Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
Vormund bekommt«, sagte Karla stockend, die Augen zu Schlitzen verengt.
»Ja«, flüsterte Saetan. Seine Beine würden jeden Moment unter ihm nachgeben. Er musste von hier fort, bevor das geschah.
»Sie müssen verrückt geworden sein«, entschied Gabrielle. »Was hat Jaenelle dazu gesagt?«
Saetan zwang sich, Karla und Gabrielle anzublicken. Es war das letzte Mal, das er sie sehen würde. Doch es gelang ihm nicht, ihnen zu antworten und die verdammenden Worte hervorzubringen.
Andulvar führte Saetan zu einem Sofa und drückte ihn sacht in die Polster. »Sie sagte, sie könnten am Morgen einen neuen Vormund ernennen.«
»Waren das ihre genauen Worte?«, fragte Gabrielle scharf.
»Welchen Unterschied macht das schon?«, gab Andulvar knurrend zurück. »Sie hat sich entschieden, von uns …«
»Verflucht noch mal«, schrie Karla. » Was hat sie genau gesagt? «
»Aufhören!«, rief Saetan. Er ertrug es nicht, dass sie miteinander stritten und die letzte gemeinsame Stunde im Zorn vergeudeten. »Ihre Worte waren…« Seine Stimme versagte. Obwohl er die Hände zwischen die Knie klemmte, hörten sie nicht zu zittern auf. »Sie sagte, sie könnten beim nächsten Sonnenaufgang einen neuen Vormund ernennen, außer sie revidierten ihre Entscheidung bis dahin.«
Die Stimmung in dem Raum änderte sich, leichtes Unbehagen mischte sich mit spürbarer Zustimmung und Gelassenheit. Verblüfft betrachtete Saetan die Mädchen.
Karla ließ sich neben ihn auf das Sofa fallen und umschlang einen seiner Arme. »Wir bleiben hier und warten gemeinsam mit dir.«
»Danke, aber ich wäre lieber allein.« Saetan versuchte sich zu erheben, fand jedoch Chaostis Blick, der unverwandt auf ihm ruhte, derart entmutigend, dass ihm die Beine versagten.
»Nein, das wärst du nicht«, sagte Gabrielle, indem sie sich an Andulvar vorbeidrückte, um sich ebenfalls neben Saetan auf dem Sofa niederzulassen.
»Ich möchte jetzt allein sein.« Vergeblich bemühte Saetan sich, jenes leise Donnergrollen in seine Stimme zu bringen.
Chaosti, Khary und Aaron bildeten zusammen mit den anderen jungen Männern eine Mauer vor ihm, während sich Morghann und der restliche Hexensabbat hinter dem Sofa aufbauten. Es gab kein Entrinnen.
»Wir werden nicht zulassen, dass du etwas Dummes anstellst, Saetan«, meinte Karla sanft. Ihre Lippen umspielte das gewohnte schalkhafte Lächeln. »Warte zumindest bis zum
nächsten Sonnenaufgang. Das würdest du nicht verpassen wollen.«
Saetan starrte sie an. Sie wusste, was er vorhatte. Niedergeschlagen schloss er die Augen. Heute, morgen, was machte es schon für einen Unterschied? Aber auf keinen Fall, während die Kinder noch hier waren. Das würde er ihnen nicht antun.
Zufrieden kuschelten Karla und Gabrielle sich an ihn, während die übrigen Mädchen auf die anderen Sofas zusteuerten.
Khary rieb sich die Hände. »Was haltet ihr davon, wenn ich Mrs. Beale bitte, uns Tee zu machen?«
»Sandwiches wären auch nicht schlecht«, fügte Aaron begeistert hinzu. »Und ihre Pasteten, wenn wir sie nicht schon alle aufgegessen haben. Ich begleite dich.«
*SaDiablo?*, wandte Andulvar sich mithilfe eines schwarzgrauen Speerfadens an ihn.
Saetan hielt weiterhin die Augen geschlossen. *Ich werde keine Dummheiten machen.*
Andulvar zögerte. *Ich gebe Mephis und Prothvar Bescheid.*
Kein Grund zu antworten. Es gab keine Antwort, die er hätte geben können. Wegen ihm hatten sie alle Jaenelle verloren. Würde ihr neuer Vormund die Wölfe und Einhörner bei sich aufnehmen? Die Dea al Mon, die Tigerlaner, Zentauren und Satyrn? Oder würde Jaenelle gezwungen sein, sich ab und an eine Stunde fortzustehlen und Zeit mit ihren Freunden zu verbringen, wie sie es als Kind getan hatte?
Während die Stunden verstrichen, und die Kinder in Sesseln oder auf dem Boden um ihn her dösten, verdrängte er seinen Kummer. Er würde seine letzten Stunden mit ihnen genießen, den warmen Druck, den Karlas und Gabrielles Kopf auf seine Schultern ausübten. Es würde noch genug Zeit geben, um sich seinen Seelenqualen zu stellen … nach Sonnenaufgang.
»Wach auf, SaDiablo.«
Saetan konnte zwar die Dringlichkeit in Andulvars Stimme
hören, wollte aber nicht reagieren und den Schleier des Schlafes zerreißen, der ihm ein wenig Trost gespendet hatte.
»Verdammt noch mal, Saetan«, zischte Andulvar. »Wach endlich auf!«
Widerwillig öffnete Saetan die Augen. Zuerst war er dankbar, dass Andulvar vor ihm stand und ihm die Sicht auf die Fenster und
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