Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht
»Außerdem werden wohl die Königinnen, die über die Blutdörfer herrschen, in sich gehen und gründlich nachdenken, sobald sich die Sache herumspricht. Das Gleiche gilt für die Kriegerprinzen, die in dem Tal leben. Du hast die Grenze gezogen, Lucivar, und sie sind es, von denen nun erwartet wird, dass sie dir helfen, sie aufrechtzuerhalten.« Er hielt kurz inne. »Ich würde dir raten, die nächsten ein oder zwei Tage zu Hause zu bleiben.«
»Ich werde mich nicht verstecken, bloß weil ich eine Entscheidung getroffen habe, die bei ein paar Angehörigen des Blutes auf Missfallen stößt«, knurrte Lucivar.
Saetan lächelte. »Das ist kein Verstecken, sondern deine einzige Möglichkeit, zu überleben. Wenn du es Marian überlässt, mit all den Besuchern fertig zu werden, die dich meiner Meinung nach in den nächsten Tagen aufsuchen werden, wird sie alles Recht der Welt haben, dir einen heftigen Tritt in den Hintern zu verpassen.«
21
Marian kam in die Taverne gestürmt und sah mit Erleichterung, dass Merry hinter dem Schanktisch stand. Ihre Erleichterung wurde noch größer, als sie feststellte, dass sich die Taverne noch nicht mit all den Leuten gefüllt hatte, die dort normalerweise zum Mittagessen einkehrten.
»Ich brauche ein kleines Fass Ale«, sagte Marian. Dann runzelte sie die Stirn. »Vielleicht besser zwei.«
»Ein Fest?«, erkundigte sich Merry, die damit beschäftigt war, den Schanktisch abzuwischen.
»Ein Fest wäre schön. Nein, das hier ist …« Marian ließ sich auf einem Barhocker nieder. »Ich weiß nicht genau, was es ist.«
»Die Gerüchteküche brodelt.« Merry legte den Kopf schief. »Ihr habt Besuch bekommen?«
Marian stöhnte. »Gestern war es noch nicht so schlimm. Ein paar adelige Damen aus Doun schauten vorbei, um Lucivar zu versichern, sie hätten nichts getan, weswegen sie in die Verbannung geschickt werden müssten. Natürlich fragt man sich da sofort, was sie vielleicht doch getan haben . Aber heute …«
»Gestern Abend sprachen alle, die in die Taverne kamen, von Roxies Verbannung.« Merry griff nach ihrer Kaffeetasse, die auf dem Schanktisch stand. »Wir sind froh, dass wir das Miststück los sind. Gut, dass Lucivar das getan hat.« Sie hob die Tasse zum Toast. »Auf den Prinzen von Ebon Rih!«
»Und wie geht es unserer Lady Marian heute?«, fragte Briggs, als er aus dem Hinterzimmer kam.
»Sie braucht zwei kleine Fässer Ale«, gab Merry zur Antwort.
»Da gebe ich noch zwei Flaschen Brandy drauf«, sagte Briggs. »Der Prinz braucht vielleicht etwas Stärkeres als Ale, wenn der Tag erst einmal vorbei ist.« Er grinste. »Oder auch du.«
Marian lächelte matt. Briggs lag näher an der Wahrheit, als er ahnte. Sie hatte gestern und heute am frühen Morgen Kuchen gebacken, da sie ein paar Besucher erwartete, nachdem Lucivar ihr von Roxie erzählt hatte. Doch mit so vielen hatte sie nicht gerechnet! Sie war bereits in der Bäckerei gewesen, da ihr nicht genug Zeit blieb, sich um die Gäste zu kümmern und selbst für Nachschub zu sorgen.
Als die Fässer und der Brandy auf dem Schanktisch erschienen, ließ sie sie verschwinden und sprang von ihrem Barhocker. »Ich mache mich besser auf den Heimweg.«
»Heute Abend steht Fleischpastete auf der Karte«, sagte Merry. »Ich mache mehr und schicke euch etwas hinauf. Du wirst heute alle Hände voll zu tun haben, auch ohne eine Mahlzeit kochen zu müssen.«
»Danke«, sagte Marian mit einem Lächeln. Sie eilte aus der Taverne und flog so schnell wie möglich nach Hause.
Beim Feuer der Hölle und der Mutter der Nacht, möge die Dunkelheit Erbarmen haben, dachte Lucivar, als er - wieder einmal - an die Tür ging. Wie ertrug Saetan derartige Tage? Eine Faust im Gesicht hatte in seinem Leben bisher noch immer jegliches Missverständnis geklärt. Warum musste er sich mit all diesen Leuten unterhalten ?
Und wo steckte Marian? Die adeligen Miststücke aus Doun hatten sie mit kaum verhohlenem Spott betrachtet, doch die Händler und anderen Familienväter, die zu Besuch gekommen waren, hatten erleichtert gewirkt, als Marian sie begrüßte und ihnen eine Erfrischung anbot. Lucivar machte sie nervös. In Marians Gegenwart fühlten sie sich hingegen wohl.
Aus diesem Grund hatte er auch zugelassen, dass sie sich derart verausgabte, während sie sich um die Besucher kümmerte, die auf eine Audienz bei ihm warteten.
Sobald sie wieder zurück war, würde er die Tür absperren, und sie würden schnell etwas essen und sich eine Stunde
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