Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
automatisch nach der Quelle für Rauchs Unbehagen ab. Vogelgezwitscher. Ein Eichhörnchen, das durch die Äste über ihren Köpfen kletterte. Die gewohnten Waldgeräusche. Nur die gewohnten Geräusche.
Sein Herz hämmerte wild, als er und Rauch auf die kleine Lichtung zuliefen.
Die Hütte war nur mehr ein Haufen Sägespäne. Ein paar Meter davon entfernt saß Jaenelle mit gesenktem Kopf auf dem Boden. In den Händen hielt sie immer noch den Vorschlaghammer.
Behutsam näherte sich Lucivar und ging neben ihr in die Hocke. »Katze?«
Tränen rannen ihr das Gesicht hinab. Blut tropfte aus einer Wunde über ihr Kinn. Sie musste sich in die Unterlippe gebissen haben. Sie japste nach Atem und erschauderte. »Ich bin so müde, Lucivar. Aber es packt mich und …«
Ihre Muskeln verkrampften sich, bis sie vor Anspannung am ganzen Leib zitterte. Sie bog den Rücken, und die Sehnen an ihrem Hals traten hervor. Durch zusammengebissene Zähne sog sie die Luft ein. Der Griff des Hammers brach zwischen ihren Händen entzwei.
Lucivar wartete ab, da er es nicht wagte, sie zu berühren, während ihre Muskeln zum Zerreißen angespannt waren. Es dauerte höchstens ein paar Minuten. Allerdings fühlte es sich
wie Stunden an. Als es endlich vorüber war, sackte sie zusammen und fing so heftig zu weinen an, dass er das Gefühl hatte, als ob sein Herz zerreißen würde.
Sie wehrte sich nicht, als er sie in den Arm nahm. Also hielt er sie, wiegte sie und ließ sie sich ausweinen.
Er konnte spüren, wie die sexuelle Anspannung zunahm, sobald sie zu weinen aufgehört hatte, doch er hielt Jaenelle weiter fest. Wenn er sich nicht täuschte, hatte sie nun das Schlimmste überstanden.
Nach etlichen Minuten wich der Druck so weit von ihr, dass sie ihren Kopf an seine Schulter lehnen konnte. »Lucivar? «
»Hmm?«
»Ich habe Hunger.«
Sein Herz jubilierte. »Dann werde ich dir etwas zu essen besorgen.«
*Feuer?*
Jaenelles Kopf fuhr in die Höhe. Sie starrte den Wolf an, der am Rand der Lichtung stand. »Warum will er ein Feuer machen?«
»Woher im Namen der Dunkelheit soll ich wissen, warum er eines will? Aber wenn wir eines hätten, könnte ich uns einen Kaffee mit einem Schuss Whiskey machen.«
Jaenelle dachte eine Weile über seine Worte nach. »Du machst guten Kaffee.«
Da Lucivar davon ausging, dass es sich bei ihrer Bemerkung um eine Zustimmung handelte, führte er Jaenelle auf die andere Seite der Lichtung. Unterdessen machte sich Rauch daran, die Trümmer nach Holzstücken abzusuchen, die groß genug waren, um als Brennholz zu dienen.
Lucivar rief den Proviantbeutel, die Reiseflasche und den Schlafsack herbei, die er an einem Bach in der Nähe zurückgelassen hatte. Jaenelle wanderte von einem Ende der Lichtung zum anderen, wobei sie an dem belegten Brot knabberte, das er ihr gegeben hatte. Er behielt sie wachsam im Auge, während er sich um die Feuerstelle kümmerte, den Rest der Ausrüstung herbeirief und ein Lager aufschlug. Sie wirkte
ruhelos, aber nicht getrieben, was gut war, da das Licht und die Wärme des Tages rasch im Schwinden begriffen waren.
Als der Kaffee fertig war, den er mit einem Schuss Whiskey angereichert hatte, lag Jaenelle bereits zitternd in ihrem Schlafsack und griff begierig nach der Tasse, die er ihr reichte. Er schlug ihr nicht vor, sich wärmer anzuziehen. Solange sie die Feuerstelle als einzige Wärmequelle ansah, würde sie sich bis zum Morgen nur ungern davon entfernen.
Während er den Proviantbeutel nach etwas anderem durchsuchte, das er ihr anbieten konnte, drang ein leises Schnarchen an seine Ohren.
Nach über zwei Tagen, in deren Verlauf sie unerbittlich unterwegs gewesen war, schlief Jaenelle endlich.
Lucivar schloss ihren Schlafsack und belegte ihn mit einem Wärmezauber, damit sie nicht fror, wenn die Temperaturen im Laufe der Nacht weiter absanken. Dann nahm er die Kaffeekanne vom Feuer und legte Holz nach. Nachdem er sich die Stiefel ausgezogen hatte, machte er es sich selbst in seinem Schlafsack gemütlich.
Er sollte einen Schutzschild um das Lager legen, obwohl er bezweifelte, dass die kargen Proviantreste ein Raubtier derart verlocken könnten, dass es Mensch und Wolf herausfordert. Doch sie befanden sich an der nördlichen Grenze von Ebon Rih in unbehaglicher Nähe zum Gebiet der Jhinka. Das Letzte, was Jaenelle in ihrer jetzigen Verfassung brauchte, war ein Überraschungsangriff von einer Bande Jhinkajäger.
6Hölle
S aetan hatte sich mit der Störung abgefunden, ließ sich
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