Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
wollte er wissen, indem er entrüstet mit dem Zeigefinger auf das Papier einhieb.
Das Mädchen straffte die Schultern, die Augen zu schmalen Schlitzen verengt.
Saetan musste ein Stöhnen unterdrücken und hielt Karla noch fester umklammert.
»Es ist eine Vase«, sagte sie kühl.
»Eine Vase. Pah!« Dujae riss die Seite aus dem Block, zerknüllte sie und warf sie über die Schulter. Dann deutete er auf Karla.
War Dujae sich bewusst, wie gefährlich nahe er Karlas Zähnen mit seinem Finger gekommen war?
»Du bist doch eine Königin, ja?«, dröhnte Dujae weiter. »Du betreibst dies hier zum Zeitvertreib, wenn du mit dem anstrengenden Unterricht in der Kunst fertig bist, ja? Du tust es, weil Ladys viele Dinge lernen müssen, um gute Königinnen zu sein, ja? Du machst keine höflichen, klitzekleinen Bildchen.« Er krümmte den Rücken, zog eine Grimasse und beschrieb vor seinem Gesicht winzige Kreise mit dem Handgelenk. »Pah!« Er holte Karla aus Saetans Armen, wirbelte sie herum, packte ihre Hand mit der seinen und fing an, große kreisende Bewegungen zu beschreiben. »In deinem Herzen lodert doch ein Feuer, ja? Dieses Feuer braucht Kohle und einen riesengroßen Block, um sich ausdrücken zu können. Wenn du dann eine Vase zeichnen möchtest, zeichne eine Vase.«
»A … aber …«, stammelte Karla, die entgeistert zusah, wie ihre Hand wieder und wieder durch die Luft fuhr.
»Die Vase, die du da zu zeichnen versuchst, ist die Vase eines anderen. Benutze sie als Vorlage. Vorlagen sind gut. Aber dann zeichne deine Vase , die Vase, die das Feuer enthält und sagt: Ich bin eine Hexe, ich bin eine Königin, ich bin …« Dujae zögerte.
»Karla«, meinte sie kleinlaut.
» Karla! «, brüllte Dujae.
»Was ist denn hier los?«, wollte Jaenelle wissen, die in der Tür stand. Gabrielle lugte über ihre Schulter.
Saetan ließ sich mit verschränkten Armen auf der Ecke seines Schreibtisches nieder und beschloss abzuwarten, was seine kleinen Lieblinge nun zu tun gedachten.
Sobald Dujae die anderen Mädchen erspähte, ließ er Karla los und trat einen Schritt zurück.
»Haben wir Zeichenkohle?«, erkundigte sich Karla und wischte sich die letzten Tränen aus den Augen.
»Wir haben welche, aber Lord Staubtrocken meint, Kohle sei schmutzig und kein geeignetes Zeichenmaterial für eine Lady«, entgegnete Gabrielle spitz.
Während Saetan Gabrielle ungläubig anstarrte, fragte er sich insgeheim, welchen Trottel er als Zeichenlehrer angestellt hatte.
Dann spürte er, wie ihm sämtliches Blut aus dem Kopf wich. Verzweifelt klammerte er sich in der Hoffnung am Schreibtisch fest, nicht in Ohnmacht zu fallen. Er war noch nie in Ohnmacht gefallen, und jetzt wäre der falsche Zeitpunkt, um damit anzufangen.
Inmitten der übrigen Mädchen war ihm das Dreieck der Macht nie aufgefallen. Karla, Gabrielle, Jaenelle. Drei starke Königinnen, die außerdem natürliche Schwarze Witwen waren.
Möge die Dunkelheit Erbarmen haben, dachte er. Dieses Dreigespann könnte alles und jeden in der Luft zerreißen – oder alles erschaffen, was sie nur wollen.
»Höllenfürst?«
Saetan blinzelte. Er holte tief Luft. Seine Lungen funktionierten anscheinend noch. Da er sich nun sicher sein konnte,
dass er nicht umfallen würde, blickte er sich um. Außer ihm befand sich nur noch Dujae in dem Zimmer.
Der Künstler knetete seine Mütze in den Händen. »Ich wollte mich nicht einmischen.«
»Zu spät«, murmelte Saetan.
Drei blonde Köpfe erschienen an der Tür des Arbeitszimmers.
»Hallo«, meinte Karla. »Wir haben die Kohle und große Zeichenblöcke besorgt. Kommst du?«
Dujae fuhr fort, seine Mütze zu bearbeiten. »Ich kann nicht, Ladys.«
»Warum nicht?«, wollte Jaenelle wissen, als die drei Mädchen das Arbeitszimmer betraten.
Der Künstler warf Saetan einen beschwörenden Blick zu, doch der Höllenfürst weigerte sich, etwas anderes als die Spitze seines Schuhs anzusehen.
»Ich … ich bin Dujae, Lady.«
Jaenelle wirkte sichtlich erfreut. »Du hast Abstieg in die Hölle gemalt.«
Dujaes Augen wurden größer.
»Warum kannst du uns keinen Zeichenunterricht geben?«, fragte Gabrielle.
»Ich bin ein Dämon.«
Schweigen.
Karla schob herausfordernd die Hüften vor und verschränkte die Arme. »Gibt es etwa ein Gesetz, das besagt, man dürfe nur tagsüber Zeichenunterricht erteilen? Abgesehen davon ist die Sonne längst aufgegangen, und du bist trotzdem hier.«
»Das liegt daran, dass die Burg ausreichend dunkle Macht in ihren
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