Die schwarzen Juwelen 05 - Finsternis
angeschlagene blaue Krug war leer, als Jared seine letzte Runde machte. Ausgespült und leer.
Es machte ihm nichts aus, dass sie die Blumen dieses Bastards mitgenommen hatte. Überhaupt nichts. Er ärgerte sich lediglich, dass er nicht auf diese List verfallen war, um sich bei ihr lieb Kind zu machen. Es war eine natürliche Reaktion, eine Art instinktives Konkurrenzverhalten. Ein bevorzugter Mann erhielt immer gewisse Privilegien. Er benötigte diese Milde mehr als ein Fremder, der sich ohnehin nicht in ihrer Nähe aufhielt. Es war ja schließlich nicht so, als könnte der Geächtete sexuelles Interesse an einer Frau haben, die alt genug war, um seine Mutter zu sein – beim Feuer der Hölle, seine Großmutter! Er zumindest hatte ganz gewiss keinerlei Interesse an ihr. Nicht wirklich. Nach all den Jahren als Lustsklave war sein Körper lediglich verwirrt und reagierte auf alles Weibliche. Dass er auf Thera nicht dementsprechend reagierte und die Graue Lady manchmal küssen wollte, bis sie in seinen Armen dahinschmolz, hatte nichts zu bedeuten.
Von daher war es ihm völlig egal, dass sie die Blumen dieses Bastards mitgenommen hatte, denn er war ganz bestimmt nicht eifersüchtig!
Verflucht.
Jared schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Er war der Grauen Lady von Anfang an falsch gegenübergetreten. Er hätte daran denken sollen, dass sie kühnes Draufgängertum mochte und sich wahrscheinlich einem männlichen Begleiter
gegenüber eher geöffnet hätte, wenn er sich Mühe gab, charmant zu ihr zu sein. Früher war er durchaus in der Lage gewesen, Frauen mit seinem Charme zu betören. Wie oft war es ihm gelungen, Reyna dazu zu bringen, ihm eine Extraportion Nusskuchen zu geben? Ein Junge, der seine Mutter becircen konnte, ihm vor dem Abendessen Süßigkeiten zu geben, sollte doch wohl zu einem Mann heranwachsen, der in der Lage war, eine ältere Dame um den kleinen Finger zu wickeln – besonders, wenn der Mann ein Jahr lang eine intensive Privatausbildung in Hinsicht Verführung absolviert hatte. Er sollte in der Lage sein, eine Königin mit seinem Charme zu betören.
Selbst eine Königin mit grauem Juwel.
Vielleicht konnte er sie sogar dazu bewegen, einen Umweg über Ranonwald zu machen, wenn es ihm nicht gelingen sollte, der Kontrolle des Unsichtbaren Ringes zu entgehen.
Jared atmete tief durch, schlug die Augen auf und betrachtete die Pfeiler. Heute schien es so offensichtlich, so einfach. Er berührte die Symbole für Wind, Wasser und Feuer. Dann ging er den Pfad entlang, bis er den Feldweg erreichte. Nachdem er die Holzlatte zurück auf die Pfosten gelegt hatte, um den Eingang zu der Lichtung zu verbergen, überquerte er den Weg und stand vor den mit Moos bewachsenen Felsblöcken.
Wind, Wasser, Feuer …
Er streichelte das Gesicht der Frau, die aus den Steinen hervorwuchs – und konnte durch den Fels spüren, wie die Schutzzauber um die Lichtung erneut aktiviert wurden.
… und Erde.
Denn eine Königin war nicht nur das Herz eines Hofes, sondern auch das Herz des Landes.
Jared ließ die Hände in seine Manteltaschen gleiten und schickte sich an, die anderen einzuholen.
»Gib schon her, du dummer Mistkerl!«
Jared begann zu laufen. Randolf sprach mit niemandem außer Garth in derart gereiztem Tonfall.
Als Jared um eine Kurve bog, an der der Feldweg in eine Straße mündete, verlangsamte er seine Schritte wieder.
Garth hatte eine Hand hinter dem Rücken. Er ging im Kreis und wich Randolf aus, der versuchte, seinen Arm zu packen.
Jared hätte es schon nicht lustig gefunden, wenn Eryk und Corry Unsinn getrieben hätten. Und er fand es alles andere als lustig, dass Randolf Garth peinigte, und zwar nicht nur, weil Garth ein gebrochener Mann war. Jeder Mann hatte seinen eigenen Flammpunkt, jene innere Grenze, die nicht überschritten werden durfte, weil er ansonsten zurückschlagen würde. Garth war einen Kopf größer als die meisten von ihnen, er überragte selbst Brock noch um mehrere Zentimeter und wog mehr als jeder andere Mann – und all dieses Gewicht rührte von Knochen und stahlharten Muskelpaketen her. Man vergaß nur allzu leicht, zu was ein Mann seiner Größe fähig war, bloß weil er immer diesen verwirrten Hundeblick hatte.
Dieser Blick war nun aber wie weggewischt von Garths Gesicht. Er bewegte sich mit der Selbstsicherheit eines Kriegers, und seine blassblauen Augen glitzerten bösartig.
»Randolf!«, rief Jared.
Randolf warf sich auf Garth.
Garth wich dem Angriff aus und
Weitere Kostenlose Bücher