Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit
ließ das unbehagliche Schweigen andauern und machte keinerlei Anstalten, ihm zu Hilfe zu kommen. Hure war sie nur, weil das der einfachste Weg war, Männern nahe zu kommen, etwas über ihre Gewohnheiten zu erfahren und sie zu töten. Da Philips Name nur in einem ihrer beiden Bücher stand und wahrscheinlich niemals in dem anderen auftauchen würde, konnte es ihr gleichgültig sein, ob er je wiederkam.
Bei Sadi war es etwas anderes. Sie musste einen Weg finden, ihn zu treffen, ohne Verdacht zu erregen. Darüber würde sie sich jedoch erst den Kopf zerbrechen, wenn sie etwas geschlafen hatte.
»Du hast gar nichts zu essen gehabt«, meinte Philip leise. Surreal ließ ihn einige Herzschläge lang zappeln, bevor sie sein Friedensangebot annahm. »Stimmt, dabei habe ich Heißhunger.« Sie bestellte zwei erstklassige Steaks mit sämtlichen Beilagen sowie eine weitere Flasche Wein in der Küche. Die gesalzene Rechnung, die Deje Philip präsentieren würde, mochte ihn zwar aus der Fassung bringen, ihm aber letzten Endes dabei helfen, mit seinen Schuldgefühlen wegen seines brutalen Verhaltens umzugehen.
»Wegen Sadi würde ich mir keine Sorgen machen«, sagte Surreal, während sie aufstand und sich einen Morgenmantel um den schmalen Körper schlang. »Obwohl ...« –
wie schön, auf der Stelle Angst in seinen Augen aufflackern zu sehen – »ein Liebhaber, der auf Sadis Verschwiegenheit angewiesen ist, besser begreifen sollte, dass er erwiesene Gefälligkeiten genauso wenig vergisst wie Kränkungen.«
Sie lächelte, als der Obelisk auf dem Tisch erklang und die beiden Gerichte erschienen. Daran soll er ruhig ein wenig knabbern , dachte sie, als sie in ihr Steak schnitt.
5Terreille
D aemon glitt in das Frühstückszimmer, hielt jedoch jäh inne, als er Leland und Philip sah, die tief in ein Gespräch versunken waren. Philip, der mit dem Rücken zur Tür saß, ließ beim Sprechen seine Hand zärtlich Lelands Arm auf und ab streichen. Während Leland seinen Worten lauschte, tanzte in ihren Augen ein Feuer, das nur Frauen besaßen, die verliebt waren.
Sie trug ein Reitkostüm und hatte die Haare nach hinten gebunden, was ihr Gesicht freigab und ihr sehr gut stand. Ja, unter den Rüschen und dem Flitter, den sie den Damen der Gesellschaft zuliebe trug, schlug das Herz einer Hexe.
Als Leland über etwas lächelte, das Philip gesagt hatte, glitt ihr Blick über seine Schulter und fiel auf Daemon. Auf der Stelle wurden ihre Augen kalt. Sie trat von Philip weg, ging zum Buffet hinüber und bediente sich.
Auch Philips Augen wurden hart, als er Daemon bemerkte, doch er rang sich ein Lächeln sowie einen höflichen Gruß ab.
So, so, dachte Daemon, der sich nun ebenfalls Häppchen auf den Teller legte. Etwas lag in der Luft. Eigentlich sollte er an diesem Morgen mit Leland ausreiten, doch Philip trug ebenfalls Reitsachen.
Das Frühstück war beendet und Leland hatte sich bereits auf den Weg zu den Stallungen gemacht, als Philip sich
endlich direkt an Daemon wandte. Er klang wie ein zuvorkommender Gastgeber, der es mit einem nicht allzu willkommenen Gast zu tun hatte. »Es besteht kein Grund, dass du ausreitest, außer natürlich, du möchtest es. Da ich ohnehin vorhatte, diesen Vormittag zu reiten, benötigt Lady Benedict keinen weiteren Begleiter.«
Und erst recht keinen Anstandswauwau, schoss es Daemon durch den Kopf, während er an seinem Kaffee nippte. Über Nacht war Philips schroffe, eifersüchtige Art wie weggewischt und er versuchte sogar, höflich zu sein. Warum? Nicht, dass es ihm etwas ausmachte, denn er wusste genau, was er mit einem freien Vormittag anfangen würde – und sobald Leland und Philip außer Haus waren, würde der Vormittag tatsächlich frei sein. Alexandra besuchte eine Freundin und würde erst nach dem Mittagessen zurückkehren, und Robert, den seine alles beherrschenden »Geschäfte« in Anspruch nahmen, verbrachte so wenig Zeit wie möglich auf dem Anwesen.
Seitdem jene köstliche dunkle Signatur wieder die Mauern des Angelline-Anwesens durchdrang, schien es ihm in der Tat zunehmend unliebsam zu sein, dort zu verweilen. Es war schon so weit gekommen, dass Daemon immer wusste, wenn Robert nach Hause kam, selbst wenn er ihn nicht gesehen hatte, weil in der Eingangshalle und über der Treppe, die zu dem von der Familie bewohnten Gebäudetrakt führte, jedes Mal der leichte Gestank von Angst lag.
Daemon goss sich eine zweite Tasse Kaffee ein und zuckte auf Philips Vorschlag hin mit den Schultern.
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