Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht
hinzu: »Er ist ein verwandtes Wesen. Ein Angehöriger des Blutes.«
»Des Blutes?« Auf einmal fühlte sie sich ein wenig schwach, und ihr war schwindelig.
»Die Angehörigen des Blutes, die keine Menschen sind, nennt man verwandte Wesen.« Yaslana kratzte sich im Nacken. »Genauer gesagt ist Tassle ein Krieger. Er trägt purpurne Juwelen.«
Marian griff nach dem nächsten Stuhl, um nicht unzeremoniell zu Boden zu fallen. Angehöriger des Blutes? Krieger? Purpurne Juwelen?
Da ertönte ein Winseln.
Sie drehte sich um. In der Tür stand der Wolf und sah sie mit dem betrübtesten Blick an, der ihr je untergekommen war.
Das Tier winselte erneut und schlich dann davon. Sie
fühlte sich, als habe ein kleiner Junge versucht, ihr etwas zu geben, das er für ein wunderbares Geschenk hielt … und als habe sie ihm zum Dank eine Ohrfeige verpasst.
Verwirrt und voller Schuldgefühle konzentrierte sie sich auf ein vertrautes Geräusch - Fleisch, das in einer Pfanne brutzelte. Sie runzelte die Stirn. »Was machst du da?«
Yaslana wandte sich wieder dem Herd zu, griff nach einer Gabel und wendete die beiden Steaks in der Bratpfanne. »Ich mache Frühstück. Möchtest du etwas? Es ist reichlich da.« Mit einem Holzlöffel stocherte er in einer zweiten Pfanne herum.
Marian sank kraftlos auf den Stuhl. »Aber … ich sollte das Frühstück zubereiten.«
Er zuckte mit den Schultern. »Du hast geschlafen.«
Verzagt registrierte sie die Kritik, die in diesen Worten lag. Dann packte sie die Wut, als sie darüber nachdachte, wie ungerecht dies alles war. »Es tut mir Leid, Prinz Yaslana. Du hast mir nicht gesagt, um wie viel Uhr du das Frühstück erwartest …«
»Ich bin früh aufgewacht und habe beschlossen, das Frühstück zuzubereiten«, gab er unwirsch zurück. »Es ist nicht wichtig.«
Nicht wichtig. Die Worte trafen sie tief in der Seele und machten ihr deutlich, was er von den Fähigkeiten hielt, die ihr gewöhnlich so viel Freude bereiteten.
Er griff nach einem Topf, goss dunkle Flüssigkeit in eine Tasse, brachte die Tasse zum Tisch und stellte sie mit einem lauten Knall vor sie hin.
Sie warf einen Blick auf die Tasse - und erschauderte.
Er versteifte sich, als habe sie ihn geohrfeigt. Dann holte er zwei Teller, kehrte damit zum Herd zurück und begann, Essen auf beide zu füllen. Jede einzelne seiner Bewegungen ließ seinen Zorn erahnen, während er die voll beladenen Teller auf den Tisch stellte und anschließend Besteck aus einer Schublade holte und auf den Tisch fallen ließ.
Als er seinen Stuhl hervorzog, nahm sie all ihren Mut zusammen und fragte: »Könnte ich Sahne und Zucker haben?«
Er hielt inne. »Gestern Abend hast du den Kaffee schwarz getrunken.«
Das stimmte zwar, aber gestern Abend hatte sie auch noch nicht gewusst, wie schrecklich dieses Zeug schmeckte.
Eine Zuckerdose und eine kleine Glasflasche erschienen über dem Tisch. Einen Augenblick lang schwebten sie in der Luft, dann landeten sie sanft in ihrer Reichweite.
Sie mischte zwei Teelöffel Zucker in den Kaffee - und einen gehäuften dritten, als Yaslana sich kurzzeitig vom Tisch wegdrehte - und fügte dann so viel Sahne hinzu, wie in die Tasse passte, ohne sie zum Überlaufen zu bringen. Nachdem sie behutsam umgerührt hatte, probierte sie den Kaffee vorsichtig. Er war nun cremiger und süßer - aber immer noch grässlich.
Er setzte sich, griff sich Messer und Gabel von dem Besteckhaufen auf dem Tisch und meinte: »Iss.«
Voller Kummer starrte sie auf das Steak, das ein köstliches Mahl hätte abgeben können, wenn es nicht achtlos in die Bratpfanne gehauen worden wäre. Als sie nach dem Besteck griff, unterdrückte sie ein Seufzen, das ihn ihrer Meinung nach gewiss noch weiter verstimmt hätte. Sie begann zu essen. Die Bratkartoffeln waren recht gut, das Rührei etwas fad, aber nicht schlecht, und das Steak war trotz der lieblosen Zubereitung zumindest zart. Doch jeder einzelne Bissen, den sie kaute und hinunterschluckte, kostete sie Überwindung. Sie war sich zu sehr des verärgerten Mannes bewusst, der ihr gegenübersaß, und bekam den Gedanken nicht aus dem Kopf, dass sie bei ihrer neuen Anstellung bereits ihre erste Aufgabe nicht erfüllt hatte, und er jetzt schon unzufrieden mit ihr war.
Nach ein paar Bissen drohte ihr schmerzender Magen zu rebellieren, wenn sie ihm noch mehr Nahrung aufzwang. Also stocherte sie in ihrem Essen herum und hoffte, das Frühstück würde bald vorbei sein - obgleich sie Angst davor hatte, was im
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