Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
in einem der Sessel vor dem Kamin nieder und goss zwei Gläser Yarbarah ein. Er hatte sich entschlossen, etwas Zeit in seinem privaten Arbeitszimmer unter der Burg zu verbringen, da er sich nicht länger um verängstigte, lautstark protestierende Geister hatte kümmern wollen – nicht nach den vergangenen
vierundzwanzig Stunden. Doch kein Mann, selbst wenn er ein Kriegerprinz mit schwarzen Juwelen und noch dazu der Höllenfürst war, verweigerte einer Königin der Dea al Mon eine Audienz – besonders dann nicht, wenn es sich obendrein um eine dämonentote Harpyie handelte.
»Was kann ich für dich tun, Titian?«, erkundigte sich Saetan höflich, indem er ihr ein Glas Blutwein reichte.
Titian nahm das Glas entgegen und nippte zierlich daran. Die ganze Zeit über hielten ihre blauen Augen dem unverwandten Blick seiner goldenen stand. »Du hast die Bewohner der Hölle sehr unruhig gemacht. Zum ersten Mal in all den Jahrhunderten, die du nun schon Höllenfürst bist, hast du das Dunkle Reich gereinigt.«
»Ich herrsche in der Hölle, also kann ich hier tun und lassen, was ich will«, entgegnete Saetan sanft. Selbst einem Narren wäre der warnende Unterton nicht entgangen.
Titian steckte sich das lange, silberne Haar hinter die spitzen Ohren und ignorierte die Warnung: »Was du willst oder was du musst ? Wer darauf achtete, dem ist nicht entgangen, dass dieser Säuberungsaktion nur die Gefolgsleute der Dunklen Priesterin zum Opfer fielen.«
»Tatsächlich?« Er sprach mit höflichem Interesse. In Wirklichkeit empfand er Erleichterung, dass man die Verbindung gesehen hatte. Zum einen würden sich die übrigen Dämonentoten beruhigen, sobald sie erkannten, dass nur Hekatahs Anhänger vorzeitig ihrem endgültigen Tod entgegengetrieben wurden. Außerdem würde es sich jeder, der Hekatah in Zukunft die Treue schwören wollte, angesichts des hohen Preises zweimal überlegen. »Da dich die Angelegenheit nicht persönlich betrifft, begreife ich nicht ganz, weshalb du mich aufsuchst.«
»Ein paar sind dir entgangen. Ich dachte, das solltest du wissen.«
Rasch verbarg Saetan seine Bestürzung. Titian sah ohnehin immer zu viel. »Du wirst mir die Namen nennen.« Es war keine Frage.
Titian lächelte. »Das wird nicht nötig sein. Die Harpyien
haben sich für dich um die Betreffenden gekümmert.« Sie zögerte einen Moment. »Was ist mit der Dunklen Priesterin?«
Mit zusammengebissenen Zähnen starrte Saetan in die Flammen im Kamin. »Ich konnte sie nicht finden. Hekatah ist sehr gut im Versteckspielen.«
»Hättest du ihre Rückkehr in die Dunkelheit beschleunigt, wenn du sie gefunden hättest? Hättest du sie in den endgültigen Tod geschickt?«
Saetan schleuderte sein Glas in den Kamin, was er jedoch augenblicklich bereute, als das Feuer zischte und sich der Geruch heißen Blutes über das Zimmer legte.
Diese Frage hatte er sich gestellt, seitdem er die Entscheidung getroffen hatte, sämtliche Unterstützung auszuschalten, die Hekatah unter den Dämonentoten genoss. Hätte er sie ungerührt ausbluten lassen können, bis sie in die Dunkelheit einging, wenn er sie gefunden hätte? Oder hätte er gezögert, wie er es schon so viele Male zuvor getan hatte, weil Jahrhunderte der Abscheu und des Misstrauens nicht die einfache Tatsache aus der Welt schaffen konnten, dass sie ihm zwei seiner Söhne geschenkt hatte? Drei, wenn er sich eingestand … doch er zählte jenes Kind nicht mit, konnte es nicht mitzählen; ebenso wenig wie er sich je wirklich eingestanden hatte, wer damals das Messer geführt hatte.
Er zuckte zusammen, als Titian ihm über die Hand strich.
»Hier.« Sie reichte ihm ein neues Glas mit erwärmtem Yarbarah. Dann lehnte sie sich wieder in ihrem Sessel zurück und fuhr den Rand ihres eigenen Glases mit einem Finger nach. »Du bringst nicht gerne Frauen um, nicht wahr?«
Saetan trank den Blutwein in kräftigen Zügen. »Nein.«
»Das dachte ich mir. Du bist viel sauberer und sanfter mit ihnen verfahren als mit den Männern.«
»Vielleicht gemessen an deinen Maßstäben.« Gemessen an seinen eigenen war er brutal genug vorgegangen. Er zuckte die Schultern. »Wir sind die Söhne unserer Mütter.«
»Das lässt sich schwerlich leugnen.« Sie klang ernst, sah aber belustigt aus.
Saetan ließ unbehaglich die Schultern kreisen, wurde jedoch
das unangenehme Gefühl nicht los, dass sie ihm eben eine Schlinge um den Hals gelegt hatte. »Es ist eine meiner Lieblingstheorien, was den Umstand betrifft, dass es
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