Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
davon aus … Jetzt erzähl mir nicht, sie sei völlig unmusikalisch und treffe keinen einzigen Ton.«
»Nein.« In Mephis’ Augen lag ein eigenartiges Leuchten. »Sie singt nicht falsch. Sie … Wenn du sie hörst, weißt du, was ich meine.«
»Bitte, Mephis, keine weiteren Überraschungen mehr am heutigen Abend.«
Mephis seufzte. »Sie singt Hexenlieder … in der Alten Sprache.«
Saetan hob den Kopf. »Echte Hexenlieder?«
In den Augen seines Sohnes glänzten Tränen. »Nicht, wie ich sie je vernommen habe; aber ja, es handelt sich um echte Hexenlieder.«
»Wie …« Es war sinnlos, Jaenelle fragen zu wollen, woher sie ihr Wissen hatte. »Ich denke, es ist an der Zeit, dass ich mich nach oben begebe, um nach unserem eigensinnigen Kind zu sehen.«
Mephis erhob sich steif und streckte sich herzhaft gähnend. »Solltest du herausfinden, um was es sich bei dem ganzen Zeug handelt, für das ich gezahlt habe, würde ich es liebend gern erfahren.«
Saetan rieb sich die Schläfen und stieß einen Seufzer aus.
»Ich habe dir etwas gekauft. Hat Mephis dich vorgewarnt?«
»Er erwähnte etwas«, entgegnete Saetan vorsichtig.
In ihren blauen Augen lag ein Funkeln, als sie ihm die Schachtel feierlich überreichte.
Saetan öffnete sie und hielt den Pullover in die Höhe. Weich, dick, schwarz und mit tiefen Taschen. Er schlüpfte aus dem Jackett und zog sich den Pullover über.
»Danke, Hexenkind.« Nachdem er die Schachtel hatte verschwinden lassen, sank er geschmeidig zu Boden, streckte
die Beine aus und stützte sich auf einen Ellbogen. »Lümmele ich so genug für deinen Geschmack?«
Lachend ließ sich Jaenelle neben ihm nieder. »Unbedingt.«
»Was hast du sonst noch gekauft?«
Sie vermied es, ihm direkt in die Augen zu sehen. »Ein paar Bücher.«
Saetan ließ den Blick über die säuberlich im Halbkreis gestapelten Bücher schweifen. »Das sehe ich.« Er begann die Titel auf den Buchrücken zu lesen und stellte fest, dass er die meisten Bücher über die Kunst kannte, und entweder eine Ausgabe in der Familienbibliothek oder in seiner eigenen privaten Sammlung vorhanden war. Genauso verhielt es sich mit den Werken über Geschichte, Malerei und Musik. Vor sich sah er den Grundstock der Bibliothek einer jungen Hexe.
»Ich weiß, dass sich die meisten bereits im Besitz der Familie befinden, aber ich wollte meine eigenen Ausgaben haben. Man kann keine Notizen in Bücher machen, die jemand anderem gehören.«
Saetan stockte der Atem. Notizen! Handschriftliche Anweisungen, die helfen würden, Licht auf die atemberaubenden Wissenssprünge zu werfen, die sie in der Kunst vollführte. Und er würde keinen Zugriff darauf haben! Da versetzte er sich selbst in Gedanken eine Ohrfeige. Du kannst dir die verfluchten Bücher einfach ausleihen, du Narr!
Mit einem Mal überkam ihn eine bittersüße Melancholie. Sie würde eine Sammlung mit ihren eigenen Ausgaben zusammenstellen wollen, die sie mitnehmen konnte, sobald sie bereit war, ihren eigenen Haushalt zu gründen. So wenige Jahre, die es auszukosten galt, bevor die Burg wieder ohne sie sein würde.
Er verdrängte diese Gedanken und wandte sich den übrigen Stapeln zu, die aus Belletristik bestanden und ihn mehr interessierten, da Jaenelles Auswahl ihm einiges über ihren Geschmack und ihre derzeitigen Vorlieben verraten würde. Die Bücherpalette stellte sich jedoch als zu verwirrend heraus, um sie auf einen gemeinsamen Nenner bringen zu können. Folglich versuchte er nur, sich die Titel einzuprägen. Er
selbst hätte sich als eklektischen Leser bezeichnet. Ihm fehlten jedoch die Worte, um Jaenelle zu beschreiben. Manche Bücher schienen ihm zu anspruchslos für ihr Alter zu sein, andere zu kühn. Ein paar der Bücher überging er desinteressiert, während ihn andere daran erinnerten, wie lange es her war, dass er zu seinem eigenen Vergnügen einen Buchladen durchstöbert hatte. Viele der Bücher handelten von Tieren.
»Eine beachtliche Sammlung«, sagte er schließlich, indem er das letzte Buch behutsam auf einen der Stapel zurücklegte. »Und was ist das da?« Er deutete auf drei Bände, die halb unter braunem Packpapier verborgen lagen.
Errötend murmelte Jaenelle: »Bloß ein paar Bücher mehr.«
Saetan hob eine Braue und wartete ab.
Mit einem resignierten Seufzen griff Jaenelle unter das Packpapier und warf ihm ein Buch zu.
Eigenartig. Sylvia hatte ähnlich reagiert, als er ihr eines Abends einen unerwarteten Besuch abgestattet und gesehen hatte, dass sie
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