Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
bist – um deine Korrespondenz zu erledigen, wie er, glaube ich, meinte.«
»Ach ja, der wackere Beale.«
»Nicht viele Häuser haben einen Butler vorzuweisen, der Krieger ist und ein rotes Juwel trägt.«
»Nicht viele würden das wollen«, murmelte Saetan und ließ die Füße auf den Boden sinken. »Yarbarah?«
»Bitte.« Andulvar wartete, bis Saetan den Blutwein eingeschenkt hatte und erwärmte. »Da du dich offensichtlich nicht mit deiner Korrespondenz beschäftigst, darf ich fragen, was du gerade machst? Abgesehen davon, dich vor deinem angsteinflößenden Personal zu verstecken?«
»Ich lese«, entgegnete Saetan steif. Andulvar, der schon immer ein geduldiger Jäger gewesen war, wartete. Und wartete. »Was liest du denn?«, erkundigte er sich schließlich. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. Errötete Saetan etwa?
»Einen Roman.« Saetan räusperte sich. »Einen ziemlich … na ja, genauer gesagt einen sehr erotischen Roman.«
»Schwelgst du in Erinnerungen?«, erkundigte sich Andulvar belustigt.
Saetan stieß ein Knurren aus. »Ich handle eher in weiser Voraussicht. Heranwachsende Mädchen verstehen es, die furchterregendsten Fragen zu stellen.«
»Besser sie fragt dich als mich.«
»Feigling.«
»In dieser Beziehung zweifellos«, erwiderte Andulvar, der sich nicht provozieren lassen wollte. Dann hielt er kurz inne. »Wie läuft es sonst so?«
»Warum fragst du mich?« Saetan legte die Füße auf die Tischkante.
»Du bist der Höllenfürst.«
Mit einem theatralischen Seufzen legte sich Saetan eine Hand aufs Herz. »Ach, wenigstens einer, der sich dessen entsinnt. « Er nippte an dem Yarbarah. »Aber wenn du wirklich wissen möchtest, wie die Dinge hier so stehen, solltest du Beale, Helene oder Mrs. Beale fragen. Das ist das Triumvirat, das über die Burg herrscht.«
»Jedes Blutdreieck hat eine vierte Seite.«
»Ja, und wann immer etwas passiert, das nach ›Autorität‹ schreit, holen sie mich hervor, stauben mich ab und stellen mich im großen Saal auf, damit ich mich darum kümmere.« Das warme Lächeln brachte Saetans Augen zum Leuchten. »Meine Hauptfunktionen bestehen darin, als treuer Vormund der Lady zu agieren und – da Beale stets auf den makellosen Zustand seiner Kleidung bedacht ist – den Lehrkräften, die Jaenelle aus dem Konzept gebracht hat, meine Schulter anzubieten, damit sie sich daran ausweinen können; was durchschnittlich drei- bis viermal pro Woche vorkommt.«
»Dem Gör geht es also gut.«
Das Lächeln in Saetans Gesicht wurde von einem düsteren, gehetzten Ausdruck verjagt. »Nein, es geht ihr alles andere als gut. Verdammt, Andulvar, ich hatte gehofft … Sie gibt sich so unendlich viel Mühe. Sie ist immer noch Jaenelle, immer noch neugierig und sanft und gutherzig.« Er seufzte. »Aber es gelingt ihr nicht, auf die Freundschaftsangebote einzugehen, die von der Dienerschaft an sie herangetragen werden. Ja, ich weiß …« Er winkte ab und kam damit einem Einspruch
seines Freundes zuvor. »Die Beziehung der Dienstboten zur Herrin des Hauses ist eben, wie sie ist. Aber es geht nicht nur um die Dienerschaft. Die Sache mit Menzar und die Spannungen, die zwischen ihr und Luthvians übrigen Schülerinnen bestehen, haben sie regelrecht eingeschüchtert. Sie meidet andere Leute, wann immer sie kann. Es ist Sylvia nicht gelungen, sie zu einem weiteren Einkaufsbummel zu überreden; und man kann dieser Lady nicht vorwerfen, dass sie es nicht versucht hätte. Erst vor ein paar Tagen war sie mit ihrem Sohn Beron zu Besuch hier. Jaenelle hat es geschafft, sich ganze fünf Minuten mit den beiden zu unterhalten, bevor sie aus dem Zimmer stürzte.« Saetan schüttelte traurig den Kopf. »Sie hat keine Freundinnen, Andulvar. Niemanden, mit dem sie lachen oder Dummheiten anstellen kann. Sie ist sich der Kluft zwischen ihr und den restlichen Angehörigen des Bluts geradezu schmerzhaft bewusst, dabei hat sie ihr Opfer noch gar nicht dargebracht.« Kraftlos ließ er sich in den Sessel zurücksinken. »Wenn es doch nur eine Möglichkeit gäbe, sie dazu zu bringen, ihr Leben wieder aufzunehmen. «
»Warum lädst du nicht diese kleine Eisharpyie aus Glacia ein?«, schlug Andulvar vor.
»Meinst du, sie wäre mutig genug, auf die Burg zu kommen? «
Andulvar schnaubte verächtlich. »Dem Brief nach zu urteilen, den sie dir damals geschrieben hat, würde sie dir vermutlich genüsslich auf die Zehen treten, sobald du ihr die Tür öffnest.«
Saetan lächelte versonnen. »Das hoffe
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