Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
irgendetwas zwischen ihre Beine zu schieben! «
»Was?«
Karla drehte Morton den Rücken zu. Beim Feuer der Hölle und der Mutter der Nacht, möge die Dunkelheit Erbarmen haben! Das war ihr nur so herausgerutscht.
»Hast du dir deshalb die Haare so kurz schneiden lassen, als Onkel Hobart darauf bestand, dass du wieder auf dem Familienanwesen leben sollst? Und deine Kleider? Hast du sie deswegen alle verbrannt und stattdessen angefangen, meine alten Sachen zu tragen?« Morton packte Karla am Arm und zwang sie, ihn anzusehen. »Ist das der Grund?«
Tränen stiegen ihr in die Augen. »Eine zerbrochene Hexe
ist eine gefügige Hexe«, flüsterte sie. »Ist es nicht so, Morton? «
Morton schüttelte den Kopf. »Du trägst von Geburt an Saphir. Es gibt keinen einzigen Mann in Glacia, der ein dunkleres Juwel als Grün trägt.«
»Ein Mann des Blutes kann die Stärke einer Hexe umgehen, wenn er den richtigen Augenblick abpasst und Hilfe hat.«
Wutentbrannt fluchte Morton vor sich hin.
»Und wenn das der Grund ist, weswegen Jaenelle nicht mehr zu Besuch kommt? Wenn er ihr das angetan hat, was Onkel Hobart mir antun will?«
Morton wich einen Schritt von ihr zurück. »Es überrascht mich, dass du es überhaupt erträgst, mich in deiner Nähe zu haben.«
Sie konnte an seinen Augen sehen, welche Wunden die Wahrheit in sein Herz geschlagen hatte. An der Wahrheit ließ sich nichts mehr ändern, doch gegen die Wunden konnte sie etwas tun. »Du gehörst zur Familie.«
»Ich bin ein Mann .«
»Du bist Morton. Die Ausnahme von der Regel.«
Nach kurzem Zögern breitete Morton die Arme aus. »Wie wär’s mit einer Umarmung?«
Karla trat auf ihn zu und hielt ihn genauso heftig umklammert wie er sie.
»Hör zu«, stieß er heiser hervor. »Schreib dem Höllenfürsten und frag ihn, ob Jaenelle zu Besuch kommen kann. Besteh darauf, dass er umgehend antwortet.«
»Der alte Widerling wird es mir nie gestatten, einen Boten nach Burg SaDiablo zu schicken«, murmelte Karla an seiner Schulter.
»Onkel Hobart wird nichts erfahren.« Morton holte tief Luft. »Ich werde den Brief persönlich überbringen und auf eine Antwort warten.«
Bevor Morton Karla sein Taschentuch anbieten konnte, war sie einen Schritt zurückgetreten und hatte sich die Tränen an ihrem Hemdsärmel abgewischt. Ein letztes Schniefen, und der Gefühlsausbruch war vorbei.
»Karla, du wirst doch einen höflichen Brief schreiben, oder?« Morton beäugte sie nervös.
»So höflich, wie es mir möglich ist«, versicherte Karla.
Morton stöhnte auf.
Oh ja. Sie würde dem Höllenfürsten schreiben. Und auf die eine oder andere Art würde sie die Antwort erhalten, die sie so dringend benötigte.
Bitte, süße Dunkelheit, bitte sei wieder meine Freundin. Ich vermisse dich. Ich brauche dich. Mithilfe der Kraft ihres Juwels schleuderte Karla ein einzelnes Wort in die Dunkelheit: *Jaenelle!*
»Karla?« Morton berührte sie am Arm. »Das Festessen fängt gleich an. Wir müssen dort erscheinen, selbst wenn es nur für kurze Zeit ist.«
Das Mädchen erstarrte, wagte nicht einmal zu atmen. *Jaenelle?*
Sekunden verstrichen.
»Karla?«, fragte Morton.
Sie holte tief Luft und atmete ihre Enttäuschung in einem langen Atemzug aus. Dann ergriff sie Mortons dargebotenen Arm, und gemeinsam kehrten sie in den Bankettsaal zurück.
Den restlichen Abend blieb er in ihrer Nähe, und sie war dankbar für seine Gesellschaft. Doch sie hätte seinen ganzen liebevollen Schutz ohne Zögern hingegeben, wenn jene schwache, aber doch so unendlich dunkle mentale Berührung, die sie sich eingebildet hatte, Wirklichkeit gewesen wäre.
2Kaeleer
A ls sich Andulvar Yaslana in dem Sessel vor dem Ebenholzschreibtisch in Saetans öffentlichem Arbeitszimmer niederließ, blickte der Höllenfürst von dem Brief auf, den er die letzte halbe Stunde angestarrt hatte. »Lies das hier.« Er reichte Andulvar das Schreiben.
Während Andulvar den Brief las, betrachtete Saetan verdrossen die verschiedenen Papierstapel auf dem Schreibtisch. Es war Monate her, seitdem er die Burg das letzte Mal betreten hatte, und noch länger, seit er den Königinnen, die in den Provinzen und Bezirken des Territoriums herrschten, eine Audienz gewährt hatte. Sein ältester Sohn Mephis hatte sich – wie er es schon seit Jahrhunderten zu tun pflegte – um die offiziellen Angelegenheiten in Dhemlan gekümmert, soweit es in seiner Macht stand. Die ganze restliche Arbeit jedoch …
»Blutsaugende Leiche?« , stieß
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