Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht
Anschluss passieren könnte.
Auf einmal legte Yaslana Messer und Gabel beiseite und stieß seinen Stuhl zurück. Sein nur zur Hälfte geleerter Teller blieb als stumme Anklage zurück.
»Ich muss ein paar Stunden weg«, sagte er. »Mittags sollte ich wieder zurück sein.«
Als er auf den Türbogen zuging, drehte sie sich halb in ihrem Stuhl um, doch sie schaffte es nicht, Yaslana anzusehen. »Was … was soll ich inzwischen tun?«
»Was immer Haushexen so tun.«
Niedergeschlagen murmelte sie: »Nichts Wichtiges.«
Sie dachte, es so leise gesagt zu haben, dass er es nicht hören konnte, doch er blieb in dem Durchgang stehen und starrte sie einen langen Moment an. Dann war er fort.
Lange Zeit blieb sie an dem Tisch sitzen und versuchte sich aufzuraffen, an die Arbeit zu gehen. Zumindest abwaschen sollte sie, die Essensreste wegräumen und sich Gedanken über das Mittagessen machen, sobald sie sich einen Überblick über die Vorräte verschafft hatte. Es hätte ihr Freude bereiten sollen, ihr neues Reich zu erforschen. Stattdessen saß sie nur da.
Sie war eine Haushexe, deren Juwelen nicht dunkel genug waren, um ihr nennenswerten Status zu verschaffen, und ihre Fähigkeiten waren wertlos. Worin bestand also der Sinn, es zu versuchen, es immer wieder zu versuchen? Das erste Mal, dass sie von jemandem beachtet worden war, war gewesen, als die fünf Krieger sie umbringen wollten. Was sagte das über eine Frau aus, die, da sie einem der drei langlebigen Völker entstammte, bereits dreizehn Jahrhunderte gelebt hatte und noch viele weitere leben würde - und die niemals etwas Wichtiges tun oder sein würde?
Vielleicht hat Lady Angelline mir keinen Gefallen getan, als sie mich gerettet hat. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn...
Marian schüttelte den Kopf. Nein. Dies war nur eine weitere, beschwerliche Strecke auf ihrem Weg, ein weiterer Teil der Reise, den sie hinter sich bringen musste, bevor sie sich ihren Traum erfüllen und ein eigenes Zuhause haben würde.
Sie drehte sich zur Tür um, als dort ein Winseln erklang. Der Wolf war zurückgekehrt, sah jedoch immer noch höchst betrübt aus.
Ein verwandtes Wesen. Ein Angehöriger des Blutes. Ein Kriegerprinz. Jung.
Endlich begriff sie, weshalb er sie an einen kleinen Jungen erinnert hatte: Er war noch jung!
»Guten Morgen, Lord Tassle.« Als er nichts erwiderte, versuchte sie es erneut: »Es tut mir Leid, dass ich so unschön reagiert habe. Ich … ich habe mich noch nie zuvor mit einem Wolf unterhalten.«
*Wir unterhalten uns nicht mit vielen Menschen. Nur mit Freunden.*
Sie hob die Hand. »Hättest du noch immer gerne, dass ich dich streichle?«
*Streicheln?* Er kam auf sie zu und rieb den Kopf an ihre Hand. *Ja, streicheln!*
Also streichelte sie ihn - und sie spürte wundersames Staunen in sich aufsteigen, während sie ein wildes Tier berührte, das mehr als ein wildes Tier war.
Sie warf einen Blick auf das halb aufgegessene Mahl. »Möchtest du etwas Steak, Tassle?«
*Verbranntes Fleisch?*
»Nein, es ist nicht verbrannt …« Oh, er war ja ein Wolf! »… sondern gebraten.«
Er seufzte. *Ich werde es trotzdem essen.*
Sie gab Tassle die Steakreste, ohne sich den Kopf darüber zu zerbrechen, dass sie eine gute Fleischpastete daraus hätte machen können, und fing an, den Tisch abzuräumen.
»Nachdem ich den Abwasch gemacht und mich angezogen habe, könntest du mich herumführen?«, fragte sie den Wolf.
*Ich kann dich herumführen*, erwiderte Tassle. *Aber du musst das Revier nicht markieren. Ich markiere unser Revier. Sogar Yas ist im Reviermarkieren nicht so gut wie ich.*
Nachdem sie eine Weile über die Worte des Wolfes nachgegrübelt hatte, musste sie den Kopf senken, sodass ihr das lange schwarze Haar ins Gesicht fiel und ihr Grinsen verbarg. Selbst wenn in Kaeleer nichts so war, wie sie es sich erhofft hatte, würde es doch interessant sein, etwas über die verwandten Wesen zu erfahren.
Lucivar stürmte in Saetans Arbeitszimmer auf der Burg und schlug die Tür hinter sich zu. Saetan zuckte nicht einmal zusammen, sondern legte nur die Dokumente beiseite, die er gerade gelesen hatte, und lehnte sich in seinem Sessel zurück.
Im Grunde war es nicht weiter überraschend, dass der Höllenfürst nicht weiter auf einen derartigen Auftritt reagierte. Schließlich hatte er es die letzten fünf Jahre mit Jaenelle, dem Hexensabbat und den Jungs zu tun gehabt. Die Mischung aus Adoleszenz, Macht und diesen ganz besonders begabten Geistern, was
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