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Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit

Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit

Titel: Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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schluckte und holte dann tief Luft. »Wenn du Angst haben solltest, mir durch die Berührung wehzutun, kann ich ...«
    »Nein«, erwiderte sie rasch. Sie schloss die Augen und er konnte ihre Pein spüren. »Es ist nur ... ich bin ... anders, und manche Leute, die ich berührt habe ...« Ihre Stimme versagte, doch er hatte verstanden.
    Wilhelmina. Wilhelmina, die ihre Schwester liebte und froh war, sie zurückzuhaben, hatte diese Art der Berührung aus irgendeinem Grund zurückgewiesen.
    »Nur weil manche Leute denken, dass du anders bist ...«
    »Nein, Daemon«, meinte Jaenelle sanft. » Jeder weiß, dass ich anders bin. Manche stören sich nur nicht daran – andere hingegen sehr.« Eine einzelne Träne kullerte ihr die Wange hinab. »Warum bin ich anders?«
    Er wandte den Blick ab. Ach, Kind! Wie sollte er ihr erklären, dass sie Fleisch gewordene Träume war? Dass sie bei manchen das Blut in den Adern zum Singen brachte? Dass sie eine Art von Magie darstellte, die es schon unendlich lange nicht mehr unter den Blutleuten gegeben hatte? »Was sagt der Priester dazu?«
    Jaenelle schniefte. »Er sagt, es ist nicht leicht, erwachsen zu werden.«
    Daemon bedachte sie mit einem mitfühlenden Lächeln. »Das ist es ganz gewiss nicht.«
    »Er sagt, jedes Lebewesen kämpft darum, sich aus seinem Kokon oder seiner Schale zu befreien, um das zu werden, was ihm vorherbestimmt ist. Er sagt, zum Ruhm von Hexe zu tanzen heißt, das Leben zu feiern. Außerdem sagt er, es sei gut, dass wir alle anders sind, denn sonst wäre die Hölle ein schrecklich langweiliger Ort.«

    Daemon musste lachen, doch ablenken ließ er sich nicht. »Bring es mir bei.« Der arrogante Befehl wurde nur durch die Sanftheit abgemildert, mit der er ihn aussprach.
    Sie war bei ihm. Sofort. Doch auf eine Art, die er noch nie zuvor erlebt hatte. Er spürte, dass sie seine Verwirrung bemerkte und seine Reaktion sie vor Verzweiflung innerlich aufschreien ließ.
    »Warte«, meinte Daemon streng, indem er eine Hand hob. »Warte.«
    Noch immer war Jaenelle mit ihm verbunden und er konnte ihren schnellen Herzschlag und den unruhigen Atem spüren. Behutsam forschte er weiter.
    Obwohl sie sich nicht innerhalb der ersten Barriere befand, wo Gedanken und Gefühle offen eingesehen werden konnten, handelte es sich um mehr als die simple innere Verbindung, welche die Blutleute zu Kommunikationszwecken benutzten. Und es überstieg auch die physische Kontrolle, die er so gut kannte. Hierbei handelte es sich um ein gemeinsames physisches Erleben, das Teilen von Gefühlen. Er spürte, wie ihr Haar an ihrer Wange vorbeistrich, als wäre es das seine, und konnte nachempfinden, wie sich der Stoff ihres Kleides auf ihrer Haut anfühlte.
    »Gut«, meinte er nach einer Weile. »Ich glaube, ich habe mich daran gewöhnt. Und jetzt?« Sein Gesicht glühte, als sie ihn argwöhnisch beäugte.
    Endlich sagte sie: »Jetzt gehen wir durch die Luft.«
    Es war eigenartig, das Gefühl zu haben, gleichzeitig lange und kurze Beine zu haben, und er brauchte mehrere Anläufe, bis er wieder auf der Bank stand. Belustigt schüttelte er nur den Kopf, als er ihren verwirrten Gesichtsausdruck bemerkte. Wenn es sich bei all ihren anderen Freunden um Kinder handelte, was anzunehmen war, waren sie vermutlich etwa im selben Alter und ungefähr gleich groß wie Jaenelle.
    Danach war alles verblüffend einfach und er genoss es in vollen Zügen. Es war so ähnlich, als lasse man einen
Gegenstand in der Luft schweben, nur dass es sich dabei um die eigene Person handelte. Sie übten, geradeaus zu gehen, und gingen in der Gartennische auf und ab. Als Nächstes kam die Vertikale. So zu tun, als würde er Treppen steigen, fiel Daemon anfangs schwerer, da seine Beine für ihre kleinen Schritte zu lang waren und er häufig ins Leere trat.
    Dann war die Verbindung weg und er stand alleine in der Luft, während Jaenelle, in deren Augen sich Stolz und Freude widerspiegelten, ihn beobachtete. Als er in einer grazilen Bewegung zu Boden glitt, klatschte sie begeistert Beifall.
    Daemon breitete die Arme aus und Jaenelle lief auf ihn zu und schlang ihm die Arme um den Hals. Er hielt sie fest, das Gesicht in ihrem Haar verborgen. »Danke«, sagte er heiser. »Vielen Dank.«
    »Gern geschehen, Daemon.«
    Er griff sanft nach ihren Schultern und trat einen Schritt zurück. »Wir gehen besser wieder, bevor sie noch nach uns suchen.«
    Das glückliche Leuchten in Jaenelles Augen erlosch. Achtlos ließ sie sich zu Boden sinken.

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