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Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung

Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung

Titel: Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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Körper zum Singen, und ich dachte … ich dachte …
    Selbst nach so vielen Jahrhunderten hinterließ die Wahrheit einen bitteren Nachgeschmack in ihrem Mund.
    Luthvian legte die Schürze ab und versuchte, die Falten in ihrem alten Kleid möglichst glatt zu streichen. Manche Haushexe hätte einen kleinen Zauber gekannt, um das Gewand frisch gebügelt aussehen zu lassen, hätte gewusst, mit welchem anderen kleinen Zauber sich ihr langes schwarzes Haar binnen weniger Sekunden auskämmen und neu flechten ließe. Ihr jedoch verbot es die Würde einer Heilerin, derart profane Kunst zu erlernen. Es gehörte sich nicht für eine Schwarze Witwe, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, ob ihr Aussehen einem Mann zusagte oder nicht – egal, um wen es sich dabei handeln mochte.
    Nachdem Luthvian ihren Arbeitsraum abgesperrt und den Schlüssel hatte verschwinden lassen, straffte sie die Schultern und reckte energisch das Kinn. Es gab nur eine Möglichkeit herauszufinden, weshalb er hier war.
    Während sie den Hauptkorridor ihres Hauses entlangschritt, der das Erdgeschoss in zwei Hälften unterteilte, ging sie betont langsam und würdevoll, wie es sich für eine Schwester des Stundenglases geziemte. Ihr Arbeitsraum, das Behandlungszimmer, Esszimmer, Küche und Vorratsräume nahmen den gesamten hinteren Teil des Hauses ein. Nach vorne hinaus lagen der Schularbeitsraum, das Klassenzimmer, die Bibliothek sowie der Salon. Die Badezimmer und die
Schlafgemächer ihrer Internatsschülerinnen befanden sich im zweiten Stock. Ihre eigene Zimmerflucht sowie die Gästezimmer nahmen die dritte Etage ein.
    Ihre Bediensteten wohnten nicht unter ihrem Dach. Doun war nicht weit entfernt, sodass Luthvians Haushaltshilfen jeden Abend zu ihren eigenen Familien heimkehren konnten.
    Luthvian zögerte und konnte sich nicht gleich überwinden, die Tür des Salons zu öffnen. Sie war eine Eyrierin, die unter Rihlanern im Exil lebte – eine Eyrierin, die ohne Flügel geboren worden war, die stumm daran erinnert hätten, dass sie von dem Kriegervolk aus den Bergen abstammte. In ihrer Exilheimat befleißigte sie sich eines ungehaltenen, mürrischen Umgangstons und erlaubte keinem Rihlaner, ihr zu nahe zu kommen; was nicht bedeuten sollte, dass sie fort von hier wollte oder keinerlei Freude an ihrer Arbeit hatte. Sie genoss die Hochachtung, die ihr in Doun gezollt wurde, weil sie eine gute Heilerin und eine Schwarze Witwe war.
    Doch das Haus gehörte ihr nicht, und das Land befand sich, wie alles Land in Ebon Rih, im Besitz des Bergfrieds. Ja, das Haus war für sie erbaut worden, sogar nach ihren persönlichen Wünschen, doch das hieß nicht, dass der Besitzer sie nicht jederzeit hinauswerfen und die Haustür hinter sich schließen konnte.
    War er deswegen gekommen, um eine Rechnung zu begleichen und sie für das Vergangene bezahlen zu lassen?
    Erst, nachdem sie tief durchgeatmet hatte, machte sie schweren Herzens die Tür auf, ohne wirklich angemessen darauf vorbereitet zu sein, ihrem ehemaligen Geliebten gegenüberzutreten.
    Er war von all ihren Schülerinnen umgeben, die ununterbrochen kicherten und – unter Einsatz ihres verführerischsten Augenaufschlags – mit ihm kokettierten. Weder wirkte er gelangweilt noch schien er die Mädchen um jeden Preis loswerden zu wollen; andererseits plusterte er sich auch nicht auf, wie es ein junger Stutzer umgeben von so viel ungeteilter weiblicher Aufmerksamkeit getan hätte. Er war nicht anders, als er immer gewesen war: ein höflicher Zuhörer, der selbst
albernes Geschwätz nur im Notfall unterbrach und es verstand, eine abschlägige Antwort höchst geschickt zu formulieren.
    Sie wusste nur zu gut, wie geschickt er eine abschlägige Antwort formulieren konnte.
    Da fiel sein Blick auf sie. In seinen goldenen Augen war kein Ärger. Genauso wenig schenkte er ihr jedoch zur Begrüßung ein warmes Lächeln. Das sagte alles. Was immer er mit ihr zu besprechen hatte, war persönlich, aber nicht so persönlich.
    Das ließ sie zornig werden, und mit einer wütenden Schwarzen Witwe war nicht zu spaßen. Er erkannte ihre schlechte Laune und quittierte sie mit einer leicht erhobenen Augenbraue. Endlich unterbrach er das Geplapper der Mädchen.
    »Ladys«, erklang seine tiefe, schmeichlerische Stimme. »Ich möchte mich bedanken, dass ihr mir die Wartezeit versüßt habt, aber ich darf euch nicht länger von euren Hausaufgaben abhalten.« Ohne die Stimme zu erheben, gelang es ihm, das lebhafte Protestgeschrei der

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