Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit
erledigt war, würde sie sich überlegen müssen, wohin sie gehen wollte. Sie hätte die Entscheidung schon vor Tagen treffen sollen, hatte jedoch aufgrund der immer wiederkehrenden Träume gezögert, die ihren Geist überspülten wie die Brandung einen Strand. Träume von Titian und Titians Juwel. Träume, die besagten, dass sie irgendwo gebraucht wurde.
Doch Titian konnte ihr nicht sagen, wo.
Vielleicht gab es einfach zu viele Lichter in dieser alten, verfallenen Stadt. Vielleicht gelang es ihr nicht, eine Entscheidung zu treffen, weil sie die Sterne nicht sehen konnte.
Sterne. Und das Meer. Irgendein sauberer Ort, an dem sie wenig arbeiten und tagsüber lesen und am Meer spazieren gehen konnte.
Surreal lächelte. Es war drei Jahre her, seitdem sie zum letzten Mal Zeit bei Deje verbracht hatte. Chaillot hatte im Osten ein paar schöne, ruhige Strände. An einem klaren Tag konnte man sogar die Insel Tacea sehen. Und in der Nähe gab es doch eine heilige Stätte, nicht? Irgendeine uralte Ruine jedenfalls. Picknicks, lange, einsame Spaziergänge. Deje würde sich freuen, sie wiederzusehen, und sie nicht dazu drängen, jede Nacht zu arbeiten.
Als der Mann sich grunzend zur Seite drehte, wandte Surreal sich vom Fenster ab. Der Sadist hatte Recht. Es gab so viele verschiedene Arten, einen Mann auf effiziente Weise umzubringen, ohne die Wände mit seinem Blut zu bespritzen.
Es war nur schade, dass sie ihr nicht halb so viel Vergnügen bereiteten.
3Terreille
W ährend sich Lucivar Yaslana die ausgeschmückten Halbwahrheiten anhörte, die Zuultah mit weit aufgerissenen Augen vor einem Kreis unruhiger Hexen über ihn zum Besten gab, fragte er sich, ob es die Geschichten farblich untermalen würde, wenn er ein paar Frauen das Genick bräche. Nachdem er diese angenehme Vorstellung unwillig von sich geschoben hatte, ließ er seinen Blick auf der Suche nach Ablenkung durch den Raum schweifen.
Da glitt Daemon Sadi an ihm vorbei.
Lucivar sog die Luft ein und wandte sich wieder Zuultahs Kreis zu, wobei er ein Grinsen unterdrücken musste. Als die Königinnen das letzte Mal unvorsichtig genug gewesen waren, sie nicht voneinander getrennt zu halten, hatten Daemon und er einen Hof zerstört, nachdem ein Streit darüber ausgebrochen war, ob ein kredenzter Wein lediglich mittelmäßig war oder tatsächlich das Bouquet von Pferdepisse besaß.
Das war vierzig Jahre her. Genug Zeit unter den kurzlebigen Völkern, auf dass die jungen Königinnen sich einreden konnten, sie könnten ihn und Daemon im Zaum halten – oder besser noch, dass die Königinnen willensstark und wunderbar genug seien, um zwei Kriegerprinzen mit dunklen Juwelen zu zähmen. Nun, dieser eyrische Kriegerprinz war nicht zähmbar – zumindest nicht in den nächsten fünf Jahren. Was den Sadisten betraf … Ein Mann, der seine Fähigkeiten im Schlafzimmer selbst gerne als vergifteten Honig bezeichnete, würde höchstwahrscheinlich niemals zu zähmen oder zu kontrollieren sein, außer er wollte es so.
Erst spät am Abend bot sich Lucivar die Gelegenheit, in den hinteren Garten zu schlüpfen. Daemon war ein paar Minuten zuvor nach einer abrupten, wütenden Auseinandersetzung mit Lady Cornelia hinausgegangen.
Lucivar bewegte sich mit der Umsicht eines Jägers, als er
dem feinen, kalten Luftzug folgte, den Daemon hinterlassen hatte. Er bog um eine Ecke und hielt inne.
Daemon stand in der Mitte des Kiesweges, das Gesicht zum Nachthimmel erhoben, während eine leichte Brise durch sein schwarzes Haar strich.
Der Kies unter Lucivars Füßen knirschte leise.
Daemon wandte sich um, als er das Geräusch hörte.
Lucivar zögerte. Er wusste, was jener schläfrige, glasige Blick in Daemons Augen zu bedeuten hatte, und erinnerte sich nur zu gut daran, was an Höfen geschehen war, wenn jenes zärtliche, mörderische Lächeln länger als einen Sekundenbruchteil angedauert hatte. Nichts und niemand war sicher, wenn sich Daemon in einer derartigen Stimmung befand. Doch beim Feuer der Hölle, gerade deshalb machte es so viel Spaß, mit dem Sadisten zu tanzen!
Ein träges, arrogantes Lächeln auf den Lippen, trat Lucivar vor und breitete langsam seine dunklen Schwingen aus, bevor er sie wieder eng an den Körper anlegte. »Hallo, Bastard.«
Daemons Lächeln taute auf. »Hallo, Mistkerl. Ist schon lange her.«
»Das ist es. Hast du in letzter Zeit guten Wein getrunken?«
»Keinen, den du zu schätzen wüsstest.« Daemon hob eine Braue, während er Lucivars Kleidung
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