Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung

Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung

Titel: Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
Vom Netzwerk:
jedoch so oder so. Die Insel löste sich immer weiter auf. Letzten Endes würde nicht genug übrig bleiben, um ihn zu tragen.
    Er war müde. Es machte ihm nichts mehr aus, in die roten Fluten gezogen zu werden.
    Die Stöcke trieben auseinander, wirbelten herum und ordneten sich zu einem neuen Muster an, wirbelten herum und setzten sich abermals neu zusammen. Wieder und wieder bildeten sie grobe Buchstaben.
    Du bist mein Instrument.
    Worte lügen. Blut nicht.
    Haylls Hure.
    Er versuchte, von dieser Seite der Insel fortzukommen, doch die andere Seite bröckelte unaufhörlich und stürzte ins Meer. Mittlerweile hatte er gerade noch genug Platz, um sich hinzulegen. Er war völlig hilflos.
    Etwas in den Tiefen des Blutmeers bewegte sich und brachte die Stöcke und ihre endlosen Worte durcheinander. Die Stöcke kreisten um seine winzige Insel, stießen an die abbröckelnden Ränder des Vielleicht und bildeten eine zerbrechliche Schutzmauer.
    Er beugte sich über den Rand und sah, wie das Gesicht aus den Fluten emporstieg: saphirblaue Augen, die ins Nichts starrten, goldene Haarsträhnen, die das Antlitz wie einen Fächer umgaben.
    Die Lippen bewegten sich. Daemon.

    Er griff nach unten und hob das Gesicht behutsam aus den blutigen Wellen. Kein Kopf, nur ein Gesicht, so glatt und leblos wie eine Maske.
    Wieder bewegten sich die Lippen. Das Wort klang wie das Seufzen des Nachtwinds, wie eine Liebkosung. Daemon.
    Da löste sich das Gesicht auf und rann ihm durch die Finger.
    Unter Schluchzen versuchte er, den Vorgang aufzuhalten, erneut jenes geliebte Antlitz zu formen. Doch je verzweifelter er dies versuchte, desto schneller glitt es ihm durch die Finger, bis nichts mehr übrig war.
    Schatten im blutigen Meer. Das Gesicht einer Frau, voller Mitleid und Verständnis, umgeben von einem Schopf zerzauster schwarzer Haare.
    Warte, sagte sie. Warte. Die Fäden sind noch nicht an ihrem Platz.
    Sie verschwand inmitten der Wellen.
    Endlich gab es etwas Leichtes, das er tun konnte, etwas, das bar jeden Schmerzes und jeglicher Angst war.
    Er machte es sich so bequem wie möglich – und wartete.
    4Kaeleer
    S aetan fragte sich, ob etwas mit den Bücherregalen hinter seinem Schreibtisch nicht stimmte oder aber mit seinem Butler. Beale starrte nun schon fast eine ganze Minute lang auf dieselbe Stelle in Saetans Rücken.
    »Höllenfürst«, sagte Beale steif, wobei er den Blick immer noch unverwandt auf die Regale gerichtet hielt.
    »Beale«, entgegnete Saetan misstrauisch.
    »Ein Krieger möchte dich sprechen.«
    Behutsam legte Saetan seine Brille auf die Papiere, die seinen Schreibtisch bedeckten, und faltete die Hände. »Ist er völlig aufgelöst?«
    Beales Lippen zuckten. »Nein, Höllenfürst.«

    Saetan ließ sich in seinen Sessel zurücksinken. »Der Dunkelheit sei dank. Zumindest geht es um nichts, was die Mädchen angestellt haben.«
    »Ich glaube nicht, dass die Ladys etwas mit der Sache zu tun haben, Höllenfürst.«
    »Dann schick ihn herein.«
    Der Krieger, der das Arbeitszimmer betrat, war einen Kopf größer als Saetan, doppelt so breit und schien lediglich aus Muskeln zu bestehen. Seine Hände waren groß und stark genug, den Schädel eines Mannes zu zerquetschen. Er sah aus wie ein grober Kerl, der Land und Leuten entriss, was immer er haben wollte. Doch seine ungeheure körperliche Kraft und die tief grollende Stimme täuschten, denn in seiner Brust schlug ein Herz voll einfacher Freude, und seine Seele war zu zartfühlend, um jedwede Form von Gewalt verkraften zu können.
    Es war Dujae. Vor fünfhundert Jahren war er der größte Künstler Kaeleers gewesen. Nun war er ein Dämon.
    Saetan wusste, dass es heuchlerisch war, böse auf Dujae zu sein, weil er hergekommen war. Schließlich verbrachten Mephis, Andulvar und Prothvar regelmäßig Zeit auf der Burg, seitdem Jaenelle mit ihm zurückgekehrt war. Doch jetzt, da etliche Kinder den Sommer auf der Burg verbrachten, und der Dunkle Rat mehr und mehr Druck ausübte, um Jaenelle zu Gesicht zu bekommen, konnte er es nicht dulden, dass Dämonen ihn regelmäßig in Kaeleer aufsuchten. Das Dunkle Reich von den Reichen der Lebenden getrennt zu halten, war immer eine gefährliche Feuerprobe gewesen, und er war sich der unangenehmen Tatsache bewusst, dass er diese Gratwanderung auch dann schon vollzogen hatte, als er selbst noch zu den Lebenden gehörte.
    »Zweimal im Monat gebe ich Audienzen in der Hölle für jeden, der mich sehen möchte«, sagte er kühl. »Du hast hier nichts

Weitere Kostenlose Bücher