Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit
bis sie ausgelebt war. Schmerzen, Hunger oder Müdigkeit nahmen der kalten Wut nichts von ihrer Intensität, da sie von so tief innen hervorstieg, dass der Körper, der sie beherbergte, völlig an Bedeutung verlor.
Niemand bemerkte damals die kaum spürbare Veränderung in der Luft um Daemon, als er sich auf den Weg zu dem Gemach der Hexe begab.
Erst als das Dienstmädchen am nächsten Morgen das Zimmer betrat, die Fensterscheiben und Spiegel vereist vorfand und entdeckte, was Daemon im Bett zurückgelassen hatte, begriff Dorothea, dass sie im Zuge jener Strafaktion etwas in Daemon zerbrochen und ihn einer Schicht seiner Menschlichkeit beraubt hatte.
Hekatah, die selbsternannte Hohepriesterin der Hölle, hätte den Blick in Daemons Augen wiedererkannt, wenn sie ihn gesehen hätte. Sie hätte auf Anhieb verstanden, wie sehr der Sohn der Blutlinie nachschlug. Dorothea brauchte ein wenig länger. Als sie schließlich einsah, dass Daemons Erbe vonseiten seines Vaters viel dunkler und gefährlicher
war, als sie es sich hätte träumen lassen, schenkte sie ihn einer ihrer Marionettenköniginnen, die eine Provinz im Süden Haylls beherrschte.
Von dem Mord erwähnte sie nichts. Unter den Blutleuten gab es kein Gesetz gegen Mord. Sie deutete nur an, wie Daemon reagierte, wenn man ihn zum Knien zwang, und kehrte ansonsten seine Ausbildung zum Lustsklaven heraus, um hinzuzufügen, dass er ein wenig launisch reagieren konnte, wenn man ihn zu oft benutzte.
Vor Ablauf der Woche war Daemon fort.
Es dauerte nicht lange, bis Kartane erfuhr, wovor Daemons Gegenwart ihn bewahrt hatte. Dorotheas Gier nach hübschen Gesichtern war nicht weniger anspruchsvoll als Lanzos, die beiden unterschieden sich lediglich in der Wahl des Geschlechts. So hielt sie sich zahlreiche junge Krieger, die sie und ihren Hexensabbat verwöhnen mussten. Bis zu jenem Zeitpunkt war Kartane lediglich Dorotheas schöner, verwöhnter Sohn gewesen.
Eines Nachts ließ sie Kartane in ihr Schlafgemach rufen. Nervös machte er sich auf den Weg, wobei er über die Ereignisse des Tages nachdachte und sich fragte, womit er sie verärgert haben könnte. Doch sie beschwichtigte ihn, indem sie ihn streichelte und liebkoste. Derartige Streicheleien hatten ihm bisher immer Unbehagen verursacht, doch nun machten sie ihm Angst. Als sie sich zu ihm beugte, sagte sie ihm, dass sein Vater ihr immer treu ergeben gewesen sei und sie dasselbe auch von ihm erwarte. Kartane war zu sehr damit beschäftigt zu überlegen, wie man die Tatsache, dass Lanzo jede Nacht ein anderes Dienstmädchen bestieg, mit dem Konzept der Treue in Verbindung bringen konnte, um ihre Absicht zu durchschauen. Erst als er spürte, wie Dorotheas Zunge in seinen Mund glitt, dämmerte es ihm. Er stieß sie von sich, stürzte vom Sofa und kroch rückwärts auf die Tür zu, ohne zu wagen, den Blick von Dorothea zu nehmen.
Seine Verweigerung löste rasende Wut in ihr aus und zum ersten Mal ließ sie ihn auspeitschen.
Die Wunden hatten sich noch nicht geschlossen, als sie ihn erneut zu sich rief. Diesmal hielt er still, als sie ihm über Arme und Schenkel streichelte und ihm ins Ohr säuselte, dass ein Ring ihm dabei helfen könnte, entgegenkommender zu sein. Doch sie glaube nicht wirklich, dass eine derartige Maßnahme nötig sei. Er etwa?
Nein, er glaubte auch nicht, dass es nötig war. Er fügte sich und tat, wie ihm geheißen.
Als Kartane später am Abend in seinem eigenen Bett lag, musste er an Daemon denken und wie dieser jede einzelne Nacht, jahraus, jahrein, getan hatte, zu was Kartane eben gezwungen worden war. Langsam verstand er Daemons Aversion, eine Frau anzufassen, solange man ihn nicht dazu zwang. Kartane fragte sich, wie alt Daemon gewesen sein mochte, als Dorothea ihn zum ersten Mal in ihr Bett geholt hatte.
Mit diesem ersten Mal war es noch lange nicht getan. Sein Leiden dauerte an, bis Dorothea ihn Jahre später auf eine Privatschule schickte, weil er die Dienstmädchen so gewaltsam nahm, dass Lanzo und seine Begleiter sich beschwerten, weil die Mädchen im Anschluss tagelang nicht zu gebrauchen waren.
Die Privatschule, die von den reichsten Söhnen Haylls besucht wurde, verpasste Kartanes Hang zur Grausamkeit den letzten Schliff. Häuser des Roten Mondes waren ihm widerwärtig und bei erfahrenen Frauen fand er nur Befriedigung, indem er ihnen Schmerzen zufügte. Nachdem man ihm in einigen der Etablissements Hausverbot erteilt hatte, machte er die Entdeckung, wie leicht es war, jüngere
Weitere Kostenlose Bücher