Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten
dafür sorgen, dass seinem Diener nicht noch das Leben von Leuten erschwert wurde, die keine Ahnung von der Brutalität hatten, mit der Männer in den terreilleanischen Territorien zu kämpfen hatten, über die Dorothea herrschte. Und wenn er die Burg in ihren Grundfesten erschüttern musste …
»Ich weiß nicht genau, was man heute von mir erwartet.«
Jazen nickte. »Die anderen Kammerdiener deuteten an, dass man sich heute leger kleiden würde, da der Erste Kreis die Neuankömmlinge beurteilen wird. Wer mit dem Höllenfürsten tafelt, zieht sich zum Abendessen um. Keine formelle Kleidung«, fügte er hinzu, als Daemon eine Augenbraue hob. »Doch soviel ich mitbekommen habe, sind die Ladys untertags sehr unkonventionell gekleidet.«
Das eben Gehörte beschäftigte Daemon auf seinem Weg durch die Korridore zum Esszimmer. Aus seiner Erfahrung an den Höfen in Terreille bedeutete legere Kleidung lediglich, dass die betreffenden Kleider aus Stoffen bestanden, die nicht ganz so kostbar waren wie diejenigen, die man zum Abendessen trug.
Im nächsten Moment bog er um eine Ecke und bemerkte eine hellhäutige, rothaarige Hexe, die auf ihn zukam. Sie trug abgewetzte dunkelbraune Hosen und einen langen, ausgeleierten Pullover in Heidegrün, der etliche dekorative Flicken aufwies. Sie ließ den Blick rasch über seinen Körper schweifen und in ihren grünen Augen spiegelte sich Anerkennung wider, doch kein akutes Interesse. »Prinz«, sagte sie höflich, als sie an ihm vorüberging.
»Lady«, erwiderte er mit der gleichen Höflichkeit. Allerdings fragte er sich, wie Beale, den er für einen Pedanten hielt, einer Bediensteten erlauben konnte, sich derart nachlässig zu kleiden. Als er einen Hauch ihrer mentalen Signatur aufschnappte, wirbelte er herum und starrte ihr hinterher, bis sie um die nächste Ecke verschwunden war.
Eine Königin. Diese Frau war eine Königin !
Erst als sein Magen knurrte, setzte Daemon seinen Weg weiter fort.
Eine Königin. Nun, wenn das die Vorstellung der hiesigen Damenwelt von unkonventioneller Kleidung war, konnte er es nur von Herzen gutheißen, wenn der Höllenfürst darauf bestand, dass man sich zum Abendessen umzog – allerdings hatte er das unbestimmte Gefühl, dass er diese Meinung tunlichst für sich behalten sollte.
Kurz vor dem Esszimmer traf er auf Saetan.
»Prinz Sadi, es gibt da etwas, das ich mit dir besprechen müsste«, sagte Saetan sanft, doch seine Miene wirkte unheilvoll.
Dass Saetan seinen offiziellen Titel verwandte, jagte Daemon einen kalten Schauder über den Rücken.
»Sollen wir es dann am besten gleich hinter uns bringen?«, erwiderte Daemon und folgte Saetan in das offizielle Arbeitszimmer des Höllenfürsten. Er entspannte sich ein wenig, als Saetan sich an die Vorderseite des Ebenholzschreibtisches lehnte, anstatt dahinter Platz zu nehmen.
»Bist du dir im Klaren darüber, dass dein Kammerdiener völlig rasiert ist?«, fragte Saetan sanft, wobei sein Unterton jedoch nichts Gutes ahnen ließ.
»Ich weiß, dass er ein Eunuch ist«, antwortete Daemon ebenso sanft.
»Es gibt nur sehr wenige Vergehen, die diese Bestrafung rechtfertigen. Alle sind sexueller Natur.«
»Jazen hat kein Verbrechen begangen. Er war lediglich zur falschen Zeit am falschen Ort«, gab Daemon wütend zurück. »Dorothea hat ihm das angetan, um ihren Hexensabbat zu unterhalten.«
»Bist du dir da sicher?«
»Ich war dort, Höllenfürst. Allerdings konnte ich nicht das Geringste für ihn tun, außer die Drogen zu blockieren, die man ihm verabreicht hatte, um ihn bei Bewusstsein zu halten, und ihn ohnmächtig werden lassen. Eine Zeit lang kümmerte sich seine Familie um ihn, aber viele von ihnen sind selbst als
Dienstboten tätig. Sobald die Sache bekannt geworden wäre – und dafür sorgt Dorothea jedes Mal –, wäre Jazens Ruf ruiniert gewesen, denn selbstverständlich wäre ihm Derartiges nicht angetan worden, wenn er es nicht verdient hätte. Wäre er bei seiner Familie geblieben, hätten sie ebenfalls ihre Anstellungen verloren. Er ist ein guter Mann und loyal. Er hat ein viel besseres Schicksal verdient, als ihm widerfahren ist.«
»Ich verstehe«, meinte Saetan leise. Er richtete sich auf. »Ich werde Beale die Situation erklären. Er wird sich der Sache annehmen. «
»Wie viel wirst du ihm sagen müssen?«, fragte Daemon misstrauisch.
»Nichts weiter, als dass die Verstümmelung ungerechtfertigt war.«
Daemon lächelte verbittert. »Meinst du wirklich, das wird etwas an
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