Die schwarze Witwe: Thriller (German Edition)
selbst hier am Telefon spüren, wie glücklich sie war.
»Man hat mir erzählt, dass Sie gerade erst geheiratet haben. Herzlichen Glückwunsch«, sagte Diane, um die Stimmung zu testen. »Wie gefällt Ihnen das Eheleben?« Diane hoffte, dass sie genügend freundlich und zuvorkommend klang.
Während sie sprach, beobachtete sie gleichzeitig die Vorstandsmitglieder. Madge sah aus, als wolle sie jeden Augenblick die Embryonalstellung einnehmen. Laura lächelte immer noch und versuchte offensichtlich, die Unterhaltung in leichtere Bahnen zu lenken – Laura, die Friedensstifterin. Barclay putzte schon wieder seine Brille. Wahrscheinlich überlegte er sich, wie er seinen Alphastatus zurückerlangen könnte.
»Ich liebe es, ich liebe es einfach. Eric, mein Mann, hat eine Tochter, Julie, eine richtige lebende Puppe. Ich wurde also gleichzeitig Ehefrau und Mutter. Ich bin so glücklich. Ich muss mich jeden Tag einmal in den Arm kneifen, damit ich das überhaupt glaube.«
»Haben Sie schon eine Hochzeitsreise gemacht?«, fragte Diane.
Grace erzählte ihr, sie und Eric seien gerade aus Gatlinburg zurückgekommen, da sie Julie nicht so lange allein lassen wollten. »In ein paar Tagen fahren wir gemeinsam in so eine Art Familienurlaub«, sagte sie.
»Wohin soll es denn gehen?«, fragte Diane.
Grace lachte schon wieder. »Es ist kaum zu glauben, aber wir haben uns bisher noch nicht entschieden. Eric möchte eine größere Überlandreise unternehmen und die Nationalparks besichtigen. Er wollte schon immer einmal den Grand Canyon sehen. Aber ich glaube, das wäre etwas zu anstrengend für Julie. Ich würde ihr gerne Disney World zeigen. Wir haben auch schon über eine Kreuzfahrt nachgedacht.«
Grace Noel Tully schien glücklich zu sein, und Diane wollte das nicht ruinieren. Ehrlich gesagt, glaubte sie Clymene auch nur zur Hälfte; andererseits gaben ihr der Grand Canyon und die Idee einer Kreuzfahrt doch zu denken. Sie schaute noch einmal auf ihren Vorstand und fasste dann einen Entschluss.
»Agent Kingsley würde gerne mit Ihnen sprechen, bevor Sie abreisen«, sagte Diane. Kingsley hatte sie ja zu Clymene geschickt, dann konnte er sich auch um die Folgen kümmern. Außerdem war er wahrscheinlich eher als sie in der Lage, einzuschätzen, ob Grace Tully einen Serienmörder geheiratet hatte. Immerhin war das Kingsleys Fachgebiet.
»Ich weiß nicht recht … Eric hätte es gerne, dass ich meinen Job aufgebe und in Zukunft Hausfrau und Mutter bin, und ich muss zugeben, dass mich das reizen würde …«
»Kennen Sie Clymene O’Riley?«, fragte Diane.
»Aber sicher, ja. Sie ist eine der interessanteren Insassinnen. Geht es um sie?«, fragte Grace.
»Ja«, sagte Diane und log dabei nur halb, wie sie sich selbst versicherte. »Kingsley erstellt gerade ein Profil von ihr, und es würde dem FBI sehr helfen, wenn Sie mit ihm sprechen würden. Nur ganz kurz«, fügte sie dann noch hinzu.
»Nun …«
»Ich würde Ihnen und Ihrer Familie auch gerne Freikarten für unser Museum zukommen lassen«, sagte Diane.
»Oh, das wäre nett. Julie wäre begeistert … Nun, Sie könnten mir Ihre Nummer geben, und ich schaue mal, ob ich das einschieben kann«, sagte Grace. »Ich möchte es Eric lieber nicht sagen. Er will mich immer vor den Ansprüchen der Außenwelt beschützen.«
Diane gab Grace ihre Handynummer und sagte ihr, sie könne sie jederzeit anrufen. Eigentlich hätte sie sie gerne aufgefordert, vorsichtig zu sein, aber sie fürchtete, dass sie sich dann bestimmt nicht mit Kingsley treffen würde.
Diane legte den Hörer auf und schaute zu den Vorstandsmitgliedern hinaus, bevor sie sich in Richtung Tür bewegte. Barclay lächelte inzwischen. Selbst Madge saß wieder fast gerade in ihrem Stuhl. Diane ging zurück und nahm wieder am Kopf des Tisches Platz. Vielleicht konnte sie die gute Laune wieder etwas dämpfen, die Laura überall verbreitet hatte. Sie war nicht der Meinung ihrer Freundin, dass ein solches Treffen immer mit einer positiven Note enden müsse. Sie glaubte nicht, dass Madge oder Barclay mit sich zufrieden sein sollten, bevor sie nicht einen Teil des Schadens wiedergutgemacht hatten, den Kendel und das Museum erlitten hatten. Es ärgerte sie, dass es ihr anscheinend nicht gelungen war, ihnen klarzumachen, was das alles für Kendel bedeutete. Außerdem hatte sie, wenn sie ehrlich war, immer noch Angst um Grace Tully.
»Ich habe eine Frage«, kam es von Laura, bevor Diane etwas sagen konnte. »Warum trägt jeder
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