Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten
versammelt, verbesserte Saetan sich, während er Khardeens grausigem Bericht über die Angriffe lauschte, die im Laufe der vergangenen drei Wochen auf Scelt stattgefunden hatten. In den letzten drei Wochen hatten sich überall Angriffe ereignet. Vielleicht hatten die verwandten Wesen deswegen Jaenelles Aufruf nicht Folge geleistet, zum Bergfried zu kommen. Es war gut möglich, dass die verwandten Königinnen und Kriegerprinzen nicht wagten, ihren jeweiligen Ländern die eigene Kraft zu entziehen. Oder vielleicht bahnte sich ein Riss zwischen Menschen und verwandten Wesen an. Zogen sie sich von etwas zurück, das sie als reinen Menschenkonflikt betrachteten, um sich selbst zu retten?
Doch er hätte erwartet, dass zumindest Ladvarian kommen würde, um anschließend den anderen verwandten Wesen den Stand der Dinge erklären zu können. Ladvarian musste doch klar sein, dass der Konflikt sich nicht auf die Menschen allein beschränken würde. Beim Feuer der Hölle, längst waren auch verwandte Wesen angegriffen worden!
Doch Ladvarian war nicht da – und dieser Umstand bereitete ihm Sorge.
Noch zwei weitere Dinge beunruhigten ihn: das Aufflackern von trauriger Resignation, das er an Andulvar, Prothvar und Mephis spürte – die alle im letzten Krieg zwischen Terreille und Kaeleer gekämpft hatten und gefallen waren –, und der Umstand, dass Jaenelle die letzten beiden Stunden über mit derart leerem Blick dagesessen hatte, dass er sich unwillkürlich
fragte, ob sie am Ende einen einfachen Schatten erschaffen hatte, der nun ihren Platz an der Tafel einnahm.
»Uns lediglich gegen diese Überfälle zur Wehr zu setzen, wird Land und Leute nicht retten«, meinte Aaron. »In Terreille sammeln sich ganze Heere gegen uns. Wenn der Feind, der sich bereits in Kaeleer befindet, die Kontrolle über ein Tor erringt und es jenem Heere öffnet … Wir müssen auf der Stelle etwas unternehmen.«
»Ja, ihr müsst etwas unternehmen«, sagte Jaenelle mit dumpfer Stimme. »Ihr müsst euch zurückziehen.«
Von allen Seiten wurden Proteste laut.
»Ihr müsst euch zurückziehen«, wiederholte Jaenelle. »Und ihr werdet sämtliche Königinnen und Kriegerprinzen aus euren Territorien zum Bergfried schicken.«
Ihre Aussage erntete verblüfftes Schweigen.
»Aber Jaenelle«, sagte Morghann kurz darauf, »die Kriegerprinzen werden benötigt, um die Kämpfer anzuführen. Und von den Königinnen zu verlangen, ihr Land zu verlassen, während ihr Volk angegriffen wird …«
»Man wird sie nicht brauchen, wenn die Leute sich zurückziehen. «
»Wie weit sollen wir uns denn genau zurückziehen?«, wollte Gabrielle unwirsch wissen.
»So weit wie nötig.«
Aaron schüttelte den Kopf. »Wir müssen unsere Krieger zu Heeren zusammenziehen, um gegen die Terreilleaner zu kämpfen und …«
»Kaeleer wird nicht gegen Terreille in den Krieg ziehen«, erklärte Jaenelle mit ihrer Mitternachtsstimme.
Chaosti sprang von seinem Stuhl auf. »Wir befinden uns längst im Krieg mit Terreille!«
»Nein, das tun wir nicht.«
»Na, dann befinden wir uns eben im Krieg mit Kleinterreille, da die Angreifer dort Unterschlupf gefunden haben«, knurrte Lucivar zornig. »Das ist doch dasselbe.«
Jaenelles Augen wurden zu Eis. »Wir befinden uns mit niemandem im Krieg.«
»Katze, denk doch mal nach …«
» Vergiss nicht, mit wem du sprichst. «
Lucivar sah ihr in die Augen und erblasste. Schließlich sagte er widerstrebend: »Ich bitte um Verzeihung, Lady.«
Jaenelle erhob sich. »Wenn vor dem Angriff die Möglichkeit bestehen sollte, euch zurückzuziehen, dann tut es. Wenn nicht, lasst euch auf so wenig Kampfhandlungen wie möglich ein. Verteidigt euch so lange, bis es euch gelingt, euch zurückzuziehen, aber greift nicht an. Und bringt die Königinnen und Kriegerprinzen zum Bergfried. Es werden keine Ausnahmen gemacht, und ich akzeptiere keinerlei Ausflüchte.«
Nachdem Jaenelle den Sitzungssaal verlassen hatte, herrschte lange Schweigen.
»Sie denkt nicht klar«, sagte Kalush zögernd.
»Seit dem ersten Angriff verhält sie sich eigenartig«, zischte Gabrielle, woraufhin sie Karla einen entschuldigenden Blick zuwarf.
»Ist schon gut«, räumte Karla langsam ein, der das Sprechen offensichtlich schwer fiel. »Sie verhält sich seitdem tatsächlich seltsam. Ich habe mich gefragt, ob es sie irgendwie geschwächt hat, mich zu heilen.«
»Sie wird einzig und allein von ihrer Abneigung gegen das Töten angetrieben«, meinte Lucivar aufgebracht. »Doch für
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