Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten
Flucht gelingt. Sie werden lange genug leben, um nach Kleinterreille zurückkehren und ein paar Leuten erzählen zu können, auf welch grausame Weise Terreilleaner in Kaeleer abgeschlachtet werden. Und sie werden lange genug überleben, um aussagen zu können, dass zwei Männer die Befehle gaben – ein Hayllier und ein Eyrier.«
»Niemand in Terreille wird daran zweifeln, dass es sich um Sadi und Yaslana handelte«, meinte Dorothea hämisch. »Sie werden denken, der Höllenfürst habe den Angriff befohlen und seine Söhne dorthin geschickt, um alles zu überwachen.«
»Genau.«
»Somit werden sich all meine Warnungen als gerechtfertigt herausstellen. Und sobald sich die Leute zu fragen beginnen, weshalb sie nichts von Freunden oder Familienangehörigen gehört haben…« Dorothea ließ sich mit einem zufriedenen Seufzen in ihren Sessel zurücksinken. Dann richtete sie sich unwillig wieder auf. »Allerdings müssen wir immer noch einen Weg finden, um Jaenelle Angelline im Zaum zu halten.«
»Oh, mit dem richtigen Anreiz werden wir sie schon dazu bringen, sich uns freiwillig zu ergeben.«
Dorothea stieß ein verächtliches Schnauben aus. »Und welche Art Anreiz sollte sie dazu veranlassen?«
»Wir müssen uns nur einer Person als Köder bedienen, die sie liebt.«
7 Kaeleer
Saetan kroch die Kälte in sämtliche Knochen, während er Lucivars und Daemons Berichten lauschte. Nur zu gerne hätte er geglaubt, Lord Hobart habe einen Trupp Eyrier angeheuert, um die Macht in Glacia an sich zu reißen, und dass Mortons Tod sowie der Anschlag auf Karla eine rein glacianische Angelegenheit sei. Doch in den letzten vierundzwanzig Stunden hatten ihn auch noch andere Berichte ereilt. Zwei Bezirksköniginnen in Dharo waren zusammen mit ihren Begleitern ermordet worden. Eine Bande Landen hatten ein Rudel verwandter Wölfe angegriffen, die sich vor kurzem einer jungen Königin angeschlossen hatten. Während die Begleiter der Königin sich um diese Bedrohung gekümmert hatten, hatten ein paar Angehörige des Blutes ihre Flanke umgangen und die Königin umgebracht. Anschließend waren sie verschwunden und hatten die Landen zurückgelassen, die von den wutentbrannten Männern abgeschlachtet worden waren. Auf Scelt war ein Kriegerprinz, ein Jüngling, noch nicht alt genug, um der Dunkelheit sein Opfer darzubringen, mit aufgeschlitzter Kehle hinter einem Wirtshaus in seinem Heimatdorf gefunden worden.
Noch beunruhigender war die Kunde, dass Kalush angegriffen worden war, als sie in einem Park in Tajrana, ihrer eigenen Hauptstadt, spazieren gegangen war. Ihrer kleinen Tochter und ihr war nur deshalb nichts geschehen, weil es den Angreifern nicht gelang, ihren Schutzschild zu durchdringen – den mitternachtsschwarzen Schild, der dem Ring entstammte, den Jaenelle ihr gegeben hatte –, und weil Aaron, durch die Verbindung zu seinem Ring der Ehre alarmiert, in den Blutrausch verfallen war und die Angreifer mit einer wilden Grausamkeit niedermetzelte, die an Wahnsinn grenzte.
Es war nicht schwer, das dahinter steckende Muster zu erkennen, zumal es ihm bereits vertraut war. Fünfzigtausend Jahre schmolzen dahin, als hätte es sie niemals gegeben. Vor ihm hätten genauso gut Andulvar und Mephis sitzen können, die ihre Bedenken über rasche, anscheinend willkürliche Angriffe
einem Mann gegenüber äußerten, der darauf bestanden hatte, dass er sich als Hüter nicht länger in die Angelegenheiten der Lebenden einmischen konnte. Er war immer noch Hüter, doch mittlerweile war er zu sehr in die Angelegenheiten der Lebenden verstrickt, um sich nach den Regeln zu richten, die für Hüter galten.
Es würde Krieg geben.
Er fragte sich, ob Daemon und Lucivar sich bereits darüber im Klaren waren.
Außerdem fragte er sich, wie vielen Menschen, die er liebte, er diesmal bei ihrem Übergang in das dämonentote Dasein würde helfen müssen – und wie viele spurlos verschwinden würden. Wie Andulvars Sohn Ravenar. Wie sein eigener Sohn, sein Zweitgeborener, Peyton.
»Vater?«, fragte Daemon leise.
Er merkte, dass sie ihn beide gespannt betrachteten, doch er wandte seine Aufmerksamkeit alleine Daemon zu; dem Sohn, der sein Spiegel war und sein wahrer Erbe; dem Sohn, den er am besten verstand – und am schlechtesten.
Bevor er Gelegenheit hatte, ihnen von den anderen Überfällen zu erzählen, klopfte Beale an die Tür des Arbeitszimmers und trat ein.
»Verzeih die Störung, Höllenfürst«, sagte der Butler, »aber ein Krieger ist hier, der
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