Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
eyrischer Krieger.«
Unruhig ging Luthvian in der Küche umher, griff nach dem Messer und steckte es in den Messerblock zurück. »Wenn du an einem Ort aufgewachsen wärst, an dem man lernen kann, ein anständiger Mann zu sein anstatt eines primitiven Kerls …« Sie wischte sich die Hände an den Hüften ab. »Doch wie alle anderen bist du in den Jagdlagern aufgewachsen. Ja,
selbst ohne deine Flügel wärst du immer noch ein eyrischer Krieger. Es ist zu spät dafür, dass du irgendetwas anderes sein könntest.«
Das bittere Leid in ihrer Stimme blieb ihm nicht verborgen. Er vernahm all das, was ungesagt blieb. »Wenn du derart heftig empfunden hast, warum hast du dann nichts dagegen unternommen? « Obgleich ihm das Herz wild in der Brust hämmerte, zwang er sich dazu, ruhig zu sprechen.
Während sie ihn betrachtete, ließ sich ein Wechsel der Gefühle in ihren Augen ablesen: Resignation, Sorge, Angst. Sie zog einen Stuhl heran und setzte sich. »Ich konnte nicht anders, Lucivar«, meinte sie flehend. »Es war ein Fehler, dich Prythian zu übergeben, doch damals dachte ich, es sei die einzige Möglichkeit, dich zu verstecken vor …«
… ihm .
Sie berührte seine Hand, um gleich darauf zurückzuzucken, als habe sie sich verbrannt. »Ich wollte dich in Sicherheit bringen. Sie versprach mir, dass du sicher sein würdest«, fügte sie düster hinzu. Dann legte sie neuen Enthusiasmus in ihre Stimme. »Aber nun bist du hier, und wir können zusammen sein!« Mit einer Handbewegung brachte sie ihn zum Schweigen, bevor er etwas sagen konnte. »Oh, ich weiß von dem Einwanderungsgesetz, aber ich bin nun schon lange genug hier, um als kaeleerianische Hexe zu gelten. Die Arbeit wäre nicht anstrengend, und du hättest genug Zeit, um dich im Freien aufzuhalten. Ich weiß, dass du das magst.« Ihr Lächeln war eine Spur zu heiter. »Du müsstest nicht einmal im Haus wohnen. Wir könnten eine kleine Hütte in der Nähe bauen, damit du deine Ruhe hast.«
Seine Ruhe vor was?, fragte er sich kalt. Da öffnete sich die Tür, die in den Korridor führte. Mit einem Mal fühlte er sich wie ein Tier in einem Käfig.
»Was willst du, Roxie?«, meinte Luthvian unwirsch.
Roxie starrte ihn an, die Lippen zu einem Schmollmund verzogen. »Wer bist du?«, wollte sie wissen, während sie ihn begierig mit den Augen verschlang.
»Das geht dich nichts an«, fuhr Luthvian nervös dazwischen.
»Geh zurück zu deinem Unterricht, und zwar auf der Stelle.«
Roxie lächelte ihn an. Mit dem Finger strich sie den tiefen Ausschnitt ihres Kleides entlang. Der Anblick brachte sein Blut in Wallung, doch auf andere Art, als sie dachte.
Lucivar ballte die Hände zu Fäusten. Diesen Blick hatte er im Laufe der Jahrhunderte schon von vielen Gesichtern geprügelt. In seiner Stimme schwang Kampfeslust mit, als er leise und beherrscht sagte: »Bring die Schlampe hier heraus, bevor ich ihr das Genick breche.«
Entsetzt riss Roxie die Augen auf.
Luthvian sprang von ihrem Stuhl auf, schob Roxie gewaltsam aus der Küche und schlug die Tür hinter dem Mädchen zu.
Ein leichtes Schaudern durchlief ihn. »Tja, nun weiß ich, weswegen ich hier meine Ruhe brauchen würde. Meine Anwesenheit wäre förderlich für deine Schule, nicht wahr? Deine Schülerinnen hätten Zugriff auf einen starken Kriegerprinzen, und du könntest besorgten Eltern eine sichere Jungfrauennacht für ihre Töchter garantieren. Ich würde selbstverständlich nicht wagen, gegen deine Anordnungen zu verstoßen, denn ich muss der Hexe, die mich aufnimmt, zu ihrer Zufriedenheit dienen.«
»So wäre es nicht«, beteuerte Luthvian, die sich an einer Stuhllehne festklammerte. »Du würdest ebenfalls davon profitieren. Beim Feuer der Hölle, Lucivar, du bist ein Kriegerprinz. Du benötigst sexuelle Befriedigung, allein schon um deine Wut im Zaum zu halten.«
»Das habe ich noch nie zuvor benötigt«, knurrte er, »und ich brauche es auch jetzt nicht. Meine Wut kann ich ganz gut selbst bändigen – sofern ich es will.«
»Demnach willst du es nicht sehr oft!«
»Nein, besonders dann nicht, wenn man mich in ein Bett zwingen möchte.«
Luthvian schleuderte den Stuhl gegen den Tisch. Sie entblößte die Zähne. »Zwingen! Ach ja, es ist schließlich solch eine schwere Aufgabe, ein wenig Genuss zu bereiten, nicht wahr? Zwingen! Du klingst genau wie …«
… dein Vater.
Er hatte schon früher ihren Zorn ertragen und ihren Wutausbrüchen standgehalten. Immer hatte er versucht, verständnisvoll
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