Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
sich und zeigte ihm den Dunklen Altar.
Blut. So viel Blut.
… bediente er sich eines anderen Mannes …
Die Welt zerbarst in tausend Stücke.
Du bist mein Instrument.
Sein Geist explodierte.
… zerstörte sie vollständig.
Unter unerträglichen Qualen schrie er und floh durch den Nebel, durch eine Landschaft, die voller Blut und mit zersplitterten Kristallkelchen angefüllt war.
Worte lügen. Blut nicht.
Wieder schrie er auf und taumelte in die verlorene innere Landschaft, die bei den Landen Wahnsinn hieß und bei den Angehörigen des Blutes das Verzerrte Reich.
Zweiter Teil
Kapitel 3
1Kaeleer
K arla, eine fünfzehnjährige Königin aus Glacia, stieß ihren Cousin Morton in die Seite. »Wer ist das?«
Morton blickte kurz in die Richtung, in die Karlas vorgerecktes Kinn wies, doch dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder den jungen Kriegern zu, die sich soeben am anderen Ende des Bankettsaals versammelten. »Das ist Onkel Hobarts neue Geliebte.«
Die eisblauen Augen zu Schlitzen verengt, musterte Karla die junge Hexe. »Sie sieht nicht viel älter als ich aus.«
»Ist sie auch nicht«, erwiderte Morton grimmig.
Karla hakte sich bei ihrem Cousin ein und fand Trost in seiner Nähe.
Die Gesellschaft von Glacia hatte sich nach dem angeblichen Unfall verändert, bei dem ihre und auch Mortons Eltern vor sechs Jahren umgekommen waren. Eine Gruppe von Aristokraten hatte umgehend ›zum Wohle des Territoriums‹ einen ausschließlich aus Männern bestehenden Rat gegründet – an dessen Spitze Hobart stand, ein Krieger, der ein gelbes Juwel trug und überdies ein entfernter Verwandter von Karlas Vater war.
Sämtliche Königinnen der einzelnen Provinzen hatten sich dagegen gewehrt, zur Galionsfigur dieses Rats gemacht zu werden. Gleichzeitig hatten sie sich geweigert, die Königin aus einem kleinen Dorf anzuerkennen, die der Rat schließlich zur Herrscherin des Territoriums gewählt hatte. Das Verhalten der Königinnen hatte Glacias Einheit zerstört, aber auch dafür gesorgt, dass der männlich besetzte Rat nicht zu mächtig werden und allzu radikale gesellschaftliche ›Reformen‹ in Glacia vornehmen konnte.
Dennoch herrschte nun, sechs Jahre später, eine angespannte Atmosphäre, so als liefe in dem Territorium etwas Grundlegendes falsch.
Karla hatte keinen großen Freundeskreis. Sie war eine scharfzüngige, temperamentvolle Königin, deren Geburtsjuwel der Saphir war. Außerdem war sie von Natur aus eine Schwarze Witwe und Heilerin. Doch da Lord Hobart jetzt das Familienoberhaupt war, musste sie einen Großteil ihrer Freizeit mit den Töchtern anderer Ratsmitglieder verbringen – und die Reden, die diese Mädchen im Munde führten, waren einfach obszön: Ehrbare Hexen hatten sich den klügeren, kenntnisreicheren Männern zu fügen; Männer des Blutes stellten das stärkere Geschlecht dar und sollten deshalb keiner Königin dienen oder sich deren Wünschen fügen müssen; Königinnen und Schwarze Witwen, die über Männer herrschen wollten, taten dies nur aus einem einzigen Grund – weil sie sexuell und emotional nicht in der Lage waren, echte Frauen zu sein.
Obszön. Und furchterregend.
In jüngeren Jahren hatte sie sich gefragt, weshalb die Königinnen der Provinzen und die Schwarzen Witwen sich mit einem Patt zufrieden gaben, anstatt für ihre Rechte zu kämpfen.
Glacia ist in einem kalten, dunklen Winter gefangen, hatten die Schwarzen Witwen ihr erklärt. Wir müssen tun, was in unserer Macht steht, um stark zu bleiben, bis der Frühling wiederkehrt.
Doch waren sie in der Lage, noch weitere fünf Jahre durchzuhalten, bis Karla endlich volljährig sein würde? War sie es? Der Tod ihrer Mutter und ihrer Tante war kein Unfall gewesen. Jemand hatte die stärksten Königinnen aus dem Weg geräumt, um das Territorium seines Schutzes zu berauben … Doch vor wem hatten die Schwarzen Witwen Glacia beschützt?
Jaenelle hätte es ihr sagen können, doch Jaenelle …
Karla schluckte die bittere Wut hinunter, die in letzter Zeit viel zu oft in ihr brodelte. Anstatt sich weiter ihren Gedanken
und Erinnerungen hinzugeben, betrachtete sie Hobarts Geliebte. Kurz darauf versetzte sie Morton erneut einen Rippenstoß.
»Hör auf!«, fuhr er sie an.
Doch Karla achtete nicht auf seinen Einwand. »Warum trägt sie hier drinnen einen Pelzmantel?«
»Das war Onkel Hobarts Geschenk zur ersten Nacht.«
Die junge Königin fuhr sich durch ihr kurzes, weißblondes Stachelhaar. »So einen Pelz habe ich noch nie
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