Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
Schülerinnen zum Schweigen zu bringen. »Abgesehen davon ist Lady Luthvians Zeit kostbar.«
Luthvian entfernte sich gerade einmal so weit von der Tür, dass sich die Mädchenhorde an ihr vorbeidrängen konnte. Roxie, ihre älteste Schülerin, hielt im Türrahmen inne, um über die Schulter zu blicken und den Höllenfürsten mit einem letzten Augenaufschlag zu bedenken.
Luthvian warf ihr die Tür vor der Nase zu.
Sie wartete darauf, dass er sich ihr achtsam und mit dem Respekt näherte, den ein Mann im Dienste des Stundenglases immer an den Tag legte, wenn er auf eine Schwarze Witwe zuging. Als er sich nicht rührte, errötete sie aufgrund der stillschweigenden Mahnung, dass er dem Stundenglas keineswegs diente. Er war immer noch der Hohepriester und in der Rangordnung der Schwarzen Witwen weit über ihr.
Sie bewegte sich mit betonter Gleichgültigkeit, als mache es ihr nicht das Geringste aus, sich ihm zu nähern. Doch in der Mitte des Zimmers blieb sie stehen. Das war nah genug.
»Wie hast du es ertragen, dir dieses dumme Geschwätz anzuhören? «
»Ich fand es interessant … und in höchstem Maße lehrreich«, fügte er trocken hinzu.
»Aha«, meinte Luthvian. »Hat dich Roxie mit der geschmackvollen oder der detailliert ausgeschmückten Version ihrer Jungfrauennacht beglückt? Sie ist die Einzige, die alt genug ist, die Zeremonie absolviert zu haben. Folglich macht sie sich pausenlos wichtig und erklärt den anderen Mädchen, sie sei wirklich zu müde für den Vormittagsunterricht, weil ihr Geliebter ja so anspruchsvoll sei.«
»Sie ist noch sehr jung«, erwiderte Saetan leise, »und …«
»Sie ist vulgär«, unterbrach Luthvian ihn brüsk.
»… junge Mädchen benehmen sich manchmal töricht.«
Tränen brannten in Luthvians Augen. Sie würde nicht vor ihm weinen. Nicht schon wieder. »Hast du das auch über mich gedacht?«
»Nein«, entgegnete Saetan sanft. »Du warst eine natürliche Schwarze Witwe, angetrieben von deinem Verlangen, deiner Kunst Ausdruck zu verleihen, und noch mehr von deinem Überlebenswillen. Du warst alles andere als töricht.«
»Ich war töricht genug, dir zu vertrauen!«
Seine goldenen Augen blickten ausdruckslos. »Ich klärte dich darüber auf, wer – und was – ich war, bevor ich mit dir ins Bett ging. Ich war ein erfahrener Gefährte, der eine junge Hexe durch ihre Jungfrauennacht geleitet hat. Nicht mehr und nicht weniger. Ich trug Sorge dafür, dass nur ein Häutchen zerrissen sein würde, wenn die Hexe am nächsten Morgen erwachte – und nicht ihr Verstand, ihre Juwelen oder ihr Geist. Es war eine Rolle, die ich schon viele Male erfüllt hatte, als ich noch in beiden Reichen über das Territorium Dhemlan herrschte. Ich habe die Regeln der Zeremonie verstanden und respektiert.«
Luthvian griff nach einer Vase, die auf einem Abstelltisch stand, und schleuderte sie in Richtung seines Kopfes. »Stand in den Regeln geschrieben, dass du die Hexe schwängern solltest? «, schrie sie ihn an.
Saetan fing die Vase mit Leichtigkeit, öffnete dann die Hand und ließ das Gefäß auf dem Holzboden zerschmettern. Seine Augen sprühten vor Zorn, und seine Stimme klang schroff. »Ich dachte ehrlich nicht, noch zeugungsfähig zu sein. Dass die Wirkung des Zaubers derart lange anhalten würde, hatte ich nicht erwartet. Außerdem musst du das Gedächtnis eines alten Mannes schon entschuldigen, aber ich meine mich noch genau erinnern zu können, wie ich dich fragte, ob du das Hexengebräu getrunken hättest, um einer Schwangerschaft vorzubeugen. Ebenso genau entsinne ich mich, dass du damals mit Ja geantwortet hast.«
»Was hätte ich denn sagen sollen?«, rief Luthvian. »Jede weitere Stunde, die verstrich, erhöhte das Risiko, dass ich einem von Dorotheas Schlächtern zum Opfer fallen würde. Du warst meine einzige Überlebenschance. Ich wusste, dass ich mich nicht weit von meiner fruchtbaren Zeit befand, aber das Risiko musste ich eingehen!«
Lange Zeit rührte Saetan sich nicht und sprach kein Wort. »Du wusstest, dass die Gefahr bestand, schwanger zu werden. Du hast nichts dagegen unternommen. Du hast mich vorsätzlich belogen, als ich dich gefragt habe, und wagst es dennoch, mir die Schuld zu geben ?«
»Nicht deswegen«, schrie sie ihn an, »sondern für das, was danach kam!« Er blickte sie verständnislos an. »Dir ging es nur um das Kind. Mit … mit mir wo …wolltest du nicht mehr zusammen sein.«
Seufzend schlenderte Saetan zu dem Panoramafenster und betrachtete
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