Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten
konnten entweder annehmen, was der erste Hof, der einen Angebotsschein für sie ausfüllte, zu bieten hatte – und Jorval hatte angedeutet, dass Positionen, die am Angebotstag unterbreitet wurden, für gewöhnlich erniedrigend waren –, oder sie konnten nach Terreille zurückreisen und versuchen, zum nächsten Basar wieder hier zu sein. Daemon hatte zwei Millionen Goldstücke für Bestechungsgelder ausgegeben, um auf die Einwanderungsliste für diesen Dienstbasar gesetzt zu werden. Er verfügte über die nötigen Mittel, um es erneut zu tun, wenn er es wagte, nach Terreille zurückzukehren. Doch die meisten hatten
alles, was sie besaßen, für diese eine Chance auf ein hoffentlich besseres Leben ausgegeben. Sie würden einen Vertrag unterschreiben, um vor einer Königin kriechen zu dürfen, wenn dies die einzige Möglichkeit war, um in Kaeleer zu bleiben.
»Nun, Lord Friall.« Lucivar klang immer noch freundlich. »Du weißt so gut wie ich, dass jemand vor dem letzten Glockenschlag angenommen werden muss, dass aber noch eine Stunde nach dem Läuten Zeit ist, um die Verträge aufzusetzen und zu unterschreiben.«
»Wenn du die Verträge für diejenigen unterzeichnen möchtest, die bereits eingetragen sind, kannst du die Leute mitnehmen. Die anderen werden bis morgen warten müssen«, meinte Friall beharrlich.
Lucivar hob die rechte Hand und kratzte sich am Kinn.
Der Rest geschah so schnell, dass Daemon die Bewegung nicht einmal sah. Im einen Moment kratzte Lucivar sich am Kinn, im nächsten ruhte die Klinge seines eyrischen Kampfschwertes gefährlich auf Frialls linkem Handgelenk.
»So«, meinte Lucivar höflich, »nun kannst du entweder die Verträge fertig schreiben, oder ich schlage dir die linke Hand ab. Die Wahl liegt bei dir.«
»Mist«, murmelte Surreal, während sie näher an Daemon heranrückte.
»Das kannst du nicht tun!«, winselte Friall.
Lucivars Hand schien sich nicht zu bewegen, aber ein dünnes Rinnsal Blut begann von Frialls Handgelenk zu tropfen.
»Ich werde den Rat informieren«, jammerte Friall. »Das wird Konsequenzen haben!«
»Vielleicht«, erwiderte Lucivar. »Aber du läufst dann ohne linke Hand herum. Wenn du Glück hast, ist das alles, was du verlierst. Wenn nicht …«
Eine eilige Bewegung ließ Daemon nach links blicken. Lord Magstrom, das Mitglied des Dunklen Rates, mit dem er zuerst gesprochen hatte, blieb am anderen Ende des Tisches stehen.
»Dürfte ich vielleicht behilflich sein, Prinz Yaslana?«, fragte der alte Mann atemlos.
Lucivar sah auf, und Magstrom erstarrte. Sämtliche Farbe wich ihm aus dem Gesicht.
»Mutter der Nacht!«, murmelte Aaron. »Er ist im Blutrausch. «
Daemon rührte sich nicht. Alle anderen bewegten sich ebenfalls nicht. Ein Kriegerprinz, der in den Zustand geraten war, den man Blutrausch nannte, war gewalttätig und unkontrollierbar. Zwar trug Daemon Schwarz, das einzige Juwel, das dunkler als Lucivars schwarzgraues war, doch sollte er versuchen, seinen Bruder zurückzuhalten, würde das nur den letzten Rest an Selbstbeherrschung hinwegfegen, den Lucivar in seiner mörderischen Wut noch besaß. Wenn es gut lief, würde nur Friall sterben, lief es schlecht, gab es ein Blutbad.
»Lord Friall sagt, die Verträge können nach dem letzten Läuten der Glocke nicht zu Ende ausgefüllt werden«, erklärte Lucivar mit täuschender Freundlichkeit.
»Ich bin mir sicher, dass er da etwas falsch verstanden haben muss«, entgegnete Magstrom rasch. »Nach dem letzten Glockenschlag gibt es eine Stunde der Nachsicht, damit die Papiere fertig gemacht werden können.« Als Lucivar nichts erwiderte, holte Magstrom vorsichtig Luft. »Lord Friall scheint mir unpässlich zu sein. Mit deiner Erlaubnis werde ich die Verträge zu Ende schreiben.«
Mittlerweile war der weiße Rüschenbesatz um Frialls linkes Handgelenk von sattem Rot durchtränkt. Die Nase des Mannes tropfte, während er lautlos vor sich hin weinte.
Auf Lucivars leichtes Nicken hin zog Magstrom die Papiere von der kleine Blutlache auf dem Tisch weg und griff nach dem Füllfederhalter, der daneben lag. Dann begab sich Magstrom an das andere Tischende, wo er sich auf einem Stuhl niederließ.
Lucivar hob die linke Hand und deutete auf Daemon. »Er zuerst.«
Magstrom füllte den Kopf des Vertrags aus und sah Daemon dann erwartungsvoll an. Schweißperlen standen ihm auf der Stirn.
Beweg dich, verflucht noch mal, beweg dich! Einen schrecklichen
Augenblick lang weigerte sich Daemons Körper, ihm zu
Weitere Kostenlose Bücher