor Sie überhaupt wissen, was das Problem ist?«
Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Rest des Vorstands zu. Sie sahen alle verblüfft aus. Waren sie überrascht, dass sie hier nicht demütig mit dem Hut in der Hand aufgetaucht war? Alle runzelten die Stirn, nur Kenneth Meyerson zwinkerte ihr zu. Bring mich nicht zum Lachen, dachte sie.
»Der Ruf unseres Museums ist ernsthaft bedroht«, fuhr Barclay fort.
Er sagt das, um Vanessa zu sich herüberzuziehen, dachte Diane. Er wusste, welche Aussagen zu ihr durchdringen würden. Aber Diane wusste, dass Vanessa ihr erst einmal genau zuhören würde … und Vanessa war keine Närrin. Sie kam aus einer Familie, in der man gewöhnlich über hundert wurde, und konnte selbst auf eine über sechzigjährige Erfahrung zurückgreifen.
Diane erwiderte: »Mr. Barclay, der Ruf eines Museums ist immer in Gefahr. Das ist das Schicksal eines Unternehmens, das davon abhängt, Gegenstände in einem Umfeld zu erwerben, in dem es von Plünderern, Schmugglern, Fälschern, Grabräubern und Betrügern nur so wimmelt. Aus diesem Grund haben wir, was unsere Erwerbspolitik angeht, feste Verfahrensregeln und einen Ethik-Code.«
»Nun, es sieht ganz so aus, als ob Regelwerk und Ethik-Code nicht so recht funktionieren.« Er schlug mit dem Mittelfinger rhythmisch auf den Tisch und griff dann nach der vor ihr liegenden Zeitung.
»Woher wissen Sie das?«, fragte Diane.
»Was?«, sagte er. Diese Frage schien ihn sichtlich zu überraschen.
»Woher wissen Sie, dass unsere Verfahrensregeln nicht funktionieren?«, wiederholte Diane ihre Frage.
»Schauen Sie sich doch die Nachrichten an.« Dieses Mal hämmerte er mit seinem Finger regelrecht auf den Tisch. »Die Zeitungen … das Fernsehen … und jetzt diese verdammte Radio-Talkshow …«
»Sie halten das alles also für bewiesen? Und woher haben diese Zeitungen ihre Informationen erhalten?«, unterbrach sie ihn.
Er zögerte und schaute die neben ihm sitzende Madge und danach die anderen an.
»Wo Rauch ist, gibt es gewöhnlich auch Feuer«, sagte er, wobei er sein Ich-gewähre-dir-keinen-Kredit-Gesicht aufsetzte.
Diane bemerkte, wie Laura zusammenzuckte. Sie wusste, wie sehr Diane solche schlechten Analogien hasste.
»Nein, Mr. Barclay. Oft gibt es da nur jemanden, der Rauchbomben wirft.«
Seine Augenbrauen trennten sich wieder, als er sie für einen Moment anschaute.
Diane wartete eine Antwort gar nicht erst ab. »Wenn Dr. Williams ein Objekt für unser Museum findet, stellt sie dessen Herkunft fest, bevor sie seinen Kauf autorisiert. Wenn nötig, beauftragt sie damit auswärtige Gutachter. Wenn der Gegenstand bei uns eingetroffen ist, wird seine Herkunft noch einmal von unseren eigenen Mitarbeitern überprüft. Wenn Dr. Williams einen Fehler gemacht haben sollte, wird diese zweite Überprüfung ihn finden. Als diese ägyptischen Artefakte zu uns kamen, wurden sie im Konservierungslabor gelagert, wo sie bis heute in verschlossenen Kisten aufbewahrt werden, bis diese Zweitüberprüfung ihrer Herkunft abgeschlossen sein wird. Niemand weiß bisher, ob es ein Problem mit ihnen gibt.« Diane ließ ihren Blick um den ganzen Tisch von einem zum anderen schweifen.
»Und jetzt möchte ich Ihnen erzählen, was dieser Artikel bereits angerichtet hat.« Sie legte ihre Hand flach auf die Zeitung. »Darin steht, dass eines unserer Vorstandsmitglieder, Madge Stewart, zugibt, dass Dr. Williams wissentlich und willentlich aus Raubgrabungen stammende Artefakte gekauft habe, dass also das RiverTrail-Museum gestohlene Altertümer besitze.« Diane schwieg eine kurze Weile, um das Gesagte sacken zu lassen. »Diese Geschichte wurde danach auch von anderen Presseorganen aufgegriffen.«
»Für Dr. Williams hatte das bereits ernste Folgen. Sie bekommt Hasspost, in der man sie als Diebin und Schlimmeres beschimpft. Die
Weitere Kostenlose Bücher