Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht
ihm.
»Na, ein bisschen schwach auf den Beinen?«, fragte er mit Unschuldsmiene.
Ihr belustigtes Fauchen wurde zu einem herzlichen Lächeln, als ihr Blick auf den Mann fiel, der mit raschen Schritten auf sie zukam.
Der Mann war gut aussehend, anmutig und schlank. Die helle Haut ließ darauf schließen, dass er nicht ursprünglich aus Dhemlan stammte. Seine grünen Augen waren auf Jaenelle gerichtet. Ein Kriegerprinz, der Opal trug. Ein Rivale.
Daemon konnte ihn auf Anhieb nicht ausstehen.
»Meine Liebste«, sagte der Mann und presste seine Lippen auf den Handrücken, den Jaenelle ihm entgegenstreckte.
»Prinz Rainier«, erwiderte Jaenelle mit einem Lächeln.
»Ich bin zutiefst verletzt«, sagte Rainier.
Noch nicht, aber bald , dachte Daemon.
»Endlich erscheint meine Lieblingslady auf einem Fest, allerdings ohne mich zum Tanz aufzufordern«, fuhr Rainier fort. »Aber das macht nichts. Ich gebe mich auch damit zufrieden, mit dir zu flirten.«
Versuch es nur, und du landest auf dem schnellsten Wege in der Hölle!
Rainier warf ihm einen belustigten Blick zu, bevor er sich wieder Jaenelle zuwandte. »Würdest du bitte deinem Geliebten sagen, dass ich mit dir flirten darf?«
»Selbstverständlich darfst du mit mir flirten«, sagte Jaenelle, in deren Stimme Gelächter mitschwang. »Schließlich meinst du es ja nie so.« Sie hielt inne. »Solltest du allerdings anfangen, mit Daemon zu flirten …«
»Zwecklos«, sagte Rainier grinsend. »Da es derart offensichtlich ist, dass er bereits vergeben ist. Aber …« Er ließ Jaenelles Hand los und lächelte Daemon an. »Dürfte ich um diesen Tanz bitten?«
Glühender Zorn. Eiskalte Wut. Auf einmal fiel es ihm nicht mehr schwer, seinen Part in ihrem kleinen Spielchen zu spielen. Er war davon ausgegangen, dass es sich bei der Person, die hinter den Gerüchten steckte, um eine Frau handelte - eine Annahme, die vielleicht ein Fehler gewesen war.
»Wenn meine Lady keine Einwände hat«, erklang Daemons samtweiche Stimme. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Lucivar und Surreal den Ballsaal betraten. Sobald er sich entfernte, würden sie sich in Jaenelles Nähe aufhalten.
»Hast du etwas dagegen?«, fragte Rainier mit einem Blick auf Jaenelle.
Sie sah verblüfft aus. »Nein, gar nicht.«
»Also dann?« Lächelnd bot Rainier ihm den Arm an.
Daemon griff nicht nach dem Arm - es wäre viel zu verlockend gewesen, ihn auszureißen -, aber er wandte sich um und schritt neben dem Kriegerprinzen auf die Tanzfläche zu.
Die Musik setzte ein. Ein Walzer. Hatte Rainier das eingefädelt?
»Wer führt?«, fragte er.
»Ich habe dich aufgefordert, also führe ich.«
Der Mann konnte tanzen. Überraschte Ausrufe drangen an Daemons Ohr, und er sah, wie andere Paare unsicher stehen blieben und aus dem Weg eilten. Doch all das war weit weg. Seine ganze Aufmerksamkeit - und seine Wut - galten Rainier allein.
»Bevor du dich dazu entschließt, mich umzubringen, sollte ich vielleicht erwähnen, dass ich dem Zweiten Kreis angehöre«, sagte Rainier.
Diese Äußerung brachte Daemon beinahe aus dem Gleichgewicht. Es war möglich. Jaenelles Hof war so informell gewesen, dass er nur Leuten aus ihrem Ersten Kreis begegnet war. »Du meinst, du warst Mitglied des Zweiten Kreises. Den Dunklen Hof gibt es nicht mehr.«
»Hm. Ja. Ich gehöre nicht länger ihrem Zweiten Kreis an, so wie du nicht länger ihr Gefährte bist.«
Sie wirbelten über die Tanzfläche; ein schönes Paar, das sich gegenseitig musterte.
»Du wirst auch noch merken, Prinz Sadi, dass es denjenigen, die Jaenelle dienen, verdammt egal ist, dass es keinen offiziellen Hof mehr gibt. Es gibt den Dunklen Hof noch, weil es sie noch gibt. Wir dienen ihr immer noch - und du bist immer noch ihr Gefährte.«
»Was führst du im Schilde, Rainier?«
»Ich dachte mir, ich helfe euch beiden am besten, indem ich für ein wenig Ablenkung sorge. Ihr gebt eine lausige Vorstellung als Pärchen, das angeblich zerstritten sein soll. Ihr amüsiert euch zu gut. Meiner Meinung nach wollt ihr die Person aus der Reserve locken, die diese schrecklichen Gerüchte in die Welt gesetzt hat. Deshalb gehe ich einmal davon aus, dass das hier jemandes Aufmerksamkeit erregen dürfte.«
Der Mann hatte nicht Unrecht. Sie hatten zweifellos die Aufmerksamkeit des gesamten Ballsaales erregt. »Wie bist du in den Zweiten Kreis gekommen?«
Rainier grinste. »Ich war der Tanzlehrer des Hexensabbats. Der fünfte oder sechste, den der Höllenfürst anheuerte. Ich
Weitere Kostenlose Bücher