Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten
unterschrieb und von dem Tisch zurücktrat. »Beim Feuer der Hölle! Wieso braucht dieser kleine Schreiberling so lange, um eine Zeile auszufüllen?« Dann ging er auf den Tisch zu. Er drehte sich jedoch noch einmal um und sagte mit erzwungen ruhiger Stimme: »Versuch nicht wegzulaufen. Solltest du das tun, werde ich dir die Beine an so vielen Stellen brechen, dass du nicht einmal mehr in der Lage sein wirst, von hier fortzukriechen.«
Daemon machte sich nicht die Mühe, darauf zu antworten. Lucivar gab keine leere Drohungen von sich, und Daemon wusste, dass er seinen eyrischen Halbbruder in einem physischen Kampf nicht schlagen konnte. Außerdem war der Boden unter seinen Füßen noch immer nicht zur Ruhe gekommen, sodass er jeden Moment das Gleichgewicht zu verlieren drohte.
Der Kriegerprinz von Ebon Rih. Lucivar war der Kriegerprinz des Territoriums, das zum Schwarzen Askavi gehörte, dem Schwarzen Berg, der auch der Bergfried genannt wurde – und der noch dazu die heilige Stätte von Hexe war.
Das hatte nicht unbedingt etwas zu bedeuten. Das Land existierte, ob nun ein Kriegerprinz darüber wachte oder nicht – oder ob dort eine Königin herrschte oder nicht.
Doch allein die Tatsache, dass Lucivar noch lebte, nährte die Hoffnung in Daemon, dass er sich bezüglich Jaenelles Tod ebenfalls getäuscht haben könnte. Hatte sie Lucivar zu dem Dienstbasar geschickt, um nach ihm Ausschau zu halten? Waren ihr Lord Magstroms Erkundigungen doch zu Ohren gekommen? War sie …
Daemon schüttelte den Kopf. Zu viele Fragen – und dies war weder der richtige Zeitpunkt noch der richtige Ort, um sie zu stellen. Dennoch konnte er nicht verhindern, dass süße Hoffnung in ihm keimte.
Als Lucivar sich dem Tisch näherte, rief jemand: »Prinz Yaslana, hier sind noch zwei mehr, die du unter Vertrag nehmen solltest.«
Als Daemon sich in Richtung der Stimme wandte, hatte er
erneut das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Zwei Männer, ein Kriegerprinz mit rotem Juwel und ein Krieger, der Saphir trug, zogen zwei Frauen auf den Tisch zu. Ein Mann mit braunem Haar und einer schwarzen Augenklappe, der deutlich hinkte, folgte ihnen.
Die eine Frau wirkte verängstigt. Sie hatte dunkles Haar, helle Haut und blaue Augen. Es war dreizehn Jahre her, seitdem er Wilhelmina Benedict, Jaenelles Halbschwester, das letzte Mal gesehen hatte. Sie war zu einer schönen Frau herangewachsen, war jedoch immer noch voll der Angst, die ihr schon als Jugendliche eine Aura von Zerbrechlichkeit verliehen hatte. Ihre Augen weiteten sich, als sie ihn sah, doch sie sagte nichts.
Die andere Frau wirkte wütend. Sie hatte langes schwarzes Haar, leicht goldbraune Haut, zierliche spitze Ohren und zornig funkelnde goldgrüne Augen. Es war Surreal. Vor vier Monaten hatte sie die Insel mit der lapidaren Erklärung verlassen, etwas erledigen zu müssen.
Zuerst wusste er nicht, wer der hinkende Mann war. Als er jedoch das Wiedererkennen in den blauen Augen des Mannes aufflackern sah, spürte er ein schmerzhaftes Stechen unter dem Herzen. Andrew, der Stalljunge, der ihm geholfen hatte, den hayllischen Wachen zu entkommen, nachdem Jaenelle zurück nach Briarwood gebracht worden war.
»Lord Khardeen, Prinz Aaron«, grüßte Lucivar den Krieger und den Kriegerprinzen förmlich.
»Prinz Yaslana, diese Damen hier sollten ebenfalls einen Vertrag bekommen«, sagte Prinz Aaron respektvoll.
Lucivar musterte beide Frauen mit einem durchdringenden Blick, der ihnen bis ins Mark zu gehen schien. Dann sah er zu Khardeen und Aaron hinüber. »In Ordnung.«
Wilhelmina zitterte sichtlich, doch Surreal strich sich das Haar hinter die spitzen Ohren und sah Lucivar mit zusammengekniffenen Augen an. »Sieh mal, Süßer …«
»Surreal«, sagte Daemon leise. Er schüttelte den Kopf. Ein Streit zwischen Surreal und Lucivar war das Letzte, was sie in diesem Moment brauchen konnten.
Surreal stieß ein wütendes Zischen aus. Als sie versuchte, Prinz Aarons Hand abzuschütteln, ließ er sie los, stellte sich dann aber so auf, dass sie nicht an ihm vorbeikonnte, um wegzulaufen. Sie trat neben Daemon, wobei sie Lucivar argwöhnisch beäugte, ohne einen Hehl aus ihrer Abneigung ihm gegenüber zu machen. »Ist das da dein Bruder?«, wollte sie leise wissen. »Der Bruder, der angeblich tot sein soll?«
Daemon nickte.
Sie beobachtete Lucivar vielleicht eine Minute lang. » Ist er tot?«
Zum ersten Mal seit seiner Ankunft in Kaeleer lächelte Daemon. »Die Dämonentoten
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