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Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung

Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung

Titel: Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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schaffen, und deshalb fragte er mich …«
    »Inwiefern macht sie ihm zu schaffen?«
    Nachdenklich knabberte sie an einem Stück Gebäck. »Beron zufolge ist sie extrem schüchtern, aber wenn man sie doch zum Reden bringt, sagt sie die erstaunlichsten Dinge.«
    »Das glaube ich gerne«, meinte Saetan trocken.
    »Wenn sie mit jemandem spricht oder in der Klasse eine Frage beantwortet, bricht sie gelegentlich mitten im Satz ab und legt den Kopf schief, als lausche sie angestrengt auf etwas, das sonst niemand hören kann. Manchmal nimmt sie den Satz wieder an der Stelle auf, an der sie ihn abgebrochen hat. Es kommt aber auch vor, dass sie sich in sich selbst zurückzieht und den restlichen Tag kein einziges Wort mehr von sich gibt.«
    Welche Stimmen hörte Jaenelle? Wer – oder was – rief nach ihr?

    »Manchmal entfernt sie sich in der Pause von den anderen Kindern und kehrt erst am nächsten Morgen wieder«, sagte Sylvia.
    Sie kam nicht auf die Burg zurück, das wäre ihm längst zu Ohren gekommen. Und sie reiste auch nicht mit den Winden. Er hätte ihre Abwesenheit gespürt, wenn sie sich zu weit entfernt hätte. Mutter der Nacht, wohin ging sie? Zurück in den Abgrund?
    Der Gedanke jagte ihm panische Angst ein.
    Sylvia atmete tief durch. Und noch einmal. »Gestern machten die älteren Schüler einen Ausflug nach Marasten. Kennst du das Anwesen?«
    »Es ist ein großer Landsitz nahe der Grenze zwischen Dhemlan und Kleinterreille. Seine Gartenanlagen gehören zu den schönsten in ganz Dhemlan.«
    »Genau.« Sylvia schien Schwierigkeiten zu haben, den letzten Bissen ihres Gebäcks hinunterzuschlucken. Sorgfältig wischte sie sich die Finger an der Leinenserviette ab. »Laut Beron entfernte Jaenelle sich von den anderen, was ihnen jedoch erst auffiel, als es Zeit zum Aufbruch war. Er ging zurück, um nach ihr zu suchen und … fand sie, wie sie weinend vor einem Baum kniete. Sie hatte in der Erde gegraben, und ihre Hände waren zerkratzt und blutig.« Sylvias Blick hing an der Teekanne. Ihr Atem ging schneller. »Beron half ihr auf und erinnerte sie daran, dass sie keine Blumen ausgraben sollten. Und sie entgegnete: ›Ich habe sie gepflanzt. ‹ Als er wissen wollte, weshalb, erklärte sie: ›Zum Andenken. ‹«
    Die Kälte ließ Saetans Muskeln schmerzen und sein Blut träger fließen. Allerdings war dies nicht die versengende, reinigende Kälte der Wut. Er empfand nichts als nackte Angst. »Kannte Beron die Pflanze?«
    »Ja. Erst letztes Jahr habe ich ihm die Blume gezeigt und erklärt, um was es sich handelt. In Halaway gedeiht sie weit und breit nirgends, der Dunkelheit sei Dank.« Sylvia sah ihn zutiefst besorgt an. »Höllenfürst, sie hat Hexenblut gepflanzt. «

    Warum hatte Jaenelle sich ihm nicht anvertraut? »Wenn das Hexenblut blüht …«
    Sylvia wirkte entsetzt. »Das wird es nicht, außer … Das darf es nicht!«
    Die nächsten Worte sprach Saetan mit Bedacht aus. In seinem Innern herrschte eine Leere, die ihm schier den Verstand raubte. »Ich werde mich auch um diesen Aspekt kümmern. Diskret. Und ich werde mich des Problems in Halaway annehmen. «
    »Danke.« Sylvia strich die Falten ihres Gewands glatt.
    Saetan zwang sich, Geduld zu üben, und wartete. Er wollte endlich allein sein, um in Ruhe nachdenken zu können, doch Sylvia hatte offensichtlich noch etwas auf dem Herzen. »Was gibt es noch?«
    »Im Vergleich zu der ersten Angelegenheit ist es völlig belanglos. «
    »Aber?«
    Mit einem raschen Blick musterte Sylvia ihn von Kopf bis Fuß. »Du hast einen sehr guten Geschmack, was deine Kleidung betrifft, Höllenfürst.«
    Saetan massierte sich die Stirn und versuchte vergeblich, einen Zusammenhang zu ihrem bisherigen Gespräch zu entdecken. »Danke.« Beim Feuer der Hölle! Wie schafften Frauen es nur, mit einer derartigen Leichtigkeit von einem Thema zum nächsten zu springen? Und vor allem: Warum taten sie das?
    »Aber wahrscheinlich bist du nicht ganz auf dem neuesten Stand, was junge Frauen heutzutage tragen.« Es war nicht wirklich eine Frage.
    »Wenn du mir damit sagen möchtest, das Jaenelle aussieht, als habe sie ihre Kleidung auf einem Speicher zusammengesucht, dann hast du völlig Recht. Ich glaube, die Seneschallin des Bergfrieds öffnete jede alte Truhe, die es dort gab, und ließ mein eigensinniges Kind nach Lust und Laune aussuchen. « Es war ein unwichtiges Thema, und er befand sich wieder auf sicherem Terrain. Er konnte es genießen, mürrisch seinen väterlichen Unmut kundzutun.

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