Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit
wird? Sie ist reinste Magie, Cassandra. Eine einzelne Blume, die inmitten einer endlosen Wüste blüht.«
Sie starrte ihn an. »Sie ist noch ein Kind!«
»Das ist mir nicht entgangen«, erwiderte er trocken, indem er sich von dem Wein nachschenkte. »Wer ist übrigens uns ?«
»Wie bitte?«
»Du sagtest, ›das Mädchen bedeutet uns alles‹. Wen meinst du mit uns ?«
»Mich ...« Zögernd holte Cassandra tief Luft. »Und den Priester.«
In Daemons Gesicht spiegelte sich eine Mischung aus Erleichterung und Schmerz. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Denkt er ... denkt er , ich würde ihr schaden wollen?« Er schüttelte den Kopf. »Egal. Dasselbe habe ich mich in seinem Fall auch gefragt.«
Wutentbrannt stieß Cassandra ein Keuchen aus. »Wie konntest ...« Sie brach ab. Wenn sie es ihm unterstellt hatten, weshalb sollte er dann nicht umgekehrt denselben Verdacht gehabt haben? Sie ließ sich am Küchentisch nieder. Nach kurzem Zögern setzte er sich ihr gegenüber. »Hör mir zu«, sagte sie ernst. »Ich kann es gut verstehen, dass du ihm gegenüber verbittert bist, doch du bist nicht halb so verbittert wie er selbst. Er hatte nie vor, dich zurückzulassen, doch ihm blieb keine andere Wahl. Egal, was du aufgrund des Lebens, zu dem du gezwungen worden bist, von ihm halten magst, eine Sache musst du glauben, denn es ist die Wahrheit: Er liebt sie. Mit jedem Atemzug und jedem Tropfen seines Blutes liebt er sie.«
Daemon spielte mit dem Weinglas. »Ist er nicht ein bisschen zu alt für sie?«
»Eines Tages wird sie eine mächtige Königin sein«, meinte Cassandra scharf. »Und dann sollte sie über einen älteren, erfahrenen Haushofmeister verfügen.«
Belustigt warf Daemon ihr einen Blick zu. »Haushofmeister? «
»Natürlich.« Sie musterte ihn. »Oder hast du den Ehrgeiz, den Ring des Haushofmeisters zu tragen?«
Daemon schüttelte den Kopf. Seine Mundwinkel zuckten. »Nein, den Ring des Haushofmeisters möchte ich nicht tragen.«
»Eben.« Cassandras Augen weiteten sich. Nun, da die
Kälte fort war und er ein wenig entspannter wirkte ... »Du bist ohne Zweifel deines Vaters Sohn«, erklärte sie trocken und lauschte verblüfft seinem warmen Lachen. Ihre Augen verengten sich. »Du dachtest, er ... das ist niederträchtig!«
»Ist es das?« Seine goldenen Augen glitten beunruhigend freundlich über sie hinweg. »Vielleicht ist es das.«
Cassandra schenkte ihm ein Lächeln. Ohne die Wut und die Kälte war er ein wunderbarer Mann. »Was hält sie von dir?«
»Wie im Namen der Hölle soll ich das wissen?«, knurrte er und blickte Cassandra missmutig an, die in Gelächter ausbrach.
»Spannt sie deinen Geduldsfaden bis zum Zerreißen? Bringt sie dich in Wut, bis du am liebsten laut losschreien würdest? Gibt sie dir das Gefühl, als könntest du nicht vorhersagen, ob dich dein nächster Schritt auf festen Boden treten oder in einen bodenlosen Abgrund stürzen lässt?«
Interessiert sah er sie an. »Geht es dir so?«
»O nein«, antwortete Cassandra leichthin. »Aber ich bin ja auch kein Mann.«
Daemon ließ ein Knurren vernehmen.
»Das Geräusch kenne ich.« Es bereitete ihr Spaß, ihn zu necken, denn trotz seiner Stärke machte er ihr nicht so viel Angst wie Saetan. »Was sie betrifft, hast du vielleicht mehr mit dem Priester gemein, als du denkst.«
Er lachte. Die Vorstellung, dass Saetan genauso verwirrt war wie er selbst, belustigte ihn, tröstete ihn und stellte eine Verbindung zwischen ihnen her. Das wusste sie.
Nachdem Daemon seinen Wein ausgetrunken hatte, erhob er sich. »Ich ... bin froh ... dich getroffen zu haben, Cassandra. Hoffentlich wird es nicht das letzte Mal sein.«
Sie hakte sich bei ihm ein und brachte ihn zum Eingang der heiligen Stätte. »Du bist jederzeit willkommen, Prinz.«
Daemon hob ihre Hand an seine Lippen und hauchte einen Kuss darauf.
Sie blickte ihm nach, bis er außer Sichtweite war. Dann
erst kehrte sie in die Küche zurück, um die Gläser abzuwaschen.
Nun stellte sich nur die etwas delikate Frage, wie sie dieses Treffen am besten seinem Vater erklären sollte.
5Terreille
E s gibt ein paar Dinge, die der Körper nicht vergisst, dachte Saetan gequält, als Cassandra sich näher an ihn schmiegte und ihre Hand in kleinen, nervösen Kreisen über seine Brust streichelte. Bis zum heutigen Abend hatte er es immer höflich abgelehnt, die Nacht bei ihr zu verbringen, da er befürchtet hatte, sie könnte mehr von ihm verlangen, als er geben wollte –
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