Die schwarzen Juwelen 05 - Finsternis
gegenseitig zur Weißglut brachten.
Er sprang auf die unterste Stufe des Wagens, wobei ihm ein wenig Kunst dabei half, das Gleichgewicht zu halten. Das gedämpfte Fauchen, das auf sein Klopfen hin erklang, deutete er kurzerhand als Einladung. Nachdem er den Wagen betreten hatte, schloss er die Tür rasch hinter sich, um nicht nach hinten hinauszufallen. Die breiten Läden standen weit genug offen, um etwas frische Luft in das Innere zu lassen, jedoch nicht viel Licht.
Eine kleine Kugel Hexenlicht flammte in der Nähe des Kopfes der Lady auf.
Die Lady trug dunkelgraue Hosen und einen langen, dicken grauen Pullover, und sie saß auf einer der Bänke, die als Sitze und Betten fungierten. Mit dem Rücken lehnte sie an einer der Vorratskisten, die an der Lehne der Bank aufgestapelt waren. Um die Schultern hatte sie eine Decke geschlungen. Ihr langes graues Haar, das normalerweise unter der Kapuze ihres Mantels verborgen war, hing nun in einem losen Zopf hinunter. Das trübe Licht ließ ihr faltiges Gesicht glatter erscheinen, und man konnte erahnen, welch hübsche junge Frau sie einst gewesen war.
Verlangen stieg unerwartet in Jared empor, ließ sein Herz schneller schlagen und erhitzte sein Blut.
Er sollte nicht derart empfinden, nicht für eine alte Frau, die ihn gekauft hatte, wie sie auch den Wagen und die Pferde gekauft hatte. Doch …
Gab es in Dena Nehele einen Mann, der es erregend fand, von ihr berührt zu werden, für den es ein Privileg und eine Ehre darstellte, ihr das Bett zu wärmen? Hatte sie einen Gefährten oder Liebhaber, oder bediente sie sich ihrer Lustsklaven?
Würde es ihr gefallen, von ihm gestreichelt zu werden, bis seine Hände und sein Mund ihr zum Höhepunkt verhalfen? Was würde sie tun, wenn er sie küsste, bis das Verlangen, das von ihm Besitz ergriffen hatte, sie beide verzehrte?
Gefährliche Gedanken – und törichte obendrein. Er dachte wie ein Mann, dem im Bett ein ebenbürtiges Vergnügen zustand, anstatt wie ein Sklave, der höchstens seine Erfahrung und sein angelerntes Wissen zu seinem Vorteil einsetzen konnte.
»Was willst du?«
Der mürrische Tonfall, der misstrauische Blick in den grauen Augen und die Art, wie sich ihr Körper versteifte, lenkten seine Gedanken auf der Stelle wieder auf das Hier und Jetzt. Hatte er sich so weit gehen lassen, dass sich seine Gedanken in seinen Gesichtszügen widergespiegelt hatten? Der Dunkelheit sei Dank, dass sein Mantel weit genug war, um die verräterische Reaktion seines Körpers zu verbergen. Oder hatte der Ring seine geheimsten Gedanken preisgegeben?
Jared hielt den Stoffbeutel empor. »Möchtest du eine Partie Schach spielen, um dir die Zeit zu vertreiben?«
»Schach?« Sofort leuchtete Interesse in ihren Augen auf. Sie schwang die Beine von der Bank, zuckte jedoch zusammen, als sie versuchte, das rechte Bein anzuwinkeln.
Mit einem strengen Blick warnte sie ihn, ja keine Bemerkung darüber zu machen. Also ließ Jared sich auf der anderen Bank nieder und holte die Schachtel aus dem Stoffbeutel. Teils, weil es praktisch war, und teils, um sie zu testen, fragte er sie nicht um Erlaubnis, als er sich der Kunst bediente, um die Schachtel in der Luft schweben zu lassen.
Auf ihrem Gesicht spiegelte sich nichts als Vorfreude wider.
Es war eigenartig, dass sie sich gar nicht danach erkundigte, woher er das Schachspiel hatte. Von Sklaven wurde erwartet, dass sie jegliche Besitztümer vorzeigten, die sie mithilfe der Kunst bei sich trugen, einschließlich der Juwelen,
die immer mit ihnen reisten, auch wenn es ihnen verboten war, sie zu tragen. Doch jeder Sklave, den er kannte, versuchte, ein paar Dinge zu verbergen: Lieblingsbücher, ein Spiel wie dieses, persönliche Erinnerungsstücke, Bilder ihrer Lieben. Wenn Blaed seinen Besitz offenbart hätte, wäre er nicht so nervös gewesen, als er Jared davon erzählte.
Doch sie stellte diesbezüglich keine Fragen, was sie Jared gegen seinen Willen sympathischer machte.
Jared öffnete die Schachtel, aus der auf diese Weise das Spielbrett mit seinen abwechselnden schwarzen und hellgrauen Quadraten wurde.
»Rot oder Schwarz?«, fragte er, indem er auf die Spielfiguren deutete.
»Schwarz«, antwortete sie und schob sich die Ärmel ihres Pullovers hoch.
Selbst wenn sie durch den Schlamm draußen stapfte, bewegte sie sich ausgesprochen graziös, und als er sie gestern zum Wagen getragen hatte, war er überrascht gewesen, wie unerwartet wohl geformt ihr unter Hosen, weiten Tuniken und einem
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