Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
Hekatah ihm zu. »Und nun ist es an der Zeit, den zweiten Teil unseres Plans in die Tat umzusetzen. Denn es gibt etliche neue Ratsmitglieder, die ihre Ernennung deiner Unterstützung zu verdanken haben und die nicht in Schwierigkeiten geraten wollen, bloß weil sie bei einer Abstimmung nicht auf deinen weisen Rat hören.«
»Und der zweite Teil des Plans wäre?« Jorval wünschte, sie würde jenen Umhang mit der bis tief ins Gesicht gezogenen Kapuze ablegen. Schließlich war es nicht das erste Mal, dass er sie zu Gesicht bekam. Und warum hatte sie es vorgezogen,
sich mit ihm in einer schäbigen kleinen Spelunke im Elendsviertel von Goth zu treffen?
»Kleinterreilles Einfluss im Schattenreich auszuweiten. Du musst den Rat davon überzeugen, dass er bei den Anforderungen, was die Einwanderung betrifft, weniger streng vorgehen soll. Es gibt hier schon etliche adelige Angehörige des Blutes. Ihr müsst auch Blutleute von niedrigerem Stand einwandern lassen: Arbeiter, Handwerker, schlichtere Hexen, Dienstboten, Krieger mit helleren Juwelen. Hört auf, bei der Einreise danach zu fragen, wer es sich leisten kann, die Bestechungsgelder zu zahlen, und wer nicht.«
»Wenn die terreilleanischen Königinnen und männlichen Aristokraten Dienstboten möchten, sollen sie doch Landen einstellen«, meinte Jorval pikiert. Sie wusste ganz genau, dass die Bestechungsgelder für etliche Adelige des Blutes in Goth, der Hauptstadt von Kleinterreille, zu einer wichtigen Einnahmequelle geworden waren.
»Landen sind nichts weiter als Dämonenfutter«, fuhr Hekatah ihn ungehalten an. »Landen verfügen über keinerlei Magie. Sie sind nicht in der Kunst bewandert. Insgesamt sind Landen ungefähr so nützlich wie Jhin-…« Sie brach ab und zog sich die Kapuze weiter ins Gesicht. »Erlaubt auch terreilleanischen Landen einzuwandern. Versprecht ihnen Privilegien und Grundbesitz, nachdem sie ihren Dienst abgeleistet haben. Aber holt vor allem auch die Angehörigen des Blutes von niedrigerem Stand aus Terreille.«
Jorval breitete die Hände aus. »Und was sollen wir mit all diesen Einwanderern anfangen? Bei den halbjährlichen Einwanderungsbasaren suchen sich die anderen Territorien zusammengerechnet höchstens ein paar Dutzend Leute aus, wenn überhaupt. Die Höfe in Kleinterreille quellen bereits über, und man beschwert sich über die terreilleanischen Adeligen, die permanent herumjammern, weil sie in den niedrigeren Kreisen dienen müssen und nicht wie erwartet über eigenes Land verfügen, das sie beherrschen können. Und keiner derjenigen, die schon hier sind, hat bisher seine Einwanderungsauflagen erfüllt.«
»Sie werden eigenes Land bekommen, denn sie werden im Namen der Königinnen, denen sie dienen, kleine neue Territorien schaffen. Das wird den Einfluss stärken, den die Königinnen aus Kleinterreille in Kaeleer haben, und ihnen außerdem zusätzliche Einnahmen verschaffen. Manche Landstriche verfügen über geradezu obszöne Vorräte an Bodenschätzen. In ein paar Jahren werden die Königinnen aus Kleinterreille die stärkste Kraft im ganzen Reich sein, und die übrigen Territorien werden sich ihrer Herrschaft unterwerfen müssen.«
»Von welchem Land sprichst du?« Es gelang Jorval nicht, seinen Zorn zu verhehlen.
»Das herrenlose Land, auf das noch kein Anspruch erhoben wurde«, versetzte Hekatah scharf. Sie rief eine Karte von Kaeleer herbei, entrollte sie und sorgte mithilfe der Kunst dafür, dass sie flach auf dem Tisch liegen blieb. Mit einem ihrer knochigen Finger fuhr sie über große Flächen der Landkarte.
»Das ist kein herrenloses Land, auf das bisher kein Anspruch erhoben wurde«, widersprach Jorval. »Das sind die nicht zugänglichen, gesperrten Territorien. Die so genannten verwandten Territorien.«
»Genau, Lord Jorval.« Hekatah tippte mit dem Finger auf die Landkarte. »Die so genannten verwandten Territorien.«
Jorval betrachtete die Karte und setzte sich aufrecht hin. »Aber die verwandten Wesen sollen doch Angehörige des Blutes sein!«
»Sollen sie das?«, entgegnete Hekatah mit giftiger Süße in der Stimme.
»Und was ist mit den Territorien der Menschen wie Dharo und Nharkhava und Scelt? Die dortigen Königinnen könnten im Namen der verwandten Wesen Einspruch erheben.«
»Das können sie nicht, da ihre Länder nicht betroffen sind. Laut Gesetz des Blutes dürfen sich Königinnen, die einem Territorium vorstehen, nicht in Angelegenheiten einmischen, die außerhalb ihrer Landesgrenzen
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