Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
»Es würde mir nicht so viel ausmachen, wenn ihr irgendetwas davon tatsächlich passen
würde. Nein, das stimmt nicht, es würde mir dennoch etwas ausmachen. Sie sollte sich neu einkleiden.«
»Warum gehst du dann nicht in Amdarh oder in einer der benachbarten Städte oder gar in Halaway mit ihr einkaufen?«
»Meinst du, das hätte ich nicht versucht?«, knurrte er verdrießlich.
Einige Zeit lang erwiderte Sylvia nichts. Dann sagte sie bedächtig: »Ich habe zwei Söhne. Wundervolle Jungs – aber es macht keinen großen Spaß, mit ihnen einkaufen zu gehen.« Sie schenkte Saetan ein verschmitztes Lächeln. »Wenn allerdings zwei Frauen einfach zusammen Mittag essen gehen und sich danach ein wenig umsehen …«
Saetan rief einen ledernen Geldbeutel herbei und reichte ihn Sylvia. »Reicht das?«
Sie öffnete den Geldbeutel und ließ die Goldstücke durch ihre Finger gleiten. »Ich denke, damit lässt sich ein ganzer Kleiderschrank füllen, wenn nicht gar zwei oder drei«, meinte sie lachend.
Er mochte ihr Lachen, genauso wie die zarten Falten um ihre Augen. »Du wirst natürlich einen Teil davon für dich selbst ausgeben.«
Sylvia bedachte ihn mit ihrem strengsten Königinnenblick. »Ich habe dies nicht vorgeschlagen, um dafür bezahlt zu werden, einer jungen Schwester zu helfen.«
»Und ich habe dir das nicht als Bezahlung angeboten, aber wenn es dir nicht behagt, einen Teil davon selbst zu benutzen, um dir eine Freude zu machen, dann tu es, um mir eine Freude zu machen.« Er beobachtete, wie ihr Ärger verflog, und sich Unbehagen in ihren Gesichtszügen abzeichnete. Wer mochte der Narr von einem Mann gewesen sein, der sie so unglücklich gemacht hatte? »Außerdem solltest du mit gutem Beispiel vorangehen«, fügte er hinzu.
Nachdem sie den Geldbeutel hatte verschwinden lassen, erhob sie sich. »Selbstverständlich werde ich dir Quittungen für sämtliche Einkäufe zukommen lassen.«
»Selbstverständlich.«
Saetan geleitete sie in die Eingangshalle, wo er Beale ihren
Umhang abnahm und ihn ihr sorgfältig um die Schultern legte.
Als sie langsam auf die Eingangstür zuschritten, betrachtete Sylvia die Holzschnitzereien an den Wänden. »Ich bin erst ein halbes Dutzend Mal hier gewesen, wenn überhaupt. Das Schnitzwerk ist mir bisher noch nie aufgefallen. Wer auch immer die Gravuren angefertigt hat, war ausgesprochen talentiert«, bemerkte sie. »War er es auch, der diese ganzen Kreaturen entworfen hat?«
»Nein.« Er zuckte innerlich zusammen, als er hörte, wie abwehrend er klang.
»Du hast sie entworfen.« Sie musterte die Schnitzereien mit noch größerem Interesse und musste ein Lachen unterdrücken. »Ich glaube, der Holzschnitzer hat sich mit einer deiner Figuren ein paar Freiheiten erlaubt, Höllenfürst. Dieses kleine Ungeheuer schielt und streckt die Zunge heraus – und es ist genau dort angebracht, wo jemand innehalten würde, nachdem er die Burg betreten hat. Anscheinend hält das kleine Ungeheuer nicht sonderlich viel von deinen Gästen.« Schweigend musterte sie ihn mit demselben regen Interesse, das sie soeben der Holzschnitzerei geschenkt hatte. »Der Schnitzer hat sich gar keine Freiheiten herausgenommen, nicht wahr?«
Saetans Gesicht begann zu glühen, und er musste sich ein Grollen verkneifen. »Nein.«
»Ich verstehe«, sagte Sylvia nach einer langen Pause. »Es war ein faszinierender Abend, Höllenfürst.«
Da er nicht sicher war, wie er diese Bemerkung interpretieren sollte, geleitete er Sylvia ein wenig schneller, als es angemessen war, zu ihrer Kutsche.
Als er die Wagenräder nicht länger hören konnte, drehte er sich zu der offen stehenden Eingangstür um und wünschte sich nichts sehnlicher, als die kommende Unterhaltung aufschieben zu können. Doch Jaenelle war in den dunklen Stunden der Nacht mehr auf ihn eingestimmt, öffnete sich ihm gegenüber eher, wenn sie selbst in den Schatten verborgen war und …
Da riss ihn ein Geräusch aus seinen Gedanken. Saetan stockte der Atem, als er in Richtung der nördlichen Wälder blickte, die an die Rasenflächen und gepflegten Gärten der Burg grenzten. Er wartete gespannt, doch es kehrte nicht wieder.
»Hast du es auch gehört?«, fragte er Beale, sobald er die Tür erreicht hatte.
»Was gehört, Höllenfürst?«
Saetan schüttelte den Kopf. »Nichts. Wahrscheinlich ein Hund aus dem Dorf, der zu weit von zu Hause weg herumstreunt. «
Sie war noch immer wach und wanderte durch den Garten unterhalb ihrer Gemächer.
Saetan
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