Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
sie fest auf die Oberschenkel. Außerdem gab er sich Mühe, Lucivars leises Gelächter zu ignorieren sowie die Tatsache, dass am Zaumzeug von Sonnentänzer durchaus Zügel angebracht waren!
Zum Verdruss der Menschen hatten die verwandten Wesen beim Reiten auf der Verwendung von Zügeln bestanden, da Menschen darauf angewiesen waren, wenn die Tiere galoppierten oder sprangen. Nach dem ersten Schock vor drei Jahren, als die Einwohner von Scelt erfahren hatten, wie viele Gattungen des Blutes auf ihrer Insel lebten, hatten die Menschen ihre verwandten Brüder und Schwestern glücklicherweise mit offenen Armen willkommen geheißen.
»Halten wir nicht vor dem Haus von Morghann und Khary?«, wollte Jaenelle wissen. Sie musste ihren breitkrempigen Strohhut mit der Hand festhalten, damit er ihr nicht vom Kopf geweht wurde.
»Sie wollten uns etwas zeigen und haben einen anderen Treffpunkt mit uns ausgemacht«, erklärte Lucivar. »Sonnentänzer und ich reiten schon einmal vor, um zu sehen, ob sie auf uns warten.« Der Eyrier und der Hengst, beides Kriegerprinzen, galoppierten querfeldein.
Narzissus gab ein wehmütiges Geräusch von sich, trabte
jedoch weiter die Straße entlang. Ein paar Minuten später bog er anmutig in eine lange, von Bäumen gesäumte Auffahrt ein.
Jaenelles Augen leuchteten auf. »Wir fahren zu Duanas Landhaus? Oh, das ist solch ein zauberhaftes Anwesen! Khary erwähnte, jemand habe es gepachtet und würde es wohl wieder instand setzen.«
Saetan stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Khary wusste schon, wie man Jaenelles Neugier weckte, ohne zu viel zu verraten.
Sechs Monate hatte sie gebraucht, um zu genesen, nachdem sie Daemon vor zwei Jahren aus dem Verzerrten Reich zu retten versucht hatte. Die ersten beiden Monate hatte sie im Bergfried verbracht, da sie zu schwach gewesen war, um an einen anderen Ort gebracht zu werden. Nachdem Lucivar und er sie zurück auf die Burg geholt hatten, hatte es vier Monate gedauert, bis sie wieder zu Kräften gekommen war. In dieser Zeit waren ihre Freunde ein weiteres Mal auf die Burg gezogen, nachdem sie den Dienst an ihren Höfen bis auf weiteres niedergelegt hatten, um ganz bei ihr sein zu können. Jaenelle hatte die Gegenwart des Hexensabbats begrüßt, hatte sich jedoch davor gescheut, den Jungen unter die Augen zu treten – das erste Anzeichen weiblicher Eitelkeit, das sie je an den Tag gelegt hatte.
Ihre Weigerung, sie zu sehen, hatte die Jungen verwirrt, doch sie hatten schon bald begonnen, sich aus der Ferne nützlich zu machen, indem sie ihre Energien darauf verwandten, sich um den Hexensabbat zu kümmern. Während jener Zeit war unter den wachsamen, aber gut verborgenen Blicken des Höllenfürsten aus einigen Freundschaften Liebe geworden: Morghann und Khardeen, Gabrielle und Chaosti, Grezande und Elan, Kalush und Aaron. Er hatte die Mädchen beobachtet und sich insgeheim gefragt, ob Jaenelles Augen jemals derart wegen eines Mannes glänzen würden. Selbst wenn es sich bei diesem Mann um Daemon Sadi handelte.
Als Daemon und Surreal nicht im Bergfried von Terreille
eingetroffen waren, hatte er versucht, sie ausfindig zu machen. Allerdings hatte er seine Bemühungen nach ein paar Wochen wieder eingestellt, da es Anzeichen gab, dass er nicht der Einzige war, der nach den beiden suchte. Er hatte entschieden, dass es besser sei, die eigene Suche erfolglos abzubrechen, als womöglich einen Feind zum Versteck seines schutzbedürftigen Sohnes zu führen. Abgesehen davon war Surreal Titians Tochter. Auf welchen Unterschlupf ihre Wahl auch immer gefallen sein mochte, sie hatte ihre Spuren gut verwischt.
Es gab noch einen anderen Grund, weshalb er kein Aufhebens machen wollte: Hekatah hatte sich bislang nicht wieder im Dunklen Reich blicken lassen. Er vermutete, dass sie sich irgendwo in Hayll verborgen hielt. Solange sie dort blieb, konnten sie und Dorothea von ihm aus verrotten; doch es würde ihr auffallen, wenn er sich erneut für Terreille interessierte, und sie würde mit allen Mitteln herauszufinden suchen, worin sein Interesse begründet lag.
»Lucivar und Sonnentänzer waren um einiges schneller als wir«, stellte Jaenelle fest, als sie vor dem herrschaftlichen Sandsteingebäude vorfuhren.
Narzissus stieß ein verächtliches Schnauben aus.
»Unsinn«, erwiderte Saetan finster, während er Jaenelle aus dem Einspänner half. »Mit Wagen kann man eben nicht über Zäune setzen.«
»Jedenfalls dann nicht, wenn der Passagier nicht weiß, dass er
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