Die schwarzen Juwelen 08 - Blutsherrschaft
auf den Tisch. »Es ist Powells Besprechung.«
»Das hier war heute in der Post.« Powell rief einen Bogen teuren Papiers herbei und reichte ihn Gray.
Ranon umrundete den Tisch, beugte sich über Grays Schulter, las den Brief und begann dann derb zu fluchen, während er in der Küche auf und ab lief. Gray las zu Ende und reichte den Brief an Shaddo, dessen Blick vor Mordlust glänzte, als er die Nachricht an Archerr weitergab.
»Die Schlampe war doch verschwunden«, knurrte Shaddo. »Talon hat uns gesagt, sie sei für immer nach Dharo zurückgekehrt.«
»Weil Theran ihm das gesagt hat«, warf Archerr ein.
»Nein, Theran hat nur gesagt, Kermilla sei nach Dharo zurückgekehrt, um Winsol mit ihrem Volk zu feiern«, sagte Ranon. »Talon hatte nur den Eindruck, Theran erwarte nicht, dass sie zurückkehren würde, aber Grayhaven hat nichts dergleichen gesagt. «
»Es spielt doch keine Rolle, was gesagt wurde und was nicht. Sie war weg, und jetzt ist sie wieder da«, fauchte Shaddo.
»Wo ist Cassie?«, fragte Gray.
Ranon fuhr herum und sah Powell an. »Gibt sie wieder auf und läuft davon? Beim Feuer der Hölle! Was sollen wir denn noch tun, bis sie uns vertraut?«
Gray hörte die Trauer und die Verzweiflung hinter Ranons Zorn und hob die Hand. Sofort spürte er, wie die anderen Kriegerprinzen sich zusammenrissen.
»Cassie wird nirgendwo hingehen«, sagte er leise. Er glaubte nicht, dass sie gehen würde. Nicht mehr. Aber wenn Kermilla sie dazu trieb, würde er sie finden und zurückholen. »Powell?«
»Nachdem sie Kermillas Brief gelesen hat, sagte sie, es ginge ihr nicht gut, und hat sich auf ihr Zimmer zurückgezogen. Vae ist mit ihr gegangen.« Trockene Belustigung erfüllte Powells überschatteten Blick. »Mach dir keine Sorgen, Ranon. Lady Cassidy geht nirgendwohin, ohne dass wir informiert werden.«
Die Anspannung im Raum ließ ein wenig nach.
Powells Belustigung verschwand. »Vielleicht habe ich der Sache zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt und Cassidys
Gefühle gegenüber der anderen Königin nicht genug berücksichtigt. «
»Kermilla ist eine Narbe auf Cassies Herzen, und diese Narbe bricht jedes Mal auf, wenn Kermilla sich in Cassies Leben drängt«, sagte Gray. »Aber sie wird den heutigen Schmerz überwinden und weitermachen.«
Cassie würde lernen, mit ihren Narben zu leben. Genauso wie er lernte, mit den seinen zu leben.
»Will sie zulassen, dass diese Hure alles in Gefahr bringt, wofür wir gearbeitet haben?«, fragte Archerr.
»Cassie lässt nicht zu, dass diese Schlampe irgendetwas tut«, knurrte Shaddo. »Hierfür trägt Theran die Verantwortung. «
»Man könnte die Sache ganz einfach bereinigen«, sagte Archerr. »Es ist ja nicht so, als hätten wir es früher nicht auch getan.«
Sie sahen ihn an, und Gray erkannte dieselbe Frage in ihren Augen. »Nein, das ist nicht der richtige Weg. Nicht dieses Mal. Wenn Cassie weiß, dass wir uns darauf vorbereitet haben, wenn sie weiß, dass wir hinter ihr stehen, wird sie mit uns kämpfen. Sie wird ihr Volk nicht im Stich lassen.«
»Dann wollen wir sichergehen, dass sie weiß, wir stehen hinter ihr«, beschloss Ranon.
»Ich habe die Mitglieder des Ersten Kreises, die ich erreichen konnte und die heute außerhalb des Dorfes unterwegs waren, bereits kontaktiert«, sagte Powell. »Sie sagen den anderen Bescheid. Bei Sonnenuntergang sind alle hier.«
»Gut«, sagte Gray. »Dann lasst uns jetzt mal diesen Kaffee trinken, bevor wir uns alle wieder an die Arbeit machen.«
Cassie schlug die Augen auf. Draußen war es vollkommen dunkel. Sie musste Stunden geschlafen haben – und offenbar hatte jemand eine Decke über sie gebreitet und sie mit einem Wärmezauber belegt. Sonst wäre ihr kalt geworden, und sie wäre aufgewacht.
Sie versuchte, sich zu bewegen. Die Decke grunzte und gähnte. Einen Augenblick später flammte eine kleine Kugel Hexenlicht neben der Schlafzimmertür auf, die den Raum gerade genug erhellte, dass sie sehen konnte, was sie auf dem Bett festhielt. Scelties. Vae, Khollie und Nachtnebel. Darcy, Keelie und …
Der Geruch von Leder und Pferden stieg ihr in die Nase, und sie verdrehte den Kopf, um hinter sich zu blicken.
… Lloyd.
»Lasst mich aufstehen.«
Sie waren wach und beobachteten sie. Keiner von ihnen rührte sich.
»Ich muss mal. Jetzt. Lasst mich aufstehen.«
Sie sprangen vom Bett. Einer von ihnen öffnete mit Hilfe der Kunst die Schlafzimmertür. Darcy und Lloyd stellten sich im Flur auf. Nur der Weg ins
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