Die schwarzen Juwelen 05 - Finsternis
möchtest.«
»Tja, da habt ihr falsch geraten«, fuhr Jared ihn an. Dann fluchte er.
Blaed sagte nichts. Das war auch nicht nötig.
»Es hat nichts mit Vertrauen zu tun«, erklärte Jared eine Minute später. Er würde nicht zulassen, dass es ihn verletzte. Er würde es nicht zulassen. »Wen sonst hätte sie schicken können? Randolf mit seinem mürrischen Wesen? Die Kinder? Garth?«
»Brock«, entgegnete Blaed. »Thera.«
»Thera hätte einen Begleiter gebraucht.«
»Thera braucht niemanden, um sich den Rücken freizuhalten.«
Als Jared die Anspannung in Blaeds Stimme bemerkte, betrachtete er den Kriegerprinzen nachdenklich. »Nein, braucht sie nicht«, pflichtete er ihm langsam bei. »Was sie braucht – auch wenn sie es bis zu ihrem letzten Atemzug leugnen würde – ist ein geduldiger Mann, der sie dazu bringen kann, sich des Nachts von ihm die Füße wärmen zu lassen.«
Blaed lächelte. »Das Gleiche ließe sich über eine gewisse Königin sagen.«
»Vermutlich.«
Sie seufzten im Gleichklang.
»Komm schon«, sagte Jared. »Meine Mutter hat immer gesagt, ein voller Magen hilft gegen schlechte Laune.«
»Hatte deine Mutter oft schlechte Laune?«
»Gelegentlich, wenn wir sie so sehr geärgert haben, dass selbst ihre eindrucksvolle Geduld überstrapaziert wurde. Aber sie bezog sich eigentlich auf meinen Vater, meine Brüder und mich. Nicht, dass wir ihr in Sachen schlechte Laune ernsthaft Konkurrenz machen konnten, wenn sie einmal richtig verärgert war.« Jared rutschte auf dem Sattel hin und her, um eine bequemere Position zu finden. Er lächelte trocken. »Es ist nicht immer leicht für sie gewesen, mit vier Männern unter einem Dach zu leben. Denn wenn ein Junge anfängt, den Dienst zu lernen, wer wäre da ein besseres Opfer als seine Mutter, um das Erlernte auszuprobieren? Shaladorischen Jungen werden enge Grenzen gezogen, aber ein aufgewecktes Kerlchen kann dennoch recht viel Ärger
verursachen, ohne diese Grenzen je zu überschreiten. Und meine Brüder und ich waren aufgeweckte Kerlchen. Immer mal wieder, wenn sie mit ihren Nerven am Ende war, hat sie die Hände in die Luft geworfen und aus vollem Halse geschrien: ›Ich bin eine intelligente Frau und eine fähige Heilerin. Warum lebe ich in einem Haushalt mit vier Männern?‹ Worauf mein Vater gewöhnlich demütig antwortete: ›Weil du uns liebst?‹ Und sie hat ihn dann immer schief angesehen und zu lachen angefangen. An solchen Abenden wurden wir immer früh zu Bett geschickt. Ich habe Jahre gebraucht, um dahinterzukommen, dass das nicht nur geschah, damit wir ihr nicht noch weiter auf die Nerven fallen konnten.«
Blaeds Gelächter verstummte, als sie sich dem Dorf näherten.
Kein guter Zeitpunkt, um Erinnerungen und unausgesprochene Sehnsüchte zu wecken, dachte Jared. Nicht, wenn die Winde in Reichweite waren.
»Denkst du je darüber nach, nach Hause zurückzukehren?«, wollte Blaed leise wissen.
Jared hielt den Blick auf eine Stelle zwischen den Ohren des Wallachs gerichtet. »Ich denke darüber nach.« Was sollte er tun, wenn Blaed die Flucht ergriff? Die Graue Lady würde den jungen Kriegerprinzen ohnehin nach Hause schicken. Da er zu den fünf Sklaven gehörte, nach denen Lia Ausschau gehalten hatte, musste seine Familie wissen, dass die Graue Lady vorhatte, ihn freizulassen. Aber was, wenn seine Familie es nicht wusste? Was, wenn die Bitte, nach ihm zu suchen, nicht von ihnen gekommen war? Sie, wie auch Blaed, würden glauben, dass er ein Geächteter war. Vielleicht würde seine Familie ihn ein paar Tage verstecken, aber danach? Keine Möglichkeit zu träumen und keine Möglichkeit zu lieben. »Du wirst doch wohl keine Dummheit begehen, oder?«
Blaed starrte geradeaus. Er schluckte hart. »Nein, ich werde keine Dummheit begehen.«
Der Dunkelheit sei Dank!
Sie ritten in das Dorf.
Es sah zu gepflegt aus, um verlassen zu sein, aber die Straßen lagen leer vor ihnen.
»Sieht aus, als hätte uns jemand entdeckt«, sagte Blaed mit einem Blick zu den Häusern zu ihrer Rechten.
Jared nickte, wobei er die Häuser auf der linken Seite im Auge behielt. Ein ganz leichtes mentales Ertasten hatte ihm gezeigt, wie viele Menschen sich in den Gebäuden versteckten. Meist war es den Landen klar, dass es einem Selbstmord gleichkam, einen Angehörigen des Blutes anzugreifen, besonders wenn es sich um einen Juwelenträger handelte. Doch manchmal konnten Verzweiflung und eine schiere Überzahl die Macht der Juwelen zu einem schrecklichen
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