Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
sich zu dieser einen kleinen Insel der Sicherheit
vor, griff nach den langen, scharfen Grashalmen, die darauf wuchsen, und zog sich auf den abbröckelnden Boden. Zitternd hielt er sich auf der Insel des Vielleicht fest.
Als das wilde Tosen nach einiger Zeit aufhörte, stellte er fest, dass er sich auf einer winzigen, phallisch geformten Insel inmitten eines riesigen Meers aus Blut befand.
Noch bevor Surreal ganz wach war, rief sie ihren Dolch herbei.
Ein leises, verstohlenes Geräusch.
Sie schlüpfte aus dem Bett und öffnete ihre Tür einen Spalt, um zu lauschen.
Nichts.
Vielleicht war es nur Daemon, der im dunklen Badezimmer umhertappte.
Das graue Licht, das die Morgendämmerung ankündete, füllte den kurzen Korridor. Surreal hielt sich dicht an der Wand und warf einen Blick in die anderen Zimmer.
Das Badezimmer war leer. Daemons Schlafzimmer ebenfalls.
Unter leisem Fluchen inspizierte sie sein Gemach. Das Bett sah aus, als hätte es einen Sturm mitgemacht, aber der Rest des Zimmers wirkte unberührt. Es fehlten lediglich die Kleidungsstücke, die sie ihm gestern Abend gegeben hatte.
Aus dem Wohnbereich fehlte nichts und – verflucht! – aus der Küche auch nicht.
Surreal ließ den Dolch verschwinden, bevor sie den Kessel aufsetzte, um sich Tee zu machen.
Tersa pflegte für Tage, Monate, manchmal gar Jahre zu verschwinden, bevor sie wieder an einem ihrer Zufluchtsorte auftauchte. Eigentlich hatte Surreal vorgehabt, bald weiterzuziehen, doch was war, wenn Daemon in ein paar Tagen zurückkehrte und feststellen musste, dass sie fort war? Würde er sich Sorgen machen, weil er sie für ein Kind hielt? Würde er versuchen, sie zu finden?
Sie brühte den Tee auf und machte sich ein Brot. Anschließend trug sie beides ins vordere Zimmer, wo sie es sich mit
einem der dicken Romane, die sie gekauft hatte, auf dem Sofa bequem machte.
Ein paar Wochen würde sie abwarten, bevor sie eine Entscheidung traf. Es bestand kein Grund zur Eile. In diesem Teil Terreilles gab es genug Männer wie diejenigen, die Briarwood besucht hatten; genug Männer, die sie jagen konnte.
10Kaeleer
S aetan griff nach dem nächsten Bericht und ignorierte hartnäckig den nicht enden wollenden Strom an Bediensteten, die an der Tür seines Arbeitszimmers vorbei auf die vorderen Räumlichkeiten zueilten.
Die Kutsche hatte erst die Hälfte der Auffahrt zurückgelegt, und es würde noch eine Viertelstunde dauern, bevor sie vor den Eingangsstufen hielt. Warum um alles in der Welt hatte Mephis sich entschlossen, das Landenetz in Halaway zu benutzen anstatt desjenigen, das sich nur ein paar Meter vom Burgeingang entfernt befand?
Zähneknirschend blätterte er in dem Bericht, ohne wirklich etwas davon aufzunehmen.
Er war der Kriegerprinz von Dhemlan, der Höllenfürst. Schon allein deshalb sollte er mit gutem Beispiel vorangehen und ein würdevolles Verhalten an den Tag legen.
Saetan schleuderte den Bericht auf den Schreibtisch und verließ das Arbeitszimmer.
Ach was, zur Hölle mit seiner Würde!
Die Arme verschränkt, lehnte er sich auf halbem Wege zwischen seinem Arbeitszimmer und der Eingangstür an die Wand. Von hier aus konnte er alles in Ruhe beobachten, ohne dass man ihm pausenlos auf die Füße trat. Jedenfalls hoffte er das.
Er musste ein Grinsen unterdrücken, während er mit anhörte, wie Beale eine unglaubwürdige Entschuldigung nach der anderen akzeptierte, mit der dieser Lakai oder jenes
Dienstmädchen zu erklären versuchte, weswegen sie sich unbedingt just zu diesem Zeitpunkt in der Eingangshalle aufhalten mussten.
In dem ganzen Chaos merkte niemand, wie sich die Eingangstür öffnete, bis ein sehr mitgenommen aussehender Mephis sagte: »Beale, könntest du … ach, egal. Die Lakaien sind ohnehin schon zur Stelle. Da wären ein paar Pakete …«
Mephis warf den Lakaien, die an ihm vorbei ins Freie eilten, zornige Blicke zu, bis er Saetan entdeckte. Er schlängelte sich durch die Schar der Dienstmädchen und ließ sich mit einem erschöpften Seufzer gegen die Wand fallen. »Sie wird in einer Minute hier sein. Sobald die Kutsche anhielt, hat sie sich auf Tarl gestürzt, um zu fragen, wie es um ihren Garten steht.«
»So ein Glückspilz«, murmelte Saetan und musterte seinen erschöpften Sohn, der ein verächtliches Schnauben von sich gab. »Eine schwierige Reise?«
Erneut schnaubte Mephis. »Ich hatte ja keine Ahnung, dass ein einziges junges Mädchen eine ganze Stadt in nur fünf Tagen auf den Kopf stellen kann.« Er
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