Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
Gesichtsausdruck lachte, sobald sie ihren ersten Schluck nahm. Wahrscheinlich setzte sie dieselbe Miene auf, wenn einer ihrer Söhne versuchte, ihr einen großen hässlichen Käfer zu schenken, der nur ein Kinderherz zu entzücken vermochte.
»Es ist Lammblut«, erklärte er sanft, wobei er sich zurücklehnte und die Beine überschlug.
»Oh.« Sie lächelte matt. »Ist es gut?«
Amüsiert stellte er fest, dass ihre Stimme ein heiseres Timbre annahm, wenn sie nervös war.
»Ja, es ist gut. Und wahrscheinlich weitaus mehr nach deinem Geschmack als das Menschenblut, von dem du fürchten musstest, dass es dem Wein beigemischt sein könnte.«
Sie trank einen Schluck und versuchte, ein Würgen zu unterdrücken.
»Man muss sich daran gewöhnen«, sagte Saetan mild. Hatte Jaenelle schon von dem Blutwein gekostet? Wenn nicht, musste er diesem Versäumnis baldmöglichst Abhilfe schaffen. »Du hast meine Neugierde geweckt.« Seine tiefe Stimme klang nun schmeichelnd und besänftigend. »Nur sehr wenige Königinnen würden freiwillig um Mitternacht zu einer Audienz bei mir erscheinen, geschweige denn um eine bitten. «
Vorsichtig stellte Sylvia den Kelch auf den Tisch, bevor sie ihre Hände auf die Beine legte. »Ich wollte dich persönlich und ungestört treffen, Höllenfürst.«
»Warum?«
Sylvia fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, holte tief Luft und sah ihm dann direkt in die Augen. »Etwas stimmt nicht in Halaway. Etwas Hintergründiges, Schleichendes. Ich habe das Gefühl …« Sie runzelte die Stirn und schüttelte zutiefst beunruhigt den Kopf.
Am liebsten hätte Saetan die Hand ausgestreckt und die
tiefe senkrechte Falte geglättet, die sich zwischen ihren Brauen gebildet hatte. »Was sagt dir dein Gefühl?«
Sie schloss die Augen. »Ich weiß es nicht. Auf dem Fluss treibt Eis – mitten im Sommer. Der Erde wird ihre Fruchtbarkeit ausgesogen. Das Getreide welkt auf den Feldern dahin. Der Wind bringt den Geruch von Angst mit sich, doch ich kann den Ursprung nicht ausfindig machen.« Sie schlug die Augen auf und schenkte ihm ein unsicheres Lächeln. »Es tut mir Leid, Höllenfürst. Mein ehemaliger Gefährte sagte immer, meine Erklärungen würden keinen Sinn ergeben.«
»Tatsächlich?«, entgegnete Saetan eine Spur zu sanft. »Vielleicht hattest du den falschen Gefährten, Lady. Denn ich verstehe nur zu gut, was du meinst.« Er leerte seinen Kelch und stellte ihn übertrieben vorsichtig auf den Tisch. »Welcher Teil deiner Bevölkerung erleidet den größten Schaden?«
Die Königin atmete tief durch. »Die Kinder.«
Ein wildes Knurren erfüllte den Raum. Erst als Sylvia nervös in Richtung Tür blickte, merkte Saetan, dass dieses Grollen von ihm herrührte. Er unterband es augenblicklich, doch die kalte, süße Wut war weiterhin vorhanden. Zitternd atmete er ein und unterdrückte den ohnmächtigen Zorn, der ihn an den Rand des Wahnsinns zu treiben drohte.
»Entschuldige mich einen Moment.« Er ließ ihr keine Zeit, sich ganz von ihm zu verabschieden, sondern trat aus dem Arbeitszimmer, um Erfrischungen zu bestellen. Anschließend ging er etliche Minuten im großen Saal auf und ab, bis er sich wieder in der Lage sah, seine Gefühle im Zaum zu halten. Als er sich erneut zu Sylvia gesellte, hatte Beale bereits Tee und belegte Brote serviert.
Sie lehnte die Sandwiches höflich ab und rührte den Tee nicht an, den Saetan ihr einschenkte. Ihr Unbehagen ließ seinen Zorn erneut aufflackern. Beim Feuer der Hölle, er hasste es, wenn eine Frau ihn auf diese Weise ansah!
Sylvia leckte sich über die Lippen. Ihre Stimme klang sehr heiser. »Ich bin ihre Königin. Somit ist es mein Problem, und ich hätte dich nicht damit belästigen sollen.«
Er knallte die Tasse derart gewaltsam auf den Tisch, dass
die Untertasse zerbrach. Dann entfernte er sich ein Stück von Sylvia, um im Zimmer auf und ab zu gehen. Allerdings blieb er ihr nahe genug, um als Erster an der Tür sein zu können, falls sie sich zur Flucht entschloss.
Es sollte ihm gleichgültig sein. Mittlerweile sollte er daran gewöhnt sein. Wenn sie von dem Augenblick an, als sie das Zimmer betreten hatte, Angst vor ihm gehabt hätte, wäre es leichter zu ertragen gewesen. Doch sie hatte ihn nicht gefürchtet. Verflucht, sie hatte ihn nicht gefürchtet.
Er wirbelte herum, wobei das Sofa und der Tisch immer noch zwischen ihnen standen. »Ich habe dir oder deinem Volk nie ein Leid zugefügt«, stieß er grimmig hervor. »Ich habe meine Kraft, meine Kunst,
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