Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit
doch war ihr zum ersten Mal, seitdem sie in jenes Zimmer getorkelt war und Titian tot am Boden hatte liegen sehen, als sei sie nicht allein.
4Terreille
A ls Cassandra den Schrank öffnete, in dem sie die Weingläser aufbewahrte, konnte sie eine Gegenwart an der Küchentür spüren, eine unverwechselbare schwarze Signatur. Ohne sich umzudrehen, griff sie nach einem Weinglas und sagte: »Ich habe dich erst später erwartet.«
»Es überrascht mich, dass du mich überhaupt erwartet hast.«
Sie griff daneben. Nur eine einzige mentale Signatur ließ sich mit derjenigen Saetans verwechseln. Um Zeit zu schinden, während sie das rote Juwel verschwinden ließ und durch das schwarze ersetzte, nahm sie zwei Gläser aus dem Schrank und stellte sie vor sich auf den Tisch, bevor sie sich umdrehte.
Er lehnte am Türrahmen, die Hände in den Hosentaschen.
Ach, Saetan, sieh, was du gezeugt hast! Cassandras Herz schlug eigenartig unregelmäßig, während sie seine Statur und das beinahe zu schöne Gesicht bewunderte. Wenn in der Luft auch nur der geringste verführerische Hauch hinge, würde ihr uralter Puls rasen, doch es herrschte lediglich eisige Kälte und in seinen Augen lag ein Blick, dem sie nicht standhalten konnte.
Denk nach, denk gefälligst nach! Sie war eine Hüterin, eine der lebenden Toten, was er jedoch nicht wusste. Wenn er ihrem Körper etwas zuleide tat, konnte sie sich auf der Stelle in eine Dämonin verwandeln und weiterkämpfen. Sie bezweifelte, dass er über das Wissen oder das nötige Geschick verfügte, um sie vollständig zu vernichten. Schwarz gegen Schwarz. Sie war durchaus in der Lage, sich gegen ihn zu behaupten.
Ein Blick in seine Augen sagte ihr jedoch mit schockierender Gewissheit, dass dem nicht so war. Er war gekommen, um sie zu töten, und wusste ganz genau, wer und was sie war.
»Du enttäuschst mich, Cassandra. In den Legenden, die sich um dich ranken, wirst du immer ganz anders beschrieben«, meinte Daemon mit falscher Sanftheit.
»Ich bin eine Priesterin, die diesem Altar dient«, entgegnete sie, verzweifelt bemüht, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen. »Du irrst dich, wenn du glaubst ...«
Er lachte leise. Als sie vor dem Geräusch zurückwich, stieß sie gegen den Tisch in ihrem Rücken.
»Meinst du, ich erkenne den Unterschied zwischen einer Priesterin und einer Königin nicht? Und die Juwelen, meine Liebe, lassen keinen Zweifel an deiner Identität.«
Anerkennend neigte sie den Kopf ein wenig. »Ich bin also Cassandra. Was willst du, Prinz?«
Er entfernte sich vorsichtig vom Türrahmen und trat auf sie zu. »Genauer gesagt geht es darum, Lady « – er betonte das letzte Wort auf spöttische Art und Weise – »was du von mir willst.«
»Ich weiß nicht, wovon du sprichst.« Ihre Ausbildung verlangte, dass sie ihm die Stirn bot, doch sämtliche Instinkte rieten ihr zu fliehen.
Immer weiter kam er auf sie zu und lächelte, als sie Schutz suchend hinter den Tisch zurückwich. Es war das Lächeln eines Verführers, das beinahe zärtlich gewirkt hätte, wäre es nicht in Eis gemeißelt. »Wen erwartest du?« Er zog die Hände aus den Hosentaschen.
Cassandra warf seinen Händen einen raschen Blick zu. Erst war sie erleichtert, keinen Ring an seiner Rechten zu sehen, doch dann bemerkte sie, wie lang er seine Nägel trug. Mutter der Nacht, er war tatsächlich seines Vaters Sohn! Sie achtete darauf, dass sich der Tisch weiterhin zwischen ihnen befand. Wenn es ihr gelänge, die Tür zu erreichen ...
Da änderte Daemon die Richtung und versperrte ihr diesen Fluchtweg. »Wen?«
»Einen Freund.«
In gespielter Traurigkeit schüttelte er den Kopf.
Cassandra hörte auf, vor ihm zurückzuweichen. »Möchtest du etwas Wein?« Er war gefährlich.
»Nein.« Er hielt inne und betrachtete die Fingernägel an seiner Rechten. »Du glaubst wohl nicht, dass ich ein Grab schaufeln kann, das tief genug ist, um dich zu halten, wie?« Seine Stimme klang schmachtend und furchterregend zugleich. Sie klang vertraut. Die tiefe Stimme wies ein etwas anderes Timbre auf, doch die Wut darin war dieselbe. »Nur zu deiner Information, für den Fall, dass du dir Gedanken in dieser Hinsicht machen solltest: Ich weiß , dass du keines schaufeln kannst, das tief genug ist, um mich zu halten.«
Cassandra hob das Kinn und sah ihm direkt in die Augen. Sie hatte die Pause genutzt, um ihre Fingernägel mit einem Stärkungszauber zu belegen, sodass sie nun so fest und scharf wie Dolche waren. »Vielleicht nicht,
Weitere Kostenlose Bücher