Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit
wenn sie davon ausgingen, dass es sich wieder einmal um eine ihrer Phantastereien handelte, würde man sie für immer wegsperren, damit die Geschichte nur ja nicht bekannt würde. Doch wenn sie ihr zum ersten Mal Glauben schenken sollten, was würden sie ihr sonst noch antun, um dem Interesse des Höllenfürsten einen Riegel vorzuschieben und sich selbst zu schützen? Denn Daemon war sich sicher, dass in Beldon Mor Dinge geschahen, über die Saetan keineswegs hinwegsehen oder die er vergeben würde.
Als Daemon aufblickte, entfuhr ihm ein Seufzer der Erleichterung.
Jaenelle stand in ihren Reitsachen im Türrahmen. Ihr goldenes Haar war geflochten und auf ihrem Kopf saß eine Reitkappe. »Ich gehe reiten. Lust, mitzukommen?«
»Oh ja!«, rief Wilhelmina überglücklich. »Ich bin mit Üben fertig.«
Als Daemon beobachtete, wie Wilhelmina aus dem Zimmer eilte, blieb ein bitterer Nachgeschmack in seinem Mund zurück. Die Asche von Träumen. Schließlich war er nichts weiter als Haylls Hure, ein Lustsklave, eine Unterhaltung für die Ladys, egal welchen Alters, ein Zeitvertreib. Er schloss das Notenheft und legte es betont sorgfältig auf den Stapel neben dem Klavier. Weshalb sollte er sich Hoffnungen machen, dass Jaenelle etwas für ihn empfinden könnte? Warum litt er in diesem Moment wie ein Kind, das nicht zum Mitspielen aufgefordert worden war?
Daemon drehte sich um. Jaenelle stand neben dem Klavier und betrachtete ihn, die Stirn verwirrt in Falten gelegt.
»Kannst du nicht reiten, Prinz?«
»Doch, kann ich.«
»Oh.« Sie wirkte nachdenklich. »Möchtest du nicht mitkommen? «
Daemon blinzelte. Er blickte in ihre schönen, klaren Augen. Sie hatte nie vorgehabt, ihn auszuschließen! Lächelnd neckte er sie, indem er leicht an ihrem Zopf zog. »Doch, ich würde gerne mitkommen.«
Sie betrachtete ihn erneut. »Hast du eigentlich nichts anderes anzuziehen?«
Daemon schnappte nach Luft. »Wie bitte?«
»Du hast immer dasselbe an.«
Bestürzt sah er an seinem perfekt geschnittenen schwarzen Anzug und dem weißen Seidenhemd hinab. »Was gibt es denn an meiner Kleidung auszusetzen?«
»Nichts, aber wenn du die Sachen beim Reiten anbehältst, wirst du sie zerknittern.«
Daemon begann zu husten und schlug sich auf die Brust, um Zeit zu gewinnen und das Gelächter zu unterdrücken, das in seiner Kehle aufstieg. »Ich besitze Reitsachen«, stieß er keuchend hervor.
»Oh, gut.« In ihren Augen saß der Schalk.
Freches Gör. Du weißt genau, weshalb ich nach Luft ringe, nicht wahr? Du bist ein erbarmungsloses kleines Ding, so über die Eitelkeit eines Mannes zu spotten.
Jaenelle lief zur Tür. »Beeil dich, Prinz! Wir treffen dich dann bei den Stallungen.«
»Ich heiße Daemon«, murmelte er.
Da wirbelte Jaenelle herum, machte grinsend einen übertriebenen Knicks und stürmte in den Gang.
So schnell es Daemons immer noch schmerzende Zehen zuließen, ging er auf sein Zimmer. Er hieß Daemon, nicht Prinz, dachte er missmutig, während er sich umzog. Es klang jedes Mal, als würde sie nach ihrem verfluchten Hund rufen, selbst wenn es die laut Protokoll für ihn angemessene Anrede war. Es wäre schön, mit seinem Namen angesprochen zu werden, doch das tat sie nicht, weil er so viel älter war als sie.
Daemon hielt inne, als er sich die Stiefel anzog, und brach in Gelächter aus. Wenn sie ihn schon für so viel älter hielt, was musste sie dann erst über den Priester denken?
Als Daemon den Hof inmitten der Stallungen betrat, erblickte er zwei gesattelte Ponys, eine graue Stute und Tänzer. Da er nicht wusste, welches Pferd ihm zugedacht war, ging er auf Andrew zu. Der Stalljunge schenkte ihm ein unsicheres Lächeln, um sich sogleich zu ducken und Tänzers Sattelgurt zu kontrollieren.
»Sei vorsichtig«, flüsterte Andrew. »Er ist heute ein bisschen unruhig.«
»Ach, und sonst ist er wohl die Ruhe selbst, wie?«, fragte Daemon trocken.
Andrew ließ die Schultern hängen.
Daemons Augen verengten sich. »Gibt es einen Grund für seine Unruhe?«
Die Schultern sanken noch tiefer.
Da bemerkte Daemon die Anspannung, die über dem Hof lag, und er ließ seinen Blick durch die Runde schweifen.
Jaenelle sprach leise mit einem der Ponys, während Wilhelmina neben ihr darauf wartete, dass ihr jemand beim Aufsteigen half. Die kühle Herbstluft und die Vorfreude auf den Ausritt hatten ihre Wangen mit einer reizenden Röte überzogen, doch immer wieder blickte sie nervös in Daemons Richtung. »Mutter der Nacht«,
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