Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten
fortan damit leben müssen.«
»Und das bedeutet?«, wollte Surreal argwöhnisch wissen.
Saetan lächelte. »Kurz gesagt bin ich als der Patriarch der Familie ab jetzt für dich verantwortlich, und du hast mir gegenüber Rechenschaft abzulegen.«
»An dem Tag, an dem die Sonne in der Hölle scheint«, gab Surreal freundlich zurück.
»Gib Acht, wie deine Bedingungen lauten, kleine Hexe«, sagte er sanft. »Jaenelle hat eine unheimliche – und manchmal geradezu verstörende – Art, Bedingungen zu erfüllen.«
Surreal musste hart schlucken. »Sie ist tatsächlich in Kaeleer?«
Saetan hielt die Passiermünze empor, die auf dem Schreibtisch gelegen hatte. »Bist du nicht deswegen hergekommen?«
Sie nickte. »Ich wollte herausfinden, was mit Jaenelle geschehen ist.«
»Warum hebst du dir derlei Fragen nicht für sie persönlich auf? Sie wird in ein paar Tagen wieder zu Hause sein.«
»Sie lebt hier ?«
»Es ist nicht ihr einziger Wohnsitz, aber ja, sie lebt hier.«
»Weiß Daemon davon?«, erkundigte sie sich. »Er ist nicht zum Abendessen erschienen.«
»Er weiß es«, erwiderte Saetan freundlich. »Er ist ein wenig aus dem Gleichgewicht geraten.«
»Das ist eine Untertreibung«, murmelte sie. Dann kam ihr etwas anderes in den Sinn, etwas, das nun schon seit dreizehn Jahren an ihr nagte. Wenn jemand in den Reichen die Antwort wusste, musste es ihrer Meinung nach der Höllenfürst sein. »Hast du je vom Hohepriester des Stundenglases gehört?«
Sein Lächeln bekam eine grimmige Note. »Durchaus. Ich bin dieser Hohepriester.«
»Oh, verflucht!«
Sein Lachen klang warmherzig und volltönend. »Du hast nicht das Geringste dagegen, mich anzufauchen, obgleich ich der Höllenfürst, der Haushofmeister und der Familienpatriarch bin; aber dass ich der Priester bin, setzt dir dann doch zu?«
Surreal starrte ihn wutentbrannt an. So betrachtet, klang es natürlich dumm. Es war aber dennoch beunruhigend herauszufinden, dass der gefährliche Mann, dessen mentale Signatur sie zumindest teilweise in jener Nacht an Cassandras Altar aufgeschnappt hatte, derselbe Kerl war, der ihr jetzt belustigt an diesem Schreibtisch gegenübersaß. »Dann kannst du Daemon erzählen, was in jener Nacht vorgefallen ist. Du kannst ihm all das sagen, woran er selbst sich nicht mehr erinnern kann.«
Saetan schüttelte den Kopf. »Nein, das kann ich nicht. Ich kann bestätigen, was passierte, während eine Verbindung zwischen uns bestand, und ich kann ihm berichten, was danach geschah. Doch es gibt nur eine einzige Person, die ihm erzählen kann, was sich im Abgrund ereignet hat.«
Surreal stieß einen Seufzer aus. »Ich habe beinahe Angst davor, was er herausfinden wird.«
»Ich würde mir an deiner Stelle nicht allzu große Sorgen machen. Als Jaenelle öffentlich ihren Hof einberief, wurde der Ring der Hingabe auf ihre Verfügung hin für Daemon reserviert. Was sich auch immer zwischen den beiden zugetragen
haben mag, kann nicht allzu bedrückend gewesen sein. Zumindest nicht für Jaenelle«, fügte er ernst hinzu. Er stand auf und kam um den Schreibtisch herum. »Ich muss mich heute Abend noch mit etlichen Eyriern treffen und mir von Aaron, Khardeen und Lucivar Bericht erstatten lassen. Solltest du je Hilfe dabei benötigen, die Angehörigen des Blutes hier zu verstehen, wende dich bitte an mich.«
Surreal begriff, dass ihre Anwesenheit nicht länger erwünscht war, und erhob sich ebenfalls. Sie warf einen Blick auf die Tür. »Eine Sache wäre da noch.«
Saetan musterte die geschlossene Tür. »Wie ich sehe, hast du bereits die Bekanntschaft von Lord Graufang gemacht.«
Beinahe wäre Surreal in Gelächter ausgebrochen.
»Ich weiß, ihre Namen klingen in unseren Ohren eigenartig, wie unsere in den ihren. Obgleich sie vielleicht mehr Grund haben, so zu urteilen. Wenn verwandte Wesen auf die Welt kommen, begibt sich eine Schwarze Witwe in das Reich der Träume und Visionen. Manchmal sieht sie nichts. Manchmal tauft sie eines der Jungen nach diesen Visionen.«
»Nun«, meinte Surreal mit einem Lächeln, »Graufang ist grau, und Fänge hat er auch. Aaron meinte, er sei auf der Suche nach einer Freundin hierher gekommen.«
Saetan schenkte ihr einen seltsamen Blick. »Das ist wohl richtig. Die verwandten Hunde und Pferde haben einen engen Bezug zu den menschlichen Angehörigen des Blutes, da sie schon so lange mitten unter ihnen gelebt haben, wenn auch bis vor acht Jahren heimlich. Die übrigen verwandten Wesen halten sich für
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