Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten
Flasche und trank einen kleinen Schluck. »Verdammter Mist.«
»Mist? Hier im Korridor? Warte nur, wenn das Helene erfährt! «
Er fluchte leise, während er die Flasche verschloss und verschwinden ließ, doch es klang eher nach Gelächter. »Komm schon, kleine Hexe. Bringen wir dich fort, solange du noch aufrecht laufen kannst.«
Sie ging auf ihn zu, um zu beweisen, dass sie es konnte, doch der Boden war auf einmal uneben, und sie stolperte und fiel gegen Lucivar.
»Ich bin sehr tapfer«, erklärte sie ihm, an seine Brust gelehnt.
»Du bist sehr betrunken.«
»Nö, bin ich nich’!« Dann entsann sie sich der wichtigen Sache, die sie tun musste. Die wichtigste Sache von allen! »Ich
will mit meiner Schwester sprechen.« Sie schlug mit der Hand so fest wie möglich gegen die Oberfläche, an der sie lehnte, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. Dann betrachtete sie ihre brennende Hand. »Es tut weh.«
»Wir werden beide blaue Flecken haben«, antwortete Lucivar trocken.
»Is’ gut.«
Unter ärgerlichem Gemurmel lenkte er sie durch die Korridore.
Sie fühlte sich so wunderbar, dass sie singen wollte, doch sämtliche Lieder, die sie kannte, waren so … anständig. »Kennst du irgendwelche unanständigen Lieder?«
»Mutter der Nacht«, brummte er.
»Das kenne ich nicht. Wie geht das?«
»Hier entlang.« Er schob sie um eine Ecke.
Sie entkam ihm und lief den Gang entlang, wobei sie die Arme auf und ab bewegte. »Ich kann fliiiiiegen!«
Als er sie erneut eingefangen hatte, schlang er ihr einen Arm um die Taille, klopfte einmal an die nächste Tür und schleppte Wilhelmina in das Zimmer.
»Katze!«
Wilhelmina traten Tränen in die Augen, als Jaenelle aus dem angrenzenden Zimmer trat. Das warmherzige Begrüßungslächeln ihrer Schwester war alles, was sie zu sehen brauchte.
Sie entglitt Lucivars Griff und taumelte ein paar Schritte vorwärts, um Jaenelle zu umarmen.
»Ich habe dich vermisst«, sagte Wilhelmina, die lachte, während ihr Tränen das Gesicht hinabliefen. »Ich habe dich so sehr vermisst! Es tut mir Leid, dass ich nicht mutiger war. Du warst meine kleine Schwester, und ich hätte dich beschützen sollen. Aber du warst diejenige, die sich um mich gekümmert hat.« Sie lehnte sich zurück, wobei sie sich an Jaenelles Schultern festhalten musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. »Du bist so hübsch!«
»Und du bist betrunken.« Die Saphiraugen waren auf Lucivar gerichtet. »Was hast du mit ihr angestellt?«
»Nach dem Treffen mit euren Verwandten war sie derart mit den Nerven fertig, dass ich befürchten musste, sie würde zusammenbrechen. Also bat ich Khary um das stärkste Gebräu, das er in einer Taschenflasche hatte, weil ich davon ausging, dass ich sie nicht dazu bewegen können würde, mehr als einen Schluck zu sich nehmen.« Lucivar wand sich. »Sie hat die halbe Flasche ausgetrunken – und es war gar nicht sein Selbstgebrautes, sondern dein spezielles Gebräu.«
Jaenelle riss die Augen auf. »Du hast sie von dem Totengräber trinken lassen?«
»Nein, nein, nein!« Wilhelmina schüttelte den Kopf. »Einem Totengräber sind wir ganz bestimmt nicht begegnet.« Sie lächelte gelassen, als Jaenelle und Lucivar sie nur anstarrten.
»Mutter der Nacht«, murmelte Lucivar.
»Kennst du das Lied?«, wollte Wilhelmina von Jaenelle wissen.
»Was hattest du zum Frühstück?«, erkundigte sich Jaenelle.
»Wasser. Ich war zu nervös, um etwas zu essen. Aber jetzt bin ich nicht mehr nervös. Ich bin sehr tapfer und wild.«
Lucivar legte ihr eine Hand um den Arm. »Warum setzt du dich nicht ein wenig auf das Sofa?«
Sie durchquerte das Zimmer – wenn auch nicht auf dem direktesten Weg, doch als Lucivar versuchte, sie um den Sofatisch zu führen, weigerte sie sich.
»Ich kann durch den Tisch gehen«, verkündete sie stolz. »Ich habe Unterricht in der Kunst gehabt. Jaenelle soll sehen, dass ich das mittlerweile kann.«
»Möchtest du etwas wirklich Schwieriges tun?«, fragte Lucivar. »Dann lass uns um den Tisch gehen. Im Moment wäre das eine echte Herausforderung.«
»Na gut.«
Um den Tisch herumzukommen, stellte Wilhelmina tatsächlich vor eine Herausforderung, vor allem, da ihr pausenlos Lucivars Füße im Weg waren. Als sie das Sofa endlich erreicht hatte, ließ sie sich neben Jaenelle in die Kissen plumpsen. »Ich habe Dejaal gestriegelt, und nun mag er mich.
Meinst du, Lucivar würde mich auch mögen, wenn ich ihn striegele?«
»Er würde versprechen, dich zu mögen,
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