Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
ebenso.
Es beschämte ihn, nicht begriffen zu haben, was Karla, Gabrielle, Chaosti und die anderen gewusst hatten, sobald er ihnen Jaenelles genaue Worte berichtet hatte. Aufgrund seiner Liebe zu ihr und weil er mit ihr zusammenlebte und jeden Tag mit ansah, wie sie ein Stück weiter zu der Königin heranwuchs, die sie dereinst sein würde, hätte er es wissen müssen.
Auf dem Weg zum Frühstückszimmer fühlte er sich schon besser.
Es gab nur noch eine Sache, die ihn beunruhigte und ihn nicht losließ: Wie im Namen der Dunkelheit hatte Jaenelle dieses Kunststück angestellt?
3 Hölle
H ekatah starrte aus dem Fenster auf die verdorrte Landschaft hinaus. Wie in jedem Reich gab es in der Hölle einen Jahreszeitenwechsel, doch selbst im Sommer war das Land kalt und in ewiges Zwielicht gehüllt.
Es hatte wieder nicht geklappt. Irgendetwas war schief gegangen.
Sie hatte sich darauf verlassen, dass es dem Rat gelingen würde, Saetan und Jaenelle voneinander zu trennen. Damit, dass sich das Mädchen auf derart spektakuläre, Furcht einflößende Weise widersetzen würde, hatte sie nicht gerechnet.
Das Mädchen. So viel Macht, die nur darauf wartete, in die richtigen Bahnen gelenkt zu werden. Es musste eine Möglichkeit geben, an die Kleine heranzukommen, sie mit irgendeinem Köder anzulocken.
Als der Gedanke Gestalt annahm, breitete sich ein Lächeln auf Hekatahs Gesicht aus.
Liebe. Die glühende Leidenschaft eines jungen Mannes gegen die Zuneigung eines Vaters. Bei all ihrer Macht war Saetans Adoptivtochter doch nichts weiter als eine weichherzige und unerfahrene Närrin. Zwischen ihren eigenen Wünschen und den Bedürfnissen eines anderen hin und her gerissen – Bedürfnissen, denen sie ohne weiteres nachgeben konnte, da sie bereits geöffnet worden war – würde sie sich fügen. Oder? Wenn der Mann geschickt und gut aussehend war? Nach und nach, mithilfe eines süchtig machenden Aphrodisiakums, würde sie es viel mehr brauchen, bestiegen zu werden, als sie jemals einen Vater gebraucht hatte. Wenn sie sich gegen etwas sträubte, das ihr Liebster von ihr wollte, würde Abweisung seinerseits ausreichen, um sie zur Räson zu bringen. All jene süße dunkle Macht zu Füßen eines Mannes, der selbstverständlich von Hekatah kontrolliert werden würde.
Hekatah kaute an ihrem Daumennagel.
Dieses Spiel erforderte Geduld. Wenn sie sich vor sexuellen Annäherungsversuchen fürchtete und jegliche Verehrer abwehrte … Kein Grund, sich darum Sorgen zu machen. Das
würde Saetan niemals zulassen. Er glaubte fest an sexuelle Erfüllung – ebenso wie an Treue. Letzteres war ärgerlich gewesen. Ersteres hingegen gewährleistete, dass sein kleiner Schatz in ein oder zwei Jahren erntereif sein würde.
Lächelnd wandte Hekatah sich vom Fenster ab.
Zumindest war dieser der Gosse entstiegene Hurensohn doch noch zu etwas gut.
4Kaeleer
S aetan reichte Lord Magstrom ein Glas Brandy, bevor er sich in dem Sessel hinter seinem Ebenholzschreibtisch niederließ. Es war kaum Nachmittag, doch nach drei ›Tagen‹ ununterbrochener Nacht ging er davon aus, dass sich niemand darum kümmerte, zu welcher Tageszeit er das erste Glas zu sich nahm.
Der Höllenfürst legte die Finger aneinander. Zumindest waren die Narren im Rat vernünftig genug, Lord Magstrom zu schicken. Einem anderen hätte er keine Audienz gewährt. Doch ihm gefiel die abgehärmte Erscheinung des Kriegers nicht, und er hoffte insgeheim, der ältere Mann würde sich mit der Zeit wieder völlig von der Anspannung der vergangenen drei Tage erholen. Er selbst war den Großteil seines langen Lebens zwischen Sonnenuntergang und Morgendämmerung aktiv gewesen, doch auch er konnte spüren, wie die unnatürliche Dunkelheit an seinen Nerven zehrte. »Du wolltest mich sprechen, Lord Magstrom?«
Lord Magstroms Hand zitterte, während er an dem Brandy nippte. »Der Rat ist sehr aufgebracht. Sie schätzen es nicht, auf diese Art und Weise erpresst zu werden, aber sie haben mich dennoch gebeten, dir einen Vorschlag zu unterbreiten. «
»Ich bin nicht derjenige, mit dem ihr zu verhandeln habt, Krieger. Jaenelle hat die Bedingungen gestellt, nicht ich.«
Schockiert sah Lord Magstrom ihn an. »Wir nahmen an …«
»Ihr habt euch getäuscht. Selbst ich habe nicht die Macht, dergleichen zu bewerkstelligen.«
Lord Magstrom schloss die Augen. Sein Atem ging zu schnell und zu flach. »Weißt du, wo sie ist?«
»Ich glaube, sie befindet sich im Schwarzen Askavi.«
»Weshalb sollte sie
Weitere Kostenlose Bücher