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Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht

Titel: Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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wurden die körperlichen Beschwerden während ihrer Mondzeit so schlimm, dass ihr vor Schmerzen übel wurde. Wenn das passierte, war sie jedes Mal dankbar, kein Juwel zu tragen, das dunkler als Purpur war. Die Schmerzen stellten nämlich ein Gegengewicht zu der Macht dar, über welche die jeweilige Hexe ansonsten verfügte, und Hexen mit dunkleren Juwelen litten im Laufe der ersten drei Tage ihrer Mondzeit stärker als alle anderen. Keine Hexe konnte während dieser drei Tage die Kraft ihrer Juwelen anzapfen, ohne sich selbst schreckliche Qualen zuzufügen. Aus Erfahrung wusste sie, dass selbst die Anwendung der einfachsten Kunst die Schmerzen nur verschlimmern würde.
    Marian öffnete die Augen und starrte den verschütteten Zucker an. Bei dem Gedanken, sich körperlich anzustrengen, hätte sie sich am liebsten zusammengerollt und geweint. Mit einem zittrigen Seufzen ging sie auf den Schrank in der Vorratskammer zu, in dem sie Kehrschaufel und Besen aufbewahrte.
     
    Lucivar blieb mitten im Gang stehen, als ihn die Witterung wie ein Schlag ins Gesicht traf. Seine Nüstern blähten sich. Er fletschte die Zähne und stieß ein geräuschloses Knurren aus.
    Mondblut.

    Eine Veränderung in der mentalen Signatur einer Hexe löste diese Reaktion in Männern des Blutes aus, sobald sie die Pubertät erreicht hatten. Vielleicht war es eine Fähigkeit, die vor langer Zeit als Waffe im Überlebenskampf entstanden war. Denn die Mondzeit einer Hexe gehörte zu den Gelegenheiten, wenn das Pendel im Machtkampf zwischen den Geschlechtern zugunsten der Männer ausschlug. Eine Hexe, die sich trotz Mondblut gegen einen Mann zur Wehr setzen musste, kämpfte im Grunde gegen zwei Gegner: den Mann und ihren eigenen Körper.
    Deshalb bildeten die Männer in den Tagen, in denen eine Königin verletzbar war, einen schützenden Kreis um sie. Selbst der sanftmütigste Mann des Blutes wurde reizbar und aggressiv, doch Kriegerprinzen versetzte die Mondblutung in den Blutrausch. Da sie von Natur aus aggressiv und auf ihr Revier bedacht waren, endete ihr Verhalten in diesen Zeiten für fremde Männer häufig tödlich. Aus diesem Grund brachte man Männern des Blutes bei, dem Geruch der Mondblutung keine Bedeutung beizumessen, außer es handelte sich um Frauen aus ihren eigenen Familien oder dem Kreis des Hofes, in dem sie dienten.
    Und genau das war jetzt das Problem, nicht wahr? Auf der Burg kümmerten sich die männlichen Dienstboten um die weiblichen und umsorgten sie. Die Familie und die Jungs kümmerten sich um Jaenelle und den Hexensabbat, wenn sie dort einquartiert waren. Die Grenzen waren klar gezogen, und alle Männer richteten sich danach.
    Doch hier gab es nur sie drei. Die übrigen Male hatte er die Zähne zusammengebissen und sich ins Gedächtnis gerufen, dass Marian für ihn arbeitete, und er sie von daher nicht anschreien konnte, wenn sie sich verausgabte. Er hatte nicht das Recht darauf zu bestehen, dass sie sich hinsetzte und etwas tat, das sie körperlich nicht anstrengen würde. Wenn Jaenelle stur reagierte, konnte er brüllen, bis jeder Mann in der Nähe angelaufen kam, um herauszufinden, was los war. Bei Marian konnte er das nicht tun. Es gab Grenzen und …

    Zur Hölle mit den Grenzen! Marian würde ihn nicht wieder die Wände hochgehen und innerlich vor Wut schäumen lassen, während er versuchte, sein Temperament im Zaum zu halten, obwohl sie Dinge schrubbte und polierte, die ohne weiteres ein paar Tage ohne Wäsche und Politur überstehen würden. Sie würden einen Kompromiss finden müssen - und wenn das bedeutete, dass er sie an einen Stuhl binden musste, damit sie zur Ruhe kam, dann ließ sich daran eben leider nichts ändern.
    Er schluckte seine Wut hinunter - die jedoch immer noch jeden Augenblick überzuschäumen drohte - und ging auf die Küche zu, um sich mit seiner kleinen Haushexe über ein paar Dinge zu verständigen.
     
    »WAS IM NAMEN DER HÖLLE TUST DU DA?«
    Marian entglitt der Besen, und sie wirbelte den ganzen Zucker durcheinander, den sie gerade eben zu einem ordentlichen Haufen zusammengekehrt hatte. Das Herz hämmerte ihr in der Brust. Sie wich einen Schritt zurück, als Lucivar mit gefletschten Zähnen und wildem Blick durch den Türbogen in die Küche stürmte.
    »Du wirst das nicht noch einmal tun, hast du mich verstanden?«, rief er, während er auf sie zuschritt. »Du wirst dich nicht überanstrengen und versuchen mehr zu leisten, als du solltest.«
    Ihre elende Stimmung war wie weggeblasen.

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