Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten
Königin.«
Natürlich bist du das. Nur mit Mühe verbiss sich Alexandra die Worte. Sie würde gelassen bleiben, würde auf irgendeine Weise ein Band mit ihrer Enkeltochter knüpfen, würde sich ins Gedächtnis rufen, welch schreckliche Erfahrungen Jaenelle bereits gemacht hatte.
Als Jaenelle mit dem Gebräu fertig war, drehte sie sich um.
Alexandra vergaß, gelassen zu bleiben oder ein Band zu knüpfen, als sie in ihre saphirblauen Augen starrte. Vor dem … etwas … zurücktaumelnd, das ihr aus jenen Augen entgegenblickte, suchte sie nach einer passenden Erklärung.
Als sie endlich verstand, hätte sie am liebsten geweint.
Jaenelle war wahnsinnig. Absolut, komplett wahnsinnig. Und dieses Ungeheuer, das sie in seiner Gewalt hatte, unternahm aus seinen eigenen dunklen Beweggründen nichts gegen ihre Wahnvorstellungen. Er beließ Jaenelle in dem Glauben, sie sei eine Heilerin und eine Schwarze Witwe und eine Königin. Wahrscheinlich würde er ihr sogar erlauben, einem kranken kleinen Jungen den Trank zu verabreichen, ganz egal, was das Zeug einem Kind tatsächlich antat.
»Warum bist du hier, Alexandra?«
Alexandra erbebte beim Klang der Mitternachtsstimme. Dann riss sie sich innerlich zusammen. Das Mädchen war schon immer theatralisch gewesen. »Ich bin hier, um dich und Wilhelmina mit nach Hause zu nehmen.«
»Warum? Die letzten dreizehn Jahre hast du mich für tot gehalten. Wieso hast du nicht einfach weiterhin so getan, als sei ich gestorben? Das war doch so viel bequemer für dich, als zu wissen, dass ich noch lebe?«
»Wir taten nicht so«, erwiderte Alexandra aufgebracht. Jaenelles Worte hatten sie getroffen, weil sie der Wahrheit entsprachen. Es war leichter gewesen, um den Tod eines Kindes zu trauern, als zu versuchen, mit dem schwierigen Mädchen fertig zu werden. Doch das würde sie niemals zugeben! »Wir haben gedacht, du seiest tot! Wir haben geglaubt, dass Sadi dich umgebracht hätte.«
»Daemon hätte mir niemals ein Leid zugefügt.«
Aber ihr schon – und das habt ihr auch. Dies war die unterschwellige Botschaft, die in der kalten, ausdruckslos vorgebrachten Antwort mitschwang.
»Leland ist deine Mutter. Ich bin deine Großmutter. Wir sind deine Familie, Jaenelle!«
Langsam schüttelte Jaenelle den Kopf. »Ich kann meine Blutlinie zu euch zurückverfolgen. Das bedeutet, dass wir miteinander verwandt sind. Zu einer Familie macht uns das nicht.« Sie bewegte sich auf die Tür zu. Kurz vor Alexandra blieb sie stehen. »Du bist vorübergehend bei einem Hexensabbat in die Lehre gegangen, nicht wahr? Bevor du die Wahl treffen musstest, Schwarze Witwe oder Königin von Chaillot zu werden.«
Alexandra nickte und fragte sich, worauf Jaenelle hinauswollte.
»Du hast genug gelernt, um ganz einfache Verworrene Netze zu erschaffen, von der Art, die einen intensiven Wunsch in sich aufnehmen und dir das entsprechende Objekt vor Augen führen. Nicht wahr?« Als Alexandra erneut nickte, füllten sich Jaenelles Augen mit traurigem Verständnis. »Wie viele Male
saßt du vor einem jener Netze und hast davon geträumt, dass dir etwas helfen würde, Chaillot vor Haylls Übergriffen zu bewahren?«
Alexandra brachte keinen Ton heraus. Selbst das Atmen fiel ihr schwer.
»Ist dir nie gekommen, dass ich die Antwort zu dem Rätsel sein könnte? Saetan war ebenfalls ein leidenschaftlicher Träumer. Der Unterschied besteht darin, dass er den Traum erkannte, als er ihm letzten Endes erschien.« Jaenelle öffnete die Tür. »Geh nach Hause, Alexandra. Hier gibt es nichts – und niemanden – für dich.«
»Wilhelmina«, flüsterte Alexandra.
»Sie wird die achtzehn Monate ihres Vertrages erfüllen. Danach kann sie tun und lassen, was sie will.« In Jaenelles Lächeln lag eine schreckliche Ironie. »Die Königin befiehlt es so.«
Alexandra holte tief Luft. »Ich will diese Königin sehen.«
»Nein, das willst du nicht«, erwiderte Jaenelle eine Spur zu sanft. »Du möchtest nicht vor dem Dunklen Thron stehen.« Sie hielt inne. »Wenn du mich nun entschuldigen würdest, ich muss diesen Trank fertig stellen. Er hat lange genug gekocht.«
Fortgeschickt. Sie wurde einfach so fortgeschickt!
Alexandra verließ den Arbeitsraum, erleichtert, Jaenelle verlassen zu können. Sie fand einen der inneren Gärten und ließ sich auf einer Bank nieder. Vielleicht würde die Sonne etwas gegen die Kälte ausrichten können, die ihr bis ins Mark gefahren war. Vielleicht würde sie dann glauben können, dass sie vor Kälte
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