Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung

Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung

Titel: Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
Vom Netzwerk:
schluckte seinen Schmerz, die Angst und die Wut hinunter. In einer milden Nacht wie dieser konnte man derartigen Gefühlen nicht ihren freien Lauf lassen. »Ich bin nicht Teil eines Traumes, Hexenkind. Wenn du mich bei der Hand nimmst, wird Fleisch auf Fleisch treffen. Das Schattenreich und alle, die darin leben, sind echt.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen, doch er wusste nicht zu sagen, ob es Tränen des Kummers oder der Erleichterung waren. Im Laufe ihres Lebens in Beldon Mor hatte man ihren natürlichen Instinkten auf brutalste Weise zugesetzt, bis sie ihnen nicht länger vertrauen konnte. Sie hatte die Gefahr in Halaway noch vor Sylvia erkannt, doch sie zweifelte so sehr an sich, dass sie nicht willens gewesen war, es zuzugeben – da sie insgeheim damit rechnete, dass ihr jemand sagen würde, sie bilde sich alles nur ein.

    »Jaenelle«, sagte er sanft. »Ich werde nichts unternehmen, bevor ich nicht geprüft habe, ob das, was du mir erzählst, auch stimmt. Aber bitte sag mir alles, was du weißt, um derer willen, die sich noch nicht selbst schützen können.«
    Sie zog sich mit gesenktem Kopf zurück, sodass ihr goldenes Haar ihr Gesicht wie ein Schleier umrahmte. Saetan wandte sich von ihr ab, um Jaenelle ihre Privatsphäre zu gewähren, ohne jedoch den Garten zu verlassen. Die Steine, auf denen er saß, fühlten sich jetzt kalt und hart an. Er biss die Zähne zusammen, um das körperliche Unbehagen zu unterdrücken, da er ahnte, dass es ihr unmöglich wäre, die Worte zu finden, auf die er wartete, wenn er sich jetzt bewegte.
    »Kennst du eine Hexe, die man die Dunkle Priesterin nennt?«, flüsterte Jaenelle aus den nahe gelegenen Schatten.
    Saetan entblößte die Zähne, bemühte sich jedoch, ruhig und gelassen zu sprechen. »Ja.«
    »Lord Menzar auch.«
    Er starrte ins Leere, drückte die Hände gegen die Steine und genoss den Schmerz, den die scharfen Kanten verursachten. Saetan rührte sich nicht, tat nichts außer zu atmen, bis er hörte, wie Jaenelle die Stufen emporstieg, die zu dem Balkon vor ihren Gemächern führten. Kurz darauf erklang ein schnappendes Geräusch, als sich die Glastür hinter ihr schloss.
    Noch immer bewegte er sich nicht, sondern hob lediglich den goldenen Blick und beobachtete, wie im zweiten Stock eine Kerzenflamme nach der anderen erlosch.
    Das letzte Licht in Jaenelles Zimmer ging aus.
    Er saß unter dem Nachthimmel und lauschte dem Gesang des plätschernden Wassers auf den Steinen. »Spiele und Lügen«, flüsterte er vor sich hin. »Nun, ich weiß auch, wie man Spielchen spielt. Daran hättest du denken sollen, Hekatah. Ich tue es nicht gerne, aber du hast dafür gesorgt, dass der Einsatz hoch genug ist.« Sein Lächeln wurde sanft, beinahe zärtlich. »Und ich kann mich in Geduld üben. Doch eines Tages werde ich mich mit Jaenelles törichten Verwandten auf Chaillot unterhalten, und dann wird nicht Wasser, sondern
Blut über die Steine plätschern in einem sehr … privaten … Garten.«
    »Sperr ab.«
    Widerwillig drehte Mephis SaDiablo den Schlüssel in der Tür von Saetans privatem Arbeitszimmer tief unter der Burg, dem Lieblingsort des Höllenfürsten für vertrauliche Gespräche. Erst nach einem Augenblick fiel ihm wieder ein, dass er nichts verbrochen hatte, und dass der Mann, der ihn zu sich gerufen hatte, nicht nur der Kriegerprinz war, dem er diente, sondern auch sein Vater.
    »Prinz SaDiablo.«
    Die tiefe Stimme zog ihn zu dem Mann, der hinter dem Schreibtisch saß.
    Das Gesicht, das ihm entgegenblickte, war schrecklich anzusehen; so unbewegt, so ausdruckslos, so beherrscht. Die silbernen Strähnen in Saetans dichtem schwarzem Haarschopf bildeten zwei elegante Dreiecke an seinen Schläfen, die den Blick des Betrachters direkt auf die goldenen Augen lenkten. In diesen Augen glomm ein Gefühl, das derart intensiv war, dass Worte wie Hass oder Wut ihm unmöglich gerecht werden konnten.
    Jahrhunderte der Übung halfen Mephis, die letzten Schritte zu tun, die er noch zurückzulegen hatte. Das und seine Erinnerungen. Als Junge hatte er sich immer davor gefürchtet, den Zorn seines Vaters zu wecken, doch er hatte niemals vor dem Mann an sich Angst gehabt. Der Mann hatte ihm vorgesungen, mit ihm gelacht, immer ein Ohr für die kindlichen Probleme seines Sohnes gehabt und ihn stets respektiert. Erst im Erwachsenenalter hatte Mephis begriffen, weshalb man den Höllenfürsten fürchten sollte – und erst viel später hatte er einzuschätzen gelernt, wann man ihn

Weitere Kostenlose Bücher