Die schwarzen Juwelen 05 - Finsternis
Straßen blieben sauberer, es gab Arbeit in den Städten für die Kutscher, die es leid geworden waren, so viel ihrer Kräfte zu erschöpfen, damit Leute, die in der Juwelenhierarchie unter ihnen standen, mit den Winden reisen konnten. Doch zu sehen, wie eine weitere Verbindung zwischen den Angehörigen des Blutes und dem Land verloren ging, gab ihm manchmal das Gefühl, vor einem verschlossenen Fenster zu stehen und zu versuchen, den Wind zu spüren.
Krelis schloss die Augen. Er war nur müde und wartete außerdem ungeduldig auf Neuigkeiten – und ihn beunruhigten die vorsichtigen Bemerkungen der Hohepriesterin, sie könne ihm gerne ein wenig mehr unter die Arme greifen. Natürlich hatte er Verständnis dafür, dass sie eine Feindin aus dem Weg räumen wollte, deren Existenz ständig ihre Pläne für Terreille untergrub, aber ihn über die Vorkehrungen im Unklaren zu lassen, die sie getroffen hatte …
Auch das verstand er. Sie hatte wahrscheinlich den Verrat des letzten Hauptmannes noch nicht verwunden. Es
würde eine Zeit lang dauern, bis er sich ihr Vertrauen erworben hatte.
Außerdem lautete die erste Regel bei Hofe, dass Dorothea immer recht hatte.
Trotz ihrer Einmischung sollte es jedoch nicht lange dauern, bis die Räuberbanden die Schlampe mit den grauen Juwelen gefunden hatten. Die verzauberten Messingknöpfe, die er seinem Schoßhund gegeben hatte, würden sie direkt zu ihr führen. Und sie würden ihm im Gegenzug die Knöpfe schicken, sodass er ihnen sämtliche Nachrichten seines Schoßhundes entlocken konnte.
Nein, es würde nicht mehr lange dauern.
Und dann würde er vielleicht wieder schlafen können.
Kapitel 11
Jared fühlte sich dank eines raschen morgendlichen Bades und der sauberen Kleidung erfrischt, außerdem hatte er sich an einer Tasse starkem, kräftig gezuckertem Kaffee gütlich getan. Als er ins Freie trat, überlegte er, was gefährlicher war: Thera zu fragen, ob sie vorhatte, sich um die Zubereitung des Frühstücks zu kümmern, oder zuzulassen, dass die Männer zusammen ihre begrenzten Fähigkeiten in der Küche einsetzten und Theras scharfzüngigen Zorn riskierten, falls das Ergebnis nicht genießbar sein sollte. Da nun allerdings Polli fort war, würde Thera mehr Hilfe benötigen als nur Cathryn. Natürlich erwartete niemand von einer Königin, dass sie Hausarbeit erledigte, obwohl die Graue Lady sie alle überrascht hatte, indem sie vor der Knieverletzung stets ihren Teil beigetragen hatte. Folglich würde Theras neue Hilfskraft wohl oder übel männlich sein.
Jared lächelte. Vielleicht sollten sie jeden Morgen Strohhalme ziehen. Wer den Kürzeren zog, musste Thera tagsüber zur Hand gehen. Das würde dem Tagesbeginn ganz bestimmt eine gewisse Würze verleihen. Und da es einzig und allein eine Frage des Glücks war, konnte niemand ihm grollen, weil er die Aufgabe übertragen bekommen hatte.
Noch immer ein Lächeln auf den Lippen, ging er auf den Hausiererwagen zu. Die Luft fühlte sich frisch und sauber an, und am Himmel drohten das erste Mal seit Tagen keine Regenwolken.
Aus dem Augenwinkel erblickte Jared Tomas, der aus der Richtung des Toilettenhäuschens auf ihn zugetrottet kam. Jared hob seine Hand zum Gruß, doch sein Lächeln erlosch, als er den besorgten Gesichtsausdruck des Jungen bemerkte.
In einem kleinen Holzverschlag, in dessen Mitte sich ein Loch im Boden befand, musste man mit Spinnen und anderem Getier rechnen, obgleich die Kräuterbeutel, die in den Ecken hingen, nicht nur für relativ frische Luft sorgten, sondern auch Insekten fernzuhalten schienen. Zwar hatte er noch keine gesehen, aber wahrscheinlich gab es hier Mäuse – vielleicht sogar Ratten.
Jared erstarrte. Gewöhnliche Ratten konnten schon ärgerlich genug sein, aber ein Nest Vipernratten aufzuscheuchen, konnte sich als lebensgefährlich erweisen. Und kleine Jungen waren nicht immer vorsichtig.
Er konnte heute noch die panische Angst spüren, die ihn durchzuckt hatte, als sein Bruder Davin von einer Vipernratte gebissen worden war. Das Gift hatte den Unterarm des damals Sechsjährigen grotesk anschwellen lassen. Trotz Reynas Heilkünsten war Davin etliche Tage krank gewesen.
»Tomas?« Jared suchte im Gesicht des Jungen nach den geringsten Anzeichen von Krankheit oder einer Verletzung. »Was ist los?«
Tomas blickte nicht zu dem Häuschen zurück. Stattdessen richteten sich seine braunen Augen besorgt auf den Wagen. »Sie sind beide mehr als nur ein bisschen wütend heute
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