Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
dort hingegangen sein?«
»Es ist ihr Zuhause.«
»Mutter der Nacht«, flüsterte Magstrom. »Mutter der Nacht.« Er leerte das Brandyglas. »Meinst du, es wird uns möglich sein, sie zu sehen?«
»Ich weiß es nicht.« Es hatte keinen Zweck, Magstrom zu erzählen, dass er bereits versucht hatte, Jaenelle aufzusuchen, und dass ihm zum ersten Mal in seinem Leben höflich, aber bestimmt der Zutritt zum Bergfried verwehrt worden war.
»Würde sie mit uns sprechen?«
»Ich weiß es nicht.«
»Würdest … würdest du mit ihr sprechen?«
Einen Augenblick lang starrte Saetan Magstrom entgeistert an, dann durchflutete ihn kalte Wut. »Warum sollte ich das tun?«, fragte er eine Spur zu sanft.
»Um des Reiches willen.«
»Bastard!« Saetans Fingernägel hinterließen Kratzer auf dem Ebenholzschreibtisch. »Erst versucht ihr, mir meine Tochter wegzunehmen, und dann erwartet ihr von mir , dass ich die daraus entstandenen Probleme mit ihr aus der Welt schaffe? Habt ihr denn nichts von eurem letzten Besuch hier gelernt? Nein! Ihr habt euch entschieden, das Leben zu zerstören, das sie sich gerade wieder aufgebaut hatte, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, was ihr dem Mädchen damit antut. Ihr versucht, mir das Herz aus dem Leib zu reißen, doch sobald ihr feststellen müsst, dass ihr eure boshaften kleinen Spielchen nicht ungestraft spielen könnt, soll ich die Angelegenheit wieder in Ordnung bringen. Ihr habt mir die Vormundschaft entzogen. Wenn ihr die Sache beenden wollt, musst du zum Schwarzen Askavi gehen, Magstrom, und dich dem stellen, was dich dort erwartet.
Aber falls du dir nicht im Klaren darüber bist, mit wem du es zu tun hast, kann ich dir eines sagen: Hexe wartet dort auf dich. Hexe in all ihrer dunklen Herrlichkeit. Und die Lady ist verstimmt.«
Magstrom sackte mit einem Ächzen kraftlos in seinem Sessel zusammen.
»Verdammt.« Saetan atmete tief durch und bezähmte langsam seine Wut, während er seinem Gegenüber ein weiteres Glas Brandy eingoss, ein kleines Fläschchen von seinen Vorräten an Heilmitteln herbeirief und dem Brandy die nötige Dosis des stärkenden Pulvers beimischte. »Trink das hier. Es wird dir helfen«, sagte er, indem er Magstroms Kopf stützte.
Als Magstrom wieder zu sich gekommen war und ruhiger atmete, kehrte Saetan zu seinem eigenen Sessel zurück. Den Kopf in die Hände gestützt, starrte er auf die Kratzspuren, die seine Nägel auf dem Tisch hinterlassen hatten. »Ich werde ihr den Vorschlag des Rats so unterbreiten, wie ihr ihn formuliert, und euch ihre Antwort wortwörtlich überbringen. Zu mehr bin ich nicht bereit.«
»Wieso würdest du das tun? Nach allem, was du gesagt hast?«
»Das würdest du nicht verstehen«, gab Saetan barsch zurück.
Einen Augenblick lang herrschte Schweigen. »Ich glaube, ich muss es verstehen.«
Saetan fuhr sich durch das dichte, schwarze Haar und schloss die goldenen Augen. Er holte tief Luft. Wenn es umgekehrt wäre, würde er nicht auch auf einer Antwort beharren? »Ich stehe am Fenster und mache mir Sorgen um die Spatzen und Finken und all die anderen unschuldigen Wesen, die auf das Tageslicht angewiesen sind und nicht begreifen können, warum die Sonne nicht aufgeht. Ich berühre eine Blume in der Hoffnung, dass sie überlebt, und kann spüren, wie das Land von Stunde zu Stunde kälter wird. Ich mache diesen Gang nicht für den Rat oder gar für die Angehörigen des Blutes. Ich gehe, um für die Vögel und die Bäume Fürbitte einzulegen.« Er öffnete die Augen. »Verstehst du das?«
»Ja, Höllenfürst.« Lord Magstrom lächelte. »Glücklicherweise hat der Rat zugestimmt, mich die Bedingungen unseres Angebots aushandeln zu lassen. Wenn wir beide uns einigen können, wird es vielleicht auch der Lady zusagen.«
Es gelang Saetan nicht, das Lächeln des Kriegers zu erwidern. Die anderen hatten nie gesehen, wie Jaenelles Saphiraugen sich veränderten, wie sie vom Kind zur Königin wurde. Sie hatten Hexe nie gesehen. »Vielleicht.«
Er war dankbar gewesen, als Draca ihm gestattet hatte, den Bergfried zu betreten. Das Gefühl der Dankbarkeit verflüchtigte sich jedoch schnell wieder, als Jaenelle sich auf ihn stürzte, sobald er ihren Arbeitsraum betreten hatte.
»Verstehst du das?«, wollte sie wissen, indem sie ihm stürmisch ein Buch über die Kunst zuschob und auf einen Absatz deutete.
Während es innerlich in ihm brodelte, rief er seine halbmondförmige Brille herbei, setzte sie sich sorgfältig auf und las
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