Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht
lang ausruhen. Bis dahin …
Als er die Tür aufmachte, trat der Gefährte - und Ehemann - der Königin von Riada ein. Ein Prinz, der Aquamarin trug, nun schon seit zehn Jahren mit der Lady zusammenlebte und zwei Kinder mit ihr hatte.
»Ist die Königin erzürnt über meine Entscheidung?«, fragte Lucivar und machte die Tür zu.
»Nein«, erwiderte der Prinz. Dann lächelte er. »Obwohl sie heute auch einige Besucher hatte. Nein, ich bin nicht im Auftrag meiner Königin hier.«
Lucivar musterte den Mann. Er kannte ihn nicht sonderlich gut, da er die Taverne einem Restaurant für Adelige vorzog, und er nur ein einziges Mal an einer abendlichen Festivität teilgenommen hatte. Damals war Jaenelle eingeladen gewesen und hatte einen Begleiter gebraucht.
»Sobald Roxie Ebon Rih verlassen hat, wird sie dir nicht länger Probleme bereiten - oder uns, wofür ich dir danken möchte. Doch eine Frau, die falsche Anschuldigungen gegen einen schwarzgrauen Kriegerprinzen erhebt, ist entweder dumm oder voller Bosheit. Oder beides.«
»Da sind wir gleicher Meinung. Es tut mir Leid, dass ich nun jemand anderem dieses Problem aufhalse, aber es wäre nicht gerechtfertigt gewesen, mehr zu tun, als sie aus Ebon Rih fortzuschicken.«
»Das verstehe ich. Es gibt Möglichkeiten, mit derlei Problemen umzugehen.« Der Prinz wirkte auf einmal verlegen. »Manchmal gerät jemand auf Abwege und braucht einen neuen Ort, an dem sich ein Schandfleck auf seinem oder ihrem Ruf nicht in den Augen aller widerspiegelt, denen diese Person begegnet.«
Einen Moment trat Bitterkeit in die Augen des Prinzen, doch dann ließ eine andere Erinnerung seinen Blick wieder
wärmer werden. Lucivar fragte sich, welcher Schandfleck den Mann zu einem Neuanfang nach Ebon Rih geführt hatte.
»Manchmal ist das alles, was ein Mensch braucht, um den richtigen Weg zu finden«, fuhr der Prinz leise fort. Dann versteifte er sich, als sei ihm aufgegangen, dass er zu viel gesagt hatte. »Und manchmal ändert sich ein Mensch nicht. Eine Lady kann jeden Tag des Jahres mit einem anderen Mann schlafen, und niemand wird auch nur das Geringste dagegen einzuwenden haben, denn das ist das Privileg einer Lady. Zumindest wird öffentlich niemand etwas sagen. Doch eine Frau, welche die Männer nur benutzt, bekommt einen bestimmten Ruf, und wenn sie ein Jagdrevier verlässt und in das nächste überwechselt, dringen leise Warnungen an die Ohren der dortigen Männer, dass die … Gefühle … der Frau vielleicht nicht echt sind.«
Lucivar nickte. Als Eyrier hätte er jedoch eine klare Aussage vor diesen vorsichtigen Formulierungen bevorzugt. »Du hast eine Lösung?«
Der Prinz nickte bekräftigend. »Mein Bruder dient als Begleiter am Hof einer Königin. Sie beherrscht eine der größeren Städte an der Küste von Askavi. Ein verhaltenes Wort seinerseits würde zu den anderen Höfen gelangen. Sollte Roxie in eine jener Städte ziehen, werden die Leute dort im Bilde sein.«
Lucivar dachte an den Jüngling, dem er in Roxies Straße begegnet war. Es konnten Jahre vergehen, bis sein guter Ruf wiederhergestellt war. »Tu es.«
In diesem Augenblick stürzte Marian von der Küche herein. Sie sah atemlos und vom Wind zerzaust aus … und wunderschön.
»Lucivar, ich … Oh, guten Tag, Prinz.«
»Lady Marian«, erwiderte der Prinz und deutete eine leichte Verbeugung an.
»Darf ich dir eine Erfrischung anbieten?«
Beinahe hätte Lucivar angesichts des strafenden Blickes gegrinst, mit dem sie ihn bedachte. Fast konnte er ihre Gedanken hören: Kaum dreht man ihm ein paar Minuten den
Rücken zu, lässt er einen wichtigen Besucher an der Tür stehen. Die verängstigte Haushexe, die im letzten Sommer in seiner Küche gesessen hatte, war nicht wiederzuerkennen.
»Danke für das Angebot, Lady, aber ich muss los.«
Sobald der Prinz fort war, sperrte Lucivar die Eingangstür ab und kehrte in die Küche zurück. Er rieb sich das Gesicht mit den Händen. »Es ist mir egal, wer als Nächster anklopft. Die nächste Stunde gönnen du und ich uns ein wenig Ruhe.«
»Ich habe Alefässer und etwas Brandy mitgebracht«, sagte Marian und öffnete den Gürtel ihres neuen Umhangs.
»Umarme mich. Das hilft mir mehr als Ale und Brandy zusammen.«
Überrascht sah sie ihn an. Dann schenkte sie ihm ein verständnisvolles Lächeln und schmiegte sich in seine ausgebreiteten Arme.
»Armer Lucivar«, sagte sie und schlang die Arme um ihn. »Du hattest einen grässlichen Tag, nicht wahr?«
Er rieb seine Wange
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